Entscheidungsstichwort (Thema)
Zivilrecht/Wirtschaftsrecht. Entstehung der Einigungsgebühr im Verfahren vor der Vergabekammer
Leitsatz (redaktionell)
Wird in einem Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer ein Vergleich geschlossen, durch den sich die Vergabestelle verpflichtet, die drei abgegebenen Angebote nach Durchführung erneuter Angebotsverhandlungen zu werten und hierbei die Empfehlungen des Preisgerichts nach einem zuvor durchgeführten begrenzt offenen Wettbewerb zu berücksichtigen, so entsteht hierdurch die Einigungsgebühr gem. Nr. 1000 RVG-VV.
Normenkette
GKG § 50 Abs. 2; VOF § 18
Verfahrensgang
Vergabekammer des Landes Hessen (Aktenzeichen 69d-VK-22/2007) |
Gründe
I.
Der Antragsteller beteiligte sich an einem begrenzt offenen Wettbewerb betreffend die Erweiterung der ...-Schule in O1. Durch das Preisgericht wurde den Arbeiten des Antragstellers der erste und derjenigen des Beigeladenen der dritte Preis zuerkannt. Das Preisgericht empfahl, die mit dem ersten Preis ausgezeichnete Arbeit mit der weiteren Planung zu beauftragen. Im weiteren Verlauf des Vergabeverfahrens wurde der Antragsteller darüber informiert, dass die Zuschlagserteilung an den Beigeladenen erfolgen solle. Daraufhin stellte der Antragsteller einen Nachprüfungsantrag mit dem Ziel, den Antragsgegner zu verpflichten, die Vergabeentscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu wiederholen. In der mündlichen Verhandlung vor der Vergabekammer wies die Vorsitzende daraufhin, dass bisher eine Wertungsentscheidung durch den Auftraggeber noch nicht getroffen worden sei. Daraufhin beantragte der Antragsteller, die Vergabestelle zu verpflichten, die Vergabeentscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung der Kammer zu treffen. Schließlich wurde in der Verhandlung ein Vergleich geschlossen, mit dem sich die Vergabestelle verpflichtete, die drei abgegebenen Angebote nach Durchführung erneuter Angebotsverhandlungen zu werten und hierbei die Empfehlungen des Preisgerichts zu berücksichtigen. Die in der bisherigen Matrix vorgesehene Bewertung des Honorars sollte überarbeitet werden. Der Antragsteller nahm den Nachprüfungsantrag in dem Vergleich zurück. Der Antragsgegner übernahm die Kosten des Verfahrens (Ergebnisprotokoll B. 44 - 46 d. A.).
Durch Beschluss vom 28.6.2007 stellte die Vergabekammer das Nachprüfungsverfahren ein.
Mit Schriftsatz vom 27.6.2007 beantragte der Antragsteller, seine notwendigen Auslagen in Höhe von 15.861,56 € festzusetzen. Als Gegenstandswert gab er einen Betrag von 300.000 € an (Bl. 37/38 d. A.). Durch den angefochtenen Beschluss setzte die Vergabekammer die zu erstattenden Kosten auf 1.615,78 € fest. Den Gegenstandswert setzte sie mit 15.000 € an. Die vom Antragsteller beantragte Einigungsgebühr gemäß Nr. 1000 VV-RVG wies die Vergabekammer mit der Begründung zurück, dass mit der 2,0-Gebühr gemäß Nr. 2300 (gemeint ist Nr. 2400) VV-RVG auch die Verhandlung, die zu der vergleichsweisen Regelung geführt hätte, abgegolten sei (Bl. 16 - 20 d. A.).
Gegen den am 26.7.2008 zugestellten Kostenfestsetzungsbeschluss der Vergabekammer richtet sich die am 2.8.2007 eingegangene sofortige Beschwerde, mit der der Antragsteller geltend macht, der Gegenstandswert sei gemäß seinem Bruttoangebot von 425.365,00 € zu berechnen, ferner sei eine Einigungsgebühr anzusetzen.
Die Antragsteller beantragt,
den Kostenfestsetzungsbeschluss der Vergabekammer abzuändern und die zu erstattenden Kosten in Höhe von 2.959,29 € festzusetzen.
Der Antragsgegner beantragt,
die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.
Der Antragsgegner meint, eine Einigungsgebühr sei nicht entstanden, da diese ein gegenseitiges Nachgeben voraussetze. Dazu sei es bei der zwischen den Beteiligten geschlossenen Vereinbarung nicht gekommen. Vielmehr stelle diese Vereinbarung inhaltlich ein Anerkenntnis dar.
II.
Die sofortige Beschwerde ist statthaft (§ 116 GWB) und auch sonst zulässig, insbesondere innerhalb von zwei Wochen (117 Abs. 1 GWB) eingelegt worden.
Sie hat auch in der Sache Erfolg.
Die Rechtsanwaltsgebühren, deren Erstattung der Antragsteller verlangen kann, berechnen sich aus einem Gegenstandswert von 21.268,25 € (5 % von 425.365 €). Soweit § 50 Abs. 2 GKG von der Auftragssumme spricht, ist damit die geprüfte Bruttoangebotsumme desjenigen Angebots des Antragstellers gemeint, welches eine Chance auf die Zuschlagserteilung haben soll (OLG Naumburg ZfBR 2003,308; Beschluss vom 23.8.2005 - 1 Verg 4/05; Möllenkamp in: Kulartz/Kus/Portz (Hrsg.), Kommentar zum GWB-Vergaberecht, § 123 Rdn. 31). Unstreitig lautete die geprüfte Bruttoangebotsumme des Antragstellers auf 425.365 €. Dass der Antragsteller in seinem Kostenfestsetzungsgesuch den Gegenstandswert mit 300.000 € angegeben hatte, steht einem höheren Ansatz im Beschwerdeverfahren nicht entgegen. Die irrtümliche Angabe des Gegenstandswertes bindet den Antragsteller nicht (OLG Hamm, Juristisches Büro 1982, 80; Zöller/Herget, ZPO, 26. Aufl., § 104 Rdn. 21 Stichwort "Streitwert").
Entgegen der Auffassung der Vergabekammer ist...