Verfahrensgang
LG Marburg (Aktenzeichen 7 a StVK 176/07) |
Gründe
A)
Der Antragsteller ist gemäß § 63 StGB untergebracht. Die Maßregel wird in der Klinik für forensische Psychiatrie in O1 (Außenstelle X) vollstreckt. Er befindet sich auf der Station ... im Neubau der Außenstelle X. Ihm ist ein Einzelunterbringungsraum zugewiesen.
Auf der Station ... wie auf allen anderen Stationen des Neubaus durfte bis zum 01.10.2007 in den Patientenzimmern geraucht werden, sofern diese nicht mit Nichtrauchern belegt waren. Im Innenhof (Atrium) des Gebäudes wie im Außengelände der Maßregelvollzugsanstalt war das Rauchen ebenfalls erlaubt.
In Umsetzung des HessNSG wurde mit Wirkung vom 01.10.2007 von der Anstaltsleitung ein generelles Rauchverbot für die Räumlichkeiten der Maßregeleinrichtung ausgesprochen, welches sich auch auf die Patientenzimmer erstreckte. Dieses Verbot wurde unter Berufung auf das Hausrecht auch auf die zum Klinikgelände gehörenden Innenhöfe und sonstigen umschlossenen Freiflächen (Stationsgärten pp) erweitert. Nach den Feststellungen der Kammer hat das Rauchverbot für den Untergebrachten zur Folge, dass ihm das Rauchen faktisch unmöglich ist, weil er sich mangels weitergehender Lockerungen im Klinikgelände aufhalten muss und die Räumlichkeiten lediglich für gemeinschaftliche Hofgänge im Atrium verlassen kann.
Mit seinem form- und fristgerecht eingelegten Antrag auf gerichtliche Entscheidung wendete sich der Untergebrachte gegen dieses Rauchverbot mit dem Ziel, wieder die Möglichkeit zu haben, in seinem Einzelunterbringungsraum sowie im Atrium rauchen zu dürfen. Er erachtete das Rauchverbot als unverhältnismäßig und machte geltend, ihm müsse im Wege der Ausnahmeregelung das Rauchen im gleichen Umfrage gestattet sein wie vor Erlass der Verbotsverfügung.
Der Untergebrachte beantragte, das von der Antragsgegnerin mit Wirkung ab dem 01.10.2007 verfügte Rauchverbot "außer Kraft zu setzen".
Die Maßregelvollzugsanstalt beantragte, den Antrag zurückzuweisen.
Sie vertrat die Ansicht, das Rauchverbot in den Räumlichkeiten der Klinik sei nach § 1 I Nr. 3 HessNSG gerechtfertigt. Ihre Einrichtung sei als Krankenhaus im Sinne dieser Vorschrift anzusehen und nicht mit einer - § 1 I Nr. 1 HessNSG unterfallenden - Justizvollzugsanstalt vergleichbar. § 2 II HessNSG sei für Krankenhäuser nicht anwendbar, da für diese § 2 III HessNSG lex specialis sei. Überdies könnten die Unterbringungsräume in ihrer Einrichtung nicht als Räume, die Wohnzwecken dienten, angesehen werden. Die Voraussetzungen für eine Anwendung des § 2 III HessNSG seien ebenfalls nicht gegeben. Namentlich lägen "sonstige gewichtige Gründe" nicht vor.
Das Rauchverbot auf den Freiflächen der Anstalt habe auf der Grundlage des Hausrechts erlassen werden dürfen. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sei beachtet worden. Die Regelung sei zur Erreichung ihres Zwecks, der praktikablen Umsetzung des HessNSG geeignet. Ihre Erforderlichkeit ergebe sich hinsichtlich der Innenhöfe (Atrien) auch daraus, dass hier der Rauch nach oben abziehen könne und in den angrenzenden Fenstern sofort einziehen würde. Hinsichtlich der übrigen Freiflächen sei das Verbot aus sicherheitstechnischen, organisatorischen und medizinischen Gründen erforderlich, darüber hinaus auch aus Gleichbehandlungsgesichtspunkten geboten im Hinblick auf die Unterschiedlichkeit der Freiflächen der einzelnen Stationen. Überdies stünden dem Herausführen der Patienten zum Rauchen außerhalb des Gebäudes organisatorische und sicherheitsrelevante Probleme entgegen. Das pflegerische Personal werde im Falle der Zulassung des Rauchens außerhalb der Gebäude über ein vertretbares Maß hinaus mit der Abwicklung von Hofgängen beschäftigt.
Mit dem angefochtenen Beschluss hob die Strafvollstreckungskammer das mit Wirkung zum 01.10.2007 angeordnete Rauchverbot insoweit auf, als es dem Antragsteller das Rauchen in seinem Einzelunterbringungsraum und im der Station ... angrenzenden Innenhof (Atrium) der Klinik untersagt. Die Kammer hat also der Sache nach die Maßregelvollzugsanstalt verpflichtet, dem Antragsteller das Rauchen in dem vor Erlass der angefochtenen Verfügung bestehenden Umfang wieder zu gestatten.
Zwar stelle die Maßregelvollzugsanstalt ein Krankenhaus im Sinne des § 1 I Nr. 3 HessNSG dar. Die Maßregelvollzugsanstalt sei aber verpflichtet, gemäß § 2 II HessNSG eine Ausnahme vom gesetzlich angeordneten Rauchverbot zu machen. Bei einem Einzelunterbringungsraum handele es sich um eine Räumlichkeit, die ganz überwiegend Wohnzwecken diene, da die eigentliche therapeutische Arbeit regelmäßig außerhalb dieses Raumes stattfinde, der Untergebrachte sich in seiner freien Zeit in diesen zurückziehen und eine gewisse Privatsphäre genießen könne. Dass die in Einzelräumen Untergebrachten durch Therapeuten und Pflegepersonal auch im Unterbringungsraum aufgesucht und diese dadurch als Nichtraucher den Gefahren des Passivrauchens ausgesetzt würden, stelle eine der Durchsuchung von Einzelhafträumen in Justizvollzugsanstalten vergleichbare ...