Entscheidungsstichwort (Thema)
Testament
Leitsatz (redaktionell)
Eine Bestimmung, wonach der Erbe sein soll, der lediglich die Beerdigung übernimmt, ist keine hinreichende Bestimmung des Erben i.S. von § 2065 II.
Normenkette
BGB § 2065 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Kassel (Beschluss vom 12.07.1991; Aktenzeichen 3 T 260/91) |
AG Korbach (Beschluss vom 05.06.1991; Aktenzeichen 9 VI B 7/91) |
Tenor
Der angefochtene Beschluß und der Beschluß des Amtsgerichts Korbach vom 5.6.1991 werden aufgehoben.
Das Amtsgericht Korbach wird angewiesen, den am 25.7.1991 erteilten Erbschein einzuziehen.
Außergerichtliche Kosten sind in allen Instanzen nicht zu erstatten.
Wert: 32.713,82 DM.
Gründe
Die mit dem Ziel der Einziehung des am 25.7.1991 erteilten Erbscheins eingelegte weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2. ist begründet. Der angefochtene Beschluß ist nicht rechtsfehlerfrei ergangen.
Die Vorinstanzen sind durch eine Auslegung des Testaments vom 15.5.1990 zum Ergebnis gekommen, daß die Beteiligte zu 1. Erbin geworden sei. Diese tatrichterliche Auslegung bindet das Rechtsbeschwerdegericht nur, wenn keine Auslegungsfehler festzustellen sind. Dies ist dann der Fall, wenn die vom Landgericht vorgenommene Auslegung möglich ist, mag daneben auch eine andere Auslegung in Betracht kommen, mit den gesetzlichen Auslegungsregeln (z. B. §§ 133, 157 BGB) in Einklang steht, dem klaren Sinn und Wortlaut der Erklärung nicht widerspricht und alle wesentlichen Tatsachen berücksichtigt (Bay ObLG Rpfleger 80, 471; Senatsbeschluß 20 W 193/90 vom 22.6.1990). Die vom Landgericht vorgenommene Auslegung widerspricht dem Sinn und des Wortlaut des Testaments vom 15.5.1990. Da die zur Entscheidung erforderlichen Tatsachen ohne weitere Ermittlungen feststehen, kann der Senat in der Sache selbst entscheiden (Bay ObLGZ 76, 122).
Die Auslegung des Landgerichts, wonach – weil eine Pflege der Erblasserin im Alter nicht erforderlich geworden ist – der Erbe wird, der für die Beerdigung sorgt, verstößt zunächst gegen den Wortlaut des Testaments vom 15.5.1990. Danach sollte nämlich der Erbe sein, der die Erblasserin „im Alter pflegt und die Beerdigung übernimmt”. Es ist unschwer zu erkennen, daß die Erblasserin den Schwerpunkt ihrer mit der Erbeinsetzung verbundenen Bedingung auf die Pflege im Alter gelegt hat, weil sie im übrigen davon ausgehen konnte, daß die Beerdigung allein von dem gesetzlichen Erben, der politischen Gemeinde oder der evangelischen Kirche vorgenommen werden würde. Auf die Auswahl dieser Pflegeperson – und damit des Erben – hätte sie auch möglicherweise noch Einfluß nehmen können, wenn das Bedürfnis nach Pflege eingetreten wäre. Die von ihr selbst gesetzte Bedingung der Pflege im Alter ist aber nicht eingetreten und das Testament insoweit nicht wirksam. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob auch für den Fall der Pflegebedürftigkeit eine unzulässige Vertretung im Willen angenommen werden müßte (§ 2065 II BGB; dazu BGHZ 15, 199; NJW 65, 2201) oder nicht, weil die Erblasserin – und nicht ein Dritter – dann den Erben selbst bestimmt haben würde.
Das Testament vom 15.5.1990 ist aber nicht nur teilunwirksam, weil mangels Pflegebedürftigkeit eine Bedingung ausgefallen ist. Selbst wenn nicht schon die Annahme gerechtfertigt wäre, daß diese Unwirksamkeit das ganze Testament erfaßt, weil die Erblasserin unabhängig von der Pflegebedürftigkeit so nicht testiert hätte, kann für den hier vorliegenden Fall, in dem die Beteiligte zu 1. lediglich die Beerdigung übernommen hat, eine hinreichende Bestimmung des Erben im Sinne des § 2065 II BGB nicht angenommen werden. Denn insoweit hat die Erblasserin unzulässigerweise die Bestimmung des Erben anderen überlassen, nämlich dem, der sich zuerst um ihre Beerdigung kümmert (vgl. auch LG Frankfurt MDR 87, 762). Der erteilte Erbschein erweist sich somit als unrichtig und muß nach der vom Senat ausgesprochenen Aufhebung der Beschlüsse der Vorinstanzen vom Amtsgericht eingezogen werden.
Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 13 a I 1 FGG, 131 II, 30 KostO.
Fundstellen
Haufe-Index 940632 |
OLGZ 1992, 271 |