Leitsatz (amtlich)
Ein Beweisbeschluss des Familiengerichts ist ausnahmsweise dann selbständig mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar, wenn mit der sofortigen Beschwerde schlüssig eine dem Erlass des Beweisbeschlusses vorangegangene Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör gerügt wird (BGH, MDR 2009, 1184).
Ob die schlüssig behauptete Verletzung des rechtlichen Gehörs tatsächlich vorliegt, ist im Rahmen der Prüfung der Begründetheit des Rechtsbehelfs festzustellen.
Wird ein Gehörsverstoß festgestellt und ist dieser nicht im Rahmen der vom Familiengericht zu treffenden Abhilfeentscheidung geheilt worden, ist der angefochtene Beweisbeschluss aufzuheben. Das Familiengericht hat dann unter Wahrung des rechtlichen Gehörs der Beteiligten erneut über den Erlass des Beweisbeschlusses zu entscheiden. Das Beschwerdegericht ist hingegen nicht befugt, selbst über die Art und Weise der Beweiserhebung zu entscheiden oder diese dem Familiengericht vorzuschreiben.
Normenkette
FamFG § 30 Abs. 1, § 44 Abs. 1 S. 2; ZPO § 355 Abs. 2, § 404
Verfahrensgang
AG Wetzlar (Beschluss vom 15.09.2015; Aktenzeichen 616 F 447/15) |
Tenor
Die Beschwerde wird auf Kosten der Beschwerdeführerin zurückgewiesen.
Der Verfahrenswert wird für den zweiten Rechtszug festgesetzt auf 1.500,- Euro.
Gründe
I. Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die vom AG im Rahmen einer von diesem angeordneten Begutachtung getroffene Sachverständigenauswahl.
Nachdem den Beteiligten vom AG im Rahmen der persönlichen Anhörung am 25.6.2015 die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage der Erziehungsfähigkeit der Mutter in Aussicht gestellt worden war, schlugen das beteiligte Jugendamt bzw. die eingesetzte Amtspflegerin mit Schreiben vom 15.9.2015 die Benennung des langjährigen Leiters der V.-Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie in H., Herrn Dr. med. Dipl.-Psych. H., als Sachverständigen vor und teilten dessen Anschrift mit. Das AG erließ daraufhin - ohne vorherige erneute Anhörung der übrigen Beteiligten - noch am 15.9.2015 einen Beweisbeschluss folgenden Inhalts.
Es soll ein psychologisches Sachverständigengutachten zu der Frage eingeholt werden, ob aufgrund des aktuellen psychischen Zustandes der Kindesmutter aufgrund einer im Betreuungsverfahren zugrunde gelegten Persönlichkeitsstörung Einschränkungen bei der Erziehungsfähigkeit für Fabian gegebene sind. Wäre deswegen das Wohl von Fabian bei einer Rückkehr zur Kindesmutter gefährdet? Falls dies der Fall sein sollte, käme für Fabian ein Leben beim Vater in Betracht?
Zum Sachverständigen bestimmte das AG den vom Jugendamt bzw. der Amtspflegerin vorgeschlagenen Sachverständigen.
Mit ihrer am 9.10.2015 beim AG eingegangenen sofortigen Beschwerde gegen den am 24.9.2015 von der Geschäftsstelle des AG zur Post gegebenen Beweisbeschluss begehrt die Beschwerdeführerin die Bestimmung von Frau Dipl.-Psych. B. in I. als Sachverständige. Die von ihr benannte Sachverständige hatte Mutter und Kind im Jahr 2012 in einem vorangegangenen Verfahren vor dem Familiengericht in P. psychologisch begutachtet.
Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör und trägt vor, sie hätte Bedenken gegen den vom AG ausgewählten Sachverständigen vorgetragen, wenn ihr hierzu Gelegenheit gegeben worden wäre. Soweit das Jugendamt vorgetragen habe, die langjährige therapeutische Arbeit des Sachverständigen beziehe sich insbesondere auf die Behandlung psychisch erkrankter Mütter mit deren Kindern, gebe dies Anlass zur Besorgnis der Befangenheit des Sachverständigen, denn woher sonst könne das Jugendamt sein Wissen generiert haben, wenn nicht über langjährige fachliche Verbindungen zu dem gerichtlich bestellten Gutachter. Die von der Mutter vorgeschlagene Sachverständige kenne die Familiensituation und den persönlichen Werdegang der Mutter und ihrer jungen Familie aus den vorangegangenen Verfahren, weshalb es nur mit Verwunderung zur Kenntnis genommen werden könne, dass sie vom Jugendamt nicht benannt worden sei.
Das AG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Zur Begründung hat es ausgeführt, es verbleibe bei dem benannten Sachverständigen. Ein Wechsel zu der von der Beschwerdeführerin vorgeschlagenen Sachverständigen sei nicht vorzunehmen. Aus dem Vortrag der Beschwerdeführerin folge nicht, dass die von ihr benannte Sachverständige besser geeignet ist, die Frage zu beantworten, ob sich aus dem aktuellen psychischen Zustand der Mutter Einschränkungen ihrer Erziehungsfähigkeit ergeben. Die Sachverständige habe ausweislich der beigezogenen Akten des AG P. zwei Gespräche mit der Mutter geführt; ein ausführliches schriftliches Gutachten sei nicht erstellt worden. Eine Vorbefassung in einem Umfang, der es zwingend erforderlich machen würde, sie mit der Einholung eines weiteren Gutachtens zu beauftragen, sei nicht erkennbar.
Jugendamt, Amtspflegerin und Verfahrensbeiständin sind der Beschwerde entgegen getreten.
Die Beschwerdeführerin trägt ergänzend vor, sie bestehe auf der ...