Entscheidungsstichwort (Thema)
Unwirksamkeit eines Erbvertrages zugunsten der Geschäftsführerin eines ambulanten Pflegedienstes durch die zu pflegende Person
Leitsatz (amtlich)
1. Die zu § 14 HeimG entwickelten Grundsätze finden auch im Rahmen des diesen ersetzenden § 7 HGBP Anwendung.
2. Für die Erbeinsetzung der Geschäftsführerin eines ambulanten Pflegedienstes durch eine zu pflegende Person in einem Erbvertrag gilt bis zum Beweis des Gegenteils die Vermutung, dass diese Erbeinsetzung mit den Pflegeleistungen steht.
Normenkette
BetrPflG HE § 7; HeimG § 14
Verfahrensgang
AG Frankfurt am Main (Beschluss vom 23.05.2014; Aktenzeichen .../13) |
Tenor
Die befristete Beschwerde der Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des AG Frankfurt/M. vom 23.5.2014 wird zurückgewiesen.
Die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Beteiligte zu 1). Außergerichtliche Kosten im Beschwerdeverfahren werden nicht erstattet.
Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 100.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligte zu 1) ist die Geschäftsführerin des ambulanten Pflegedienstes A GmbH. Die Erblasserin wurde in der Zeit vom ... 2008 bis zu ihrem Tod von dem Pflegedienst der Beteiligten zu 1) betreut. Die Beteiligte zu 1) hatte die Erblasserin anlässlich deren Krankenhausaufenthaltes im ... 2006 kennengelernt und diese in der Folgezeit regelmäßig besucht, gemeinsame Ausflüge unternommen sowie regelmäßig ein bis zweimal in der Woche mit ihr zusammen Mittag gegessen. Die Erblasserin war ledig und kinderlos, ihre Nichte verstarb am 14.9.2012.
Mit notarieller Urkunde vom 21.9.2012 (Bl. 14 der Testamentsakte X ...) schlossen die Beteiligte zu 1) und die Erblasserin einen Erbvertrag, in dem die Erblasserin die Beteiligte zu 1) zu ihrer alleinigen Erbin einsetzte und die Beteiligte zu 1) die Annahme des Erbes erklärte. Weitere Verfügungen wurden in dem Erbvertrag nicht getroffen. Am 7.4.2003 hatte die Erblasserin ein handschriftliches Testament errichtet, in dem u.a. Verfügungen zugunsten ihrer Nichte getroffen wurden (Bl. 12 der Testamentsakte X ...).
Die Beteiligte zu 1) hat am 23.9.2013 auf der Grundlage des Erbvertrages einen Erbschein beantragt, der sie als Alleinerbin ausweist. Dieser Erbschein wurde, nachdem dem Antrag keiner der Beteiligten widersprochen hatte, am 25.11.2013 (Bl. 26 d.A.) durch das Nachlassgericht erteilt.
Mit Schreiben vom 31.1.2014 (Bl. 32 d.A.) zeigte das Regierungspräsidium ... dem Nachlassgericht an, dass es einen möglichen Verstoß gegen das Verbot des § 7 Abs. 1 HGBP durch die Beteiligte zu 1) prüfe, und bat um Übersendung der Nachlassakten. Mit weiterem Schreiben vom 26.2.2014 (Bl. 34 d.A.) informierte das Regierungspräsidium ... das Nachlassgericht über die Einleitung eines Bußgeldverfahrens, da die Beteiligte zu 1) mit der von ihr betreuten und gepflegten Erblasserin einen Erbvertrag geschlossen hatte und die hierfür erforderliche Ausnahmegenehmigung gem. § 7 Abs. 4 HGBP fehle.
Nach Anhörung der Beteiligten zu 1), die mit Schriftsatz vom 27.3.2014 u.a. die Auffassung vertreten hatte, dass es bereits an einem Zusammenhang zwischen ambulanter Pflegeleistung und Erbeinsetzung fehle und durch den Erbvertrag auch nur eine Aussicht auf das Erbe begründet worden sei, zog das Nachlassgericht mit Beschluss vom 23.5.2014 (Bl. 45 d.A.) den Erbschein vom 25.11.2013 als unrichtig ein. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Erbvertrag wegen eines Verstoßes gegen das Verbot des § 7 Abs. 1 HGBP nichtig sei.
Gegen diesen Beschluss, der der Beteiligten zu 1) am 28.5.2014 zugestellt worden ist (Bl. 47 d.A.), hat diese mit einem am 23.6.2014 bei dem Gericht eingegangenen Schriftsatz (Bl. 48 d.A.) Beschwerde eingelegt. Sie macht geltend, das Nachlassgericht habe sich schon nicht mit dem Vortrag vom 27.3.2014 auseinandergesetzt. Darüber hinaus habe die Beteiligte zu 1) und die Erblasserin eine tiefe und enge Freundschaft verbunden. Insbesondere habe kein persönlicher Kontakt zu nächsten Verwandten bestanden. Die Erbeinsetzung habe auf dem bestehenden engen freundschaftlichen Verhältnis beruht. Auch der beurkundende - zwischenzeitlich verstorbene - Notar habe nicht die Notwendigkeit zur Einholung einer Genehmigung gesehen. Die Regelung in § 7 HGBP sei ihr seinerzeit auch nicht bekannt gewesen.
Das Nachlassgericht hat durch Beschluss vom 21.7.2014 (Bl. 52 d.A.) der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem OLG zur Entscheidung vorgelegt. In dem Bußgeldverfahren ist ein Bußgeldbescheid erlassen worden, gegen den die Beteiligte zu 1) Einspruch eingelegt hat. Das Verfahren ist vor dem AG ... unter dem Aktenzeichen ... OWi ... anhängig.
Der Senat hat nach einem Hinweis vom 6.10.2014 (Bl. 57 d.A.) und weiterem Vortrag der Beteiligten zu 1) Beweis erhoben durch Anhörung der Beteiligten zu 1) sowie Vernehmung der Zeuginnen Z1, Z2, Z3, Z4 und Z5. Wegen des Inhaltes der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 20.3.2015 (Bl. 111 ff. d.A.) Bezug genommen.
II. Die Beschwerde ist zulässig und insbeso...