Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Erstattungsfähigkeit und Anrechnung der Kosten des in einer Kennzeichenstreitsache mitwirkenden Patentanwalts (§ 140 Abs. 4 MarkenG; Teil 3 Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG).
Leitsatz (amtlich)
1. In einer Kennzeichenstreitsache sind die Kosten der Mitwirkung eines Patentanwalts auf Seiten der obsiegenden Klagepartei nicht erstattungsfähig, wenn sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht notwendig sind (Anschluss an BGH, Beschluss vom 13.10.2022 - I ZB 59/19, juris - Kosten des Patentanwalts VII).
2. Die Kosten der vorgerichtlichen Abmahnung durch eine(/n) - hier: ausländische(/n) - Patentanwalt/Patentanwaltskanzlei sind nicht nach Teil 3 Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG auf die Verfahrensgebühr der Prozessbevollmächtigten anzurechnen.
Normenkette
MarkenG § 140 Abs. 4; RVG-VV § 3 Abs. 4
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 25.01.2023; Aktenzeichen 2-06 O 301/21) |
Tenor
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Gründe
I. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Frankfurt am Main vom 25.01.2023 (Az. 2-06 0 301/21) teilweise abgeändert und der Tenor klarstellend insgesamt wie folgt neu gefasst:
"Auf Grund des vorläufig vollsteckbaren Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main vom 09.11.2023 sind an Kosten
1. 1.272,83 Euro (i.W. Eintausendzweihundertzweiundsiebzig und 83/100 Euro) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.12.2022 von der Beklagten zu 1,
2. 1272,83 Euro (i.W. Eintausendzweihundertzweiundsiebzig und 83/100 Euro) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.122022 von dem Beklagten zu 2,
3. 1272,83 Euro (i.W. Eintausendzweihundertzweiundsiebzig und 83/100 Euro) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.12.2022 von dem Beklagten zu 3
an die Klägerseite zu erstatten."
Il. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Klägerin 70 % und die Beklagten zu 1, 2 und 3 jeweils 10 0/0.
IV. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 2.616,50 Euro festgesetzt.
V. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Die Parteien streiten im Kostenfestsetzungsverfahren über die Anrechnung vorgerichtlicher Patentanwaltskosten sowie über die Erstattungsfähigkeiten von Kosten für die gerichtliche Mitwirkung eines Patentanwalts in einer Kennzeichenstreitsache.
Die Klägerin, die ihren Sitz in Frankreich hat, ist Inhaberin der am 24.09.2012 angemeldeten und am 13.02.2013 eingetragenen Unionswortmarke "ALFALIQUID" (UM 112 091 37; nachfolgend: Verfügungsmarke). Die Verfügungsmarke genießt in Klasse 30 (u.a.) Schutz für Elektronische Vorrichtungen für Raucher, die als Ersatz für Zigaretten, Zigarren, Zigarillos oder Pfeifen dienen und Tabakersatzstoffe enthalten, Elektronische Zigaretten, Elektronische Zigarren, Elektronische Zigarillos oder elektronische Pfeifen, die Tabakersatzstoffe enthalten und Zigaretten aus Tabakersatzstoffen - jeweils nicht für medizinische Zwecke, vgl. u.a. Anlage K3).
Die Beklagte zu 1, deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2 ist, verwendete die Bezeichnung "Alpha Shisha" in dem von ihr unter der Domain www.(...).de betriebenen Onlineshop. Dort bot sie Wasserpfeifen (Shishas) und Zubehör unter "Alpha Shisha" an. Sie verwendete diese Bezeichnung in verschiedenen Schreibweisen, teilweise auch grafisch gestaltet im Rahmen von Produktabbildungen und auf Produkten (vgl. S. 18-23 des Eilantrags i.V.m. Anlage K6). Der Beklagte zu 3, der denselben Nachnamen wie der Beklagte zu 2 trägt, war Inhaber der am 28.03.2017 angemeldeten und am 12.07.2017 für "Wasserpfeifen [orientalische]" eingetragenen deutschen Wortmarke "Alpha Shisha" (DE 30 2017 210 095, Anlage K16). Unter dieser Bezeichnung und unter "Alpha Shisha Products" bewarb er ebenfalls im Internet Wasserpfeifen.
Die Klägerin ließ die Beklagten mit Sitz in Deutschland vorgerichtlich mit (insgesamt) zwei Schreiben vom 11.01.2021 durch eine ständig für sie tätige französische Patentanwaltskanzlei erfolglos wegen Verletzung der Verfügungsmarke abmahnen (vgl. Anlagen K8 und K17). Die Abmahnungen sind von einem (auch) deutschen Patentanwalt unterzeichnet.
Im vorliegenden Rechtsstreit, in dem die Klägerin durch eine deutsche Anwaltskanzlei vertreten worden ist, die die Mitwirkung des bereits vorgerichtlich tätig gewordenen Patentanwalts angezeigt hat, haben die Beklagten nach Vergleichsgesprächen (vgl. den Schriftsatz vom 21.03.2022, GA 76) die Klageforderungen mit Schriftsatz vom 11.10.2022 mit dem Hinweis anerkannt, die Mitwirkung eines Patentanwalts dürfte nicht notwendig gewesen sein (GA 120).
In dem Anerkenntnisurteil vom 18.10.2022 (GA 128 ff.) ist die Beklagte zu 1 unter Ziffer IV antragsgemäß verurteilt worden, an die Klägerin vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.531,90 Euro (nebst Zinsen) zu zahlen (1,3-Gebühr aus 50.000 Euro nebst 20 Euro Auslagenpauschale (vgl. insofern bereits Anlage K12). Die Koste...