keine Angaben zur Rechtskraft

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Testament. Unterzeichnung

 

Orientierungssatz

Unterzeichnet der Erblasser sein anderweitig widerrufenes, eigenhändiges Testament unter Angabe des Datums und des Ortes erneut, so kann dies eine wirksame letztwillige Verfügung sein.

 

Normenkette

BGB §§ 2247, 2258

 

Verfahrensgang

AG Hanau (Aktenzeichen 21 VI R 53/01)

LG Hanau (Aktenzeichen 3 T 107/02)

 

Gründe

Der Beteiligte zu 1) wurde von dem Erblasser im Jahr 1999 als Volljähriger adoptiert.

Der Beteiligte zu 2) ist der Bruder des Erblassers. Der am 20.06.2001 verstorbene Erblasser hat mehrfach letztwillig verfügt. Beide Beteiligten begehren die Erteilung eines Erbscheins aufgrund testamentarischer Erbfolge, durch den sie jeweils als Alleinerbe des Erblassers ausgewiesen werden.

Der Beteiligte zu 2) meint, aufgrund des handschriftlichen Testaments des Erblassers vom 30.11.1994 (Bl. 3 d. A.) Alleinerbe geworden zu sein. In diesem Testament hat der Erblasser unter Widerruf früherer letztwilliger Verfügungen den Beteiligten zu 2) als Erben eingesetzt hat. Der Beteiligte zu 1) stützt seinen Antrag auf eine Urkunde (Bl. 7 d. A.) folgenden Inhalts:

„Mein Testament.

Hiermit bestimme ich, …, geboren am …, den Herrn …, wohnhaft in …, geboren am …, zu meinem alleinigen Erben von meinem gesamten Vermögen.

Hiermit enterbe ich alle meine Verwandten: 1) meinen Bruder, … meine Schwester …, sowie alle meine übrigen Verwandten.

Hiermit versichere ich weiterhin, dass mein augenblicklicher, geistiger Zustand hervorragend ist.

Nidderau I, den 21. November 1993

Nidderau I 1. April 1994

Nidderau I, den 18.6.01”

Der Beteiligte zu 2) behauptet, die dritte Unterschrift, unter der das Datum 18.6.01 angegeben ist, sei gefälscht. Der Erblasser sei an diesem Tag gesundheitlich gar nicht mehr in der Lage gewesen, diese Unterschrift zu leisten. Er sei auch nicht mehr testierfähig gewesen. Der Beteiligte zu 2) ist der Ansicht, dass allein durch die Unterschrift unter dem bereits 1993 verfassten Text kein formgültiges Testament und damit auch kein formgültiger Widerruf des Testaments vom 30.11.1994 zustande gekommen sei. Vorsorglich hat der Beteiligte zu 2) das Testament, sofern es wirksam zustande gekommen sein sollte, angefochten mit der Begründung, der Erblasser habe den Beteiligten zu 1) nicht zu seinem Erben berufen wollen.

Zu der Frage, ob der Erblasser am 18. Juni 2001 seine Unterschrift unter den 1993 verfassten Text geleistet hat, hat das Amtsgericht den Zeugen D. vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 24.01.2002 Bezug genommen (Bl. 130 ff d. A.).

Mit Beschluss vom 28.02.2001 hat das Amtsgericht den Erbscheinsantrag des Beteiligten zu 2) vom 04.10.2002 zurückgewiesen. Außerdem hat es angekündigt, antragsgemäß einen Erbschein zugunsten des Beteiligten zu 1) erlassen zu wollen.

Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 2) hat das Landgericht den Beschluss des Amtsgerichts abgeändert. Es hat den Erbscheinsantrag des Beteiligten zu 1) zurückgewiesen und den Erbscheinsantrag des Beteiligten zu 2) für begründet erklärt.

Die wiederum dagegen gerichtete weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) ist zulässig (§§ 27, 29 I, IV, 20, 21 FGG). Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht. Die Ausführungen des Landgerichts halten der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten Stand (§§ 27 FGG, 546 ZPO). Der Sachverhalt muss noch weiter aufgeklärt werden, wozu der Senat als Rechtsbeschwerdegericht nicht berufen ist. Im einzelnen gilt Folgendes:

Vom Ansatz her zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass ein Testament durch die Errichtung eines neueren Testaments insoweit widerrufen wird, als das spätere Testament mit dem früheren in Widerspruch steht (§ 2258 BGB). Deswegen kann sich die Erbfolge hier nicht nach dem am 21.11.1993 und am 01.04.1994 unterzeichneten Testament richten, denn diese letztwilligen Verfügungen sind mit dem vom Erblasser errichteten Testament, in dem der Beteiligte zu 2) zum „unbeschränkten Alleinerben” eingesetzt wurde, unvereinbar.

Nicht gefolgt werden kann dem Landgericht aber bei seiner Feststellung, dass das mit Datum 18.6.01 versehene Schriftstück deshalb kein wirksames Testament darstellen könne, weil der Erblasser am 18.06.2001 – unterstellt er habe es an diesem Tag erneut unterzeichnet – keine weitere Erklärung niedergelegt habe, die Rückschlüsse auf seinen Widerrufswillen zulasse. Im vorliegenden Fall hat der Erblasser – seine erneute Unterschrift unterstellt – eine Verfügung getroffen, die sachlich einer früheren Verfügung widerspricht (§ 2258 BGB). Hierbei ist ein ausdrücklich geäußerter Aufhebungswille des Erblassers nicht erforderlich (MünchKomm-Burkart (1997), § 2258 BGB Rn 5). Es genügt die sachliche Unvereinbarkeit mit der früheren Verfügung.

Ein Widerruf durch Testament setzt weiter voraus, dass die Form des § 2247 BGB gewahrt ist. Ein formgültiges Testament liegt vor, wenn der Erblasser die Verfügungen...

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