Leitsatz (amtlich)
Die Abgabe einer Unterwerfungserklärung kann zum Wegfall der Wiederholungsgefahr führen. Wenn diese Folge nicht eintritt und der gesetzliche Unterlassungsanspruch daher vorerst bestehen bleibt, kann ein durch die Annahme der Unterwerfungserklärung abgeschlossener Unterlassungsvertrag einen Verzicht des Gläubigers bzw. einen Erlass beinhalten, der den Unterlassungsanspruch mit Wirkung inter partes zum Erlöschen bringt. Neben diesen möglichen materiell-rechtlichen Folgen kommt einer Unterwerfungserklärung grundsätzlich keine prozessuale, das Rechtsschutzinteresse berührende Wirkung zu.
Normenkette
ZPO § 890
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 3/8 O 128/02) |
Tenor
Die Beschwerde wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen.
Beschwerdewert: 60.000 Euro.
Gründe
I. Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Gebiet der Telekommunikation.
In einem Werbeschreiben machte die Antragsgegnerin unter der Überschrift „Unser neuer Top-Tarif für Geschäftskunden” u.a. folgende Ausführungen:
„Sind Sie immer noch TELEKOM-Kunde? Dann können wir Ihnen ein sehr lukratives Angebot unterbreiten.
Wenn Sie derzeit für 6 Cent im Nahgespräch telefonieren, bieten wir Ihnen bei gleicher Grundgebühr nur noch 2 Cent, und das bei garantiert sekundengenauer Abrechnung, ähnliches gilt natürlich auch für Ferngespräche.
Mit dem neuen Arcor-Business Tarif sparen Sie bis zu 40 Prozent Ihrer monatlichen Telefonkosten, und das selbstverständlich OHNE Extrakosten für Sie!”
Dem Werbeschreiben war als „Rechenbeispiel” ein tabellarischer Tarifvergleich beigefügt, aus dem nicht ersichtlich war, welche Tarife konkret verglichen wurden.
Nach Abmahnung durch die Antragstellerin lehnte die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 5.8.2002 bezüglich der Aussage „Sind Sie immer noch TELEKOM-Kunde? Dann können wir Ihnen ein sehr lukratives Angebot unterbreiten” die Abgabe einer Unterwerfungserklärung ab. Im Übrigen – hinsichtlich der weiteren Aussagen zur Ersparnis bei Nahgesprächen und bei der Nutzung des neuen Arcor-Business Tarifs sowie hinsichtlich der Verwendung des konkreten Rechenbeispiels – verpflichtete sich die Antragsgegnerin strafbewehrt zur Unterlassung, wobei aber nach ihrer Erklärung eine Vertragsstrafe lediglich im Falle einer „i.S.v. § 890 ZPO schuldhaften Zuwiderhandlung” verwirkt sein sollte. Mit Schreiben vom 14.8.2002 erwiderte der Rechtsanwalt der Antragstellerin, seine Mandantin habe die strafbewehrte Unterlassungserklärung vom 5.8.2002 angenommen, „soweit diese reicht”.
Die Antragstellerin hat beantragt, der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Verfügung die eingangs zitierten Werbeaussagen – jede für sich – und die Verwendung des Rechenbeispiels zu untersagen. Zur Begründung hat die Antragstellerin ausgeführt, die einleitende Äußerung „Sind Sie immer noch TELEKOM-Kunde? …” sei herabsetzend und irreführend. Die weiteren, preisbezogenen Aussagen und das Rechenbeispiel seien gleichfalls irreführend und enthielten einen unzulässigen Werbevergleich. Die Unterlassungserklärung der Antragsgegnerin habe die Wiederholungsgefahr nicht entfallen lassen, weil die Antragsgegnerin durch die Beschränkung auf ein Verschulden i.S.v. § 890 ZPO die Haftung für ihre Erfüllungsgehilfen ausgeschlossen habe.
Das LG hat den Eilantrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Aussage „Sind Sie immer noch TELEKOM-Kunde? …” sei nicht wettbewerbswidrig. Hinsichtlich des weiteren Unterlassungsbegehrens fehle es angesichts der insoweit abgegebenen Unterlassungserklärung – unabhängig von dem möglichen Fortbestand der Wiederholungsgefahr – am Rechtsschutzbedürfnis. Denn durch den Erlass der angestrebten Unterlassungsverfügung, für deren Vollstreckung die Einschränkung des § 890 ZPO gleichfalls gelten würde, könne die Antragstellerin nicht mehr erlangen, als ihr die Antragsgegnerin bereits vertraglich zugesagt habe.
Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde. Sie vertieft und ergänzt ihr erstinstanzliches Vorbringen. Die Antragsgegnerin verteidigt die angefochtene Entscheidung. Sie vertritt die Ansicht, dass durch die strafbewehrte Unterlassungserklärung neben dem Rechtsschutzinteresse auch die Wiederholungsgefahr entfallen sei. Außerdem verhalte sich die Antragstellerin rechtsmissbräuchlich, wenn sie im Widerspruch zu der ausdrücklich erklärten Annahme der Unterlassungserklärung denselben Anspruch dann doch gerichtlich geltend mache.
II. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Bezüglich derjenigen Unterlassungsansprüche, die bereits durch die vorgerichtliche Unterwerfungserklärung der Beklagten erfasst waren, hat das LG den Eilantrag i.E. zu Recht zurückgewiesen.
a) Der Antragstellerin kann allerdings nicht schon – unabhängig von dem Fortbestand des materiell-rechtlichen Unterlassungsanspruchs – das Rechtsschutzinteresse abgesprochen werden.
Die Abgabe einer Unterwerfungserklärung kann zum Wegfall der Wiederholungsgefahr – dazu nachfolgend unter b) – führen. Wenn diese Folge nicht eintritt und der ge...