Entscheidungsstichwort (Thema)
Hemmung der Verjährung durch Anmeldung der Ansprüche beim Versicherer
Leitsatz (amtlich)
1. An die Anmeldung des Schadensersatzanspruchs beim Kfz-Pflichtversicherer, die die Verjährung hemmt, sind inhaltlich nur geringe Anforderungen zu stellen. Es reicht auch aus, wenn nur ein Anspruch von mehreren geltend gemacht wird. Konkrete Regulierungsverhandlungen sind nicht erforderlich. Die Hemmung wirkt bis zum Eingang einer schriftlichen Entscheidung des Versicherers und wirkt auch für den Schädiger als Versicherungsnehmer.
2. Macht das Gericht die Bekanntgabe eines PKH-Antrags an die Gegenseite von weiteren Ausführungen des Antragstellers zum Streitwert oder der örtlichen Zuständigkeit abhängig, wirkt dieser Zeitverlust nicht zu Lasten des Antragstellers. Die entsprechende Aufklärung kann auch zugleich mit der Zuleitung des Antrags an die Gegenseite erfolgen. Deshalb kann die Erfolgsaussicht nicht damit verneint werden, der Antrag sei nicht i.S.v. § 204 Nr. 14 BGB demnächst bekannt gegeben worden.
Normenkette
PflVG § 3 Nr. 3; VVG § 115 Abs. 2; BGB § 204 Abs. 1 Nr. 14
Verfahrensgang
LG Darmstadt (Beschluss vom 27.07.2010; Aktenzeichen 4 O 491/09) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des LG Darmstadt vom 27.7.2010 aufgehoben.
Das LG wird angewiesen, die begehrte Prozesskostenhilfe nicht aus Gründen der Anspruchsverjährung zu verweigern.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.
Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Mit der beabsichtigten Klage verlangt der Antragsteller von den Antragsgegnern Schadensersatz und Schmerzensgeld aus Anlass eines Verkehrsunfalls vom ... September 2003. Der Antragsteller wurde bei diesem Unfall schwer verletzt.
Am ... November 2003 wurde er aus dem Krankenhaus entlassen und unter dem 22.2.2006 zeigten die Rechtsanwälte ... ggü. der der Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin an, dass sie den Antragsteller vertraten. Unter dem 3.3.2006 antwortete die Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin und verlangte weitere Bescheinigungen, außerdem wandte sie bereits für die Frage der Haftung ein Mitverschulden des Antragstellers ein. Unter dem 6.3.2006 fragte die Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin an, ob die Rechnung des Klinikums zunächst gänzlich durch sie ausgeglichen werden solle und hinsichtlich einer dadurch bedingten eventuellen Überzahlung angesichts der erhobenen Haftungseinwände eine Verrechnung mit den persönlichen Ansprüchen des Antragstellers erfolgen solle. Dies wurde unter dem 10.3.2006 durch die Vertreter des Antragstellers bejaht. Unter dem 15.3.2006 teilte die Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin mit, dass sie die Krankenhausrechnung gänzlich ausgleichen werde; im Hinblick auf die Haftungseinwände erfolge die Überzahlung an die Klinik ausschließlich als Vorschuss an den Antragsteller. Unter dem 16.6.2006 forderten die Vertreter des Antragstellers die Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin auf, einen Vorschuss auf das noch näher zu beziffernde Schmerzensgeld zu zahlen. Unter dem 30.6.2006 antwortete diese und teilte mit, dass das im Schreiben der Antragstellerseite erwähnte Schreiben vom 5.5.2006 nicht zur Akte gelangt sei, und bat dies nachzuholen. Eine Reaktion seitens der Antragstellerseite erfolgte darauf nicht.
Es kam weder im Jahr 2006 noch in den beiden Folgejahren zu weiterer Korrespondenz zwischen den Parteien. Erst unter dem 28.10.2009 forderten die jetzigen Vertreter des Antragstellers die Antragsgegnerin auf, ihnen Informationen über die Sache zu geben, da die vorherigen Vertreter des Antragstellers keine Reaktion zeigten. Nach Vorlage einer Vollmacht übersandte die Antragsgegnerin unter dem 15.12.2009 den Antragstellervertretern Kopien aus der vorhandenen Schadensakte. Unter dem 28.12.2009 forderten die Antragstellervertreter die Antragsgegnerin auf, bis zum 31.3.2010 auf die Einrede der Verjährung zu verzichten. Da dies nicht geschah, reichte der Antragsteller unter dem 31.12.2009 einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit Klageentwurf beim LG Darmstadt ein. Dieser wurde der Antragsgegnerin nicht sofort zur Kenntnis gebracht, sondern der Antragsteller wurde aufgefordert, Angaben zum Streitwert zu machen. Da keine Antwort einging, wurde der Antragsteller unter dem 8.3.2010 erneut hingewiesen. Unter dem 15.4.2010 konkretisierte dieser seine bisher lediglich als Feststellungsantrag formulierte Klage auf Schadensersatz und Schmerzensgeld sowie Feststellung des Zukunftsschadens.
Die Antragsgegnerin hat sich in ihrer Erwiderung bereits auf Verjährung der Ansprüche berufen.
Das LG hat durch Beschluss vom 27.7.2010 den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die bereits angekündigte Einrede der Verjährung werde Erfolg haben. Zwar sei die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren durch Verhandlungen gehemmt worden, dennoch sei die dreijährige Frist bereits bei Einreichung des Prozesskostenhilfeantrags abgelaufen. Selbst wenn man davon ausg...