Leitsatz (amtlich)

Die Eröffnung eines zusätzlichen Eingangs mittels eines Wanddurchbruchs, um den gesonderten Zugang zu den Schließfächern einer Postfiliale zu gewährleisten, kann eine bauliche Veränderung i.S.v. § 22 Abs. 1 S. 1 WEG darstellen, die grundsätzlich nur einstimmig beschlossen werden kann.

 

Normenkette

WEG §§ 14, 20 Abs. 1, § 22

 

Verfahrensgang

LG Darmstadt (Beschluss vom 23.07.2003; Aktenzeichen 19 T 90/03)

AG Langen (Aktenzeichen 54-II 22/02)

 

Tenor

Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Der Beschwerdewert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 4.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Die Beteiligten sind Mitglieder der Wohnungseigentümer-/Teileigentümergemeinschaft ... Straße ... in O1. Das Anwesen wird zu 60 % gewerblich und zu 40 % zu Wohnzwecken genutzt.

In § 3 Abs. 2 der Teilungserklärung vom 1.9.1970 (Bl. 9-21 d.A.) ist das Sondereigentum entsprechend dem § 5 Abs. 1 WEG definiert. In § 5 Abs. 4 der Teilungserklärung ist vorgesehen, dass - entsprechend der Regelung für die Ausübung eines Gewerbes oder Berufes in der Wohnung - bei Vermietung oder Verpachtung einer Wohnung oder eines Teileigentums die Zustimmung der Gemeinschaft erforderlich ist. Diese kann nur aus wichtigem Grund verweigert, aber auch von der Erfüllung von Auflagen abhängig gemacht werden.

Die Antragstellerin hat ihr im Erdgeschoss gelegenes, von der Straßenseite her zugängliches Teileigentum seit 1.7.2000 an die Deutsche Post AG vermietet, zuvor wurde in den Räumen ein ...-Markt betrieben. In dem Mietvertrag mit derPost hat sich die Antragstellerin zur Schaffung eines gesonderten Zugangs zu einer Schließfachanlage verpflichtet. Zu diesem Zweck hat sie neben dem auf der Südseite des Gebäudes, an der Durchfahrt zu dem auf der Rückseite des Gebäudes befindlichen Parkplatz gelegenen Hauseingang zu den Wohnungen und den übrigen Gewerberäumen einen Wanddurchbruch vornehmen lassen. Wegen der Einzelheiten wird auf die in der mündlichen Verhandlung des LG vorgelegten Lichtbilder (Bl. 107-110 d.A.) Bezug genommen. Wegen des noch fehlenden separaten Zugangs muss die Antragstellerin eine Mietminderung von ca. 500 EUR monatlich hinnehmen.

In dem bei den Grundakten befindlichen Aufteilungsplan war nach den Feststellungen des AG an einer anderen Stelle der Südwand zusätzlich zu dem jetzt vorhandenen Hauseingang eine Tür an anderer Stelle als dem Wanddurchbruch vorgesehen, die aber bei der Bauherstellung nicht ausgeführt wurde.

Die Antragstellerin hat die Antragsgegner auf Zustimmung zur Herstellung des Zugangs zur Schließfachanlage und zu der "Aktivierung" der im Rahmen des Wanddurchbruchs bereits eingebauten Tür in Anspruch genommen unter Verpflichtung der Antragstellerin zur verkehrssicheren Gestaltung der vorhandenen Plattform.

Eine Abstimmung über die baulichen Veränderungen in der Wohnungseigentümerversammlung ist nicht erfolgt, einzelne Wohnungs- bzw. Teileigentümer haben in schriftlichen Erklärungen (Bl. 42-47 d.A.) zugestimmt.

Die Antragstellerin hat ihren Antrag damit begründet, dass die Vermietung an die X das Anwesen aufwerte und für den internen Ablauf der Postfiliale der weitere Zugang erforderlich sei. Eine weitere Tür an der Südseite sei ohnedies vorgesehen gewesen, wenn auch nicht an derselben Stelle. Gegenüber den vorherigen Vermietungen sei die Kundenfrequenz der Postfiliale wesentlich geringer. Von den ca. 130 Schließfachkunden hätten ca. 90 bis zum Mittag ihre Fächer geleert.

Die Antragsgegner traten dem Antrag mit dem Vortrag entgegen, dass Störungen durch Schließfachkunden im Durchfahrtsbereich zu erwarten seien und die Gefahr bestehe, dass der zusätzliche Zugang auch für den Schalterbetrieb genutzt werde. Die ursprünglich vorgesehene zusätzliche Tür in der Südwand habe nur als Notausgang genützt werden sollen.

Mit Beschl. v. 14.2.2003 (Bl. 65-69) hat das AG den Antrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat das AG ausgeführt, dass es sich bei dem Wanddurchbruch um eine bauliche Veränderung i.S.d. § 22 Abs. 1 S. 1 WEG handele. Da die Antragsgegner durch die Schaffung eines weiteren Hauseingangs und den zusätzlichen Publikumsverkehr durch Postfachkunden nicht unerheblich beeinträchtigt seien, liege kein Ausnahmefall des § 22 Abs. 1 S. 2 WEG vor.

Gegen diesen ihrem Verfahrensbevollmächtigten am 20.2.2003 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin durch bei Gericht am 6. 3.203 eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt und sich zur Begründung ihrer Beschwerde auf ihren bereits erstinstanzlich gehaltenen Vortrag bezogen.

Die Antragsgegner seien nicht beeinträchtigt. Gegenüber den Verhältnissen bei der früheren Vermietung sei die Belastung deutlich geringer. Die Vermietung an die Post habe auch im Interesse der übrigen Miteigentümer gelegen und eine Kündigung solle wegen eines Leerstandes oder belastenderer Vermietung nicht riskiert werden.

Auch die Antragsgegner haben in ihrer Beschwe...

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