Entscheidungsstichwort (Thema)
Entstehen einer Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV RVG
Normenkette
RVG Anl 1 Nr. 3104
Verfahrensgang
AG Dieburg (Beschluss vom 22.03.2023; Aktenzeichen 50 F 114/22 UK) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Beschwerdeführerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
I. Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen den im Kostenfestsetzungsverfahren erfolgten Ansatz einer Terminsgebühr aus einem dem Kosteninteresse entsprechenden Wert trotz Klagerücknahme.
Die volljährige Beschwerdeführerin hatte den Beschwerdegegner in der Hauptsache auf Leistung von Kindesunterhalt in Anspruch genommen. Das Amtsgericht hatte Termin zur mündlichen Verhandlung für den 15. November 2022 9:00 Uhr bestimmt. Mit per besonderem elektronischen Anwaltspostfach übermitteltem und am 14. November 2022 um 11:52 Uhr elektronisch eingegangenem Schriftsatz hatte die Antragstellerin ihren Antrag zurückgenommen. Die zuständige Richterin hatte am 15. November 2022 die Sache aufgerufen. Es war nur die Antragsgegnervertreterin erschienen. Der Schriftsatz vom 14. November 2022 wurde der zuständigen Richterin nach Ende des Termins zur mündlichen Verhandlung vorgelegt. Mit Beschluss vom 24. November 2022 hat das Amtsgericht die Kosten des Verfahrens nach § 243 FamFG der Beschwerdeführerin auferlegt.
Im nach entsprechendem Kostenfestsetzungsantrag durch die Rechtspflegerin durchgeführten Kostenfestsetzungsverfahren hat der Beschwerdegegner neben der Festsetzung hier unstreitiger Kosten beantragt, eine aus dem Kosteninteresse berechnete 1,2 Terminsgebühr und die Reisekosten zum Termin zur Erstattung festzusetzen.
Mit dem angefochtenen, der Beschwerdeführerin am 27. März 2023 zugestellten, Beschluss, hat das Amtsgericht soweit vorliegend relevant von der Beschwerdeführerin zu erstattende Kosten in Höhe einer aus dem Kostenwert berechneten 1,2 Terminsgebühr und zu erstattende Reisekosten nebst Mehrwertsteuer festgesetzt.
Nicht gegen die Höhe der angesetzten Kosten, aber gegen deren Ansatz dem Grunde nach richtet sich die am 27. März 2023 eingegangene sofortige Beschwerde der Antragstellerin. Sie ist der Auffassung, dass im Hinblick auf die erfolgte Klagerücknahme ein Erscheinen der Beteiligten zum Terminstag nicht erforderlich gewesen sei. Es könne nicht zulasten der Antragstellerin gehen, dass das maßgebliche Schriftstück der zuständigen Richterin erst nach dem Termin vorgelegt wurde. Eine Aufhebung des Termins nach Eingang des Schriftsatzes und telefonische Abladung der Beteiligten sei aufgrund des Eingangszeitpunkts möglich gewesen, so dass weder Terminsgebühr noch Reisekosten entstanden wären.
Das Amtsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen mit dem Hinweis, dass die Antragsrücknahme 21 Stunden vor dem Termin stattgefunden hat und nicht gesichert sei, dass eine Terminsaufhebung rechtszeitig hätte erfolgen können. Im Übrigen habe die Antragstellervertreterin die Möglichkeit gehabt, selbst zu versuchen, die Antragsgegnervertreterin und die Richterin telefonisch zu informieren. Die Antragsgegnervertreterin habe sich pflichtgemäß verhalten, ihre Kosten seien angefallen.
Die Beschwerdeführerin bleibt bei ihrer Auffassung und verweist auf eine behauptete Schwierigkeit, Mitarbeiter im Amtsgericht telefonisch zu erreichen.
II. Die gemäß §§ 113 Abs. 1 FamFG, 104 Abs. 3 ZPO statthafte und auch im Übrigen gemäß §§ 567 ff. ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet.
Für die Tätigkeit der Verfahrensbevollmächtigten des Beschwerdegegners ist eine 1,2 Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV RVG angefallen. Die Terminsgebühr in Zivilverfahren entsteht nach Teil 3 Vorbemerkung 3 Abs. 3 VV RVG für die Vertretung in einem der dort aufgeführten Termine, wenn dieser stattfindet, worüber das Gericht entscheidet (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Oktober 2010 - VIII ZB 16/10 -, Rn. 10, juris). Vorliegend war die Bevollmächtigte des Beschwerdeführers nach Beginn des Termins durch Aufruf der Sache (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Oktober 2010 - VIII ZB 16/10 -, Rn. 10, juris) im Termin vertretungsbereit für diesen Mandanten anwesend (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 3. Februar 2021 - 8 W 343/19 -, Rn. 4, juris). Darauf, ob verhandelt wurde, d.h. Anträge gestellt wurden, kommt es seit der mit dem 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz erfolgten Änderung der maßgeblichen Bestimmungen nicht mehr an (vgl. HK-RVG/Hans-Jochem Mayer, 8. Aufl. 2021, RVG VV 3104 Rn. 6). Auch wenn - wie hier - die Sache trotz Klagerücknahme aufgerufen wird, weil das Gericht von der Rücknahme keine Kenntnis hatte, ist die Sache aufgerufen und die Terminsgebühr entsteht (vgl. Gerold/Schmidt, RVG, 25. Aufl. 2021, VV Vorbemerkung 3 Rn. 85, beck-online; Hansens RVGReport 2020, 225 (226)).
Im Übrigen würde eine Terminsgebühr auch entstehen, wenn das Gericht Kenntnis von der Rücknahme hat, den Termin aber dennoch nicht aufhebt. Zwar kann bei Klagerücknahme die Aufhebung eines Termins veranlasst sein (vgl. Feskorn in: Zöller, ZPO, 34. Aufl. 2022, § 227, Rn. 1). Die Au...