Entscheidungsstichwort (Thema)
Bestimmungsrecht für Geburtsnamen des gemeinsamen Kindes
Normenkette
BGB § 1617
Verfahrensgang
AG Frankfurt am Main (Beschluss vom 15.07.2021; Aktenzeichen 472 F 18038/21) |
Tenor
Die Beschwerde wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 4.000 EUR festgesetzt.
Der Kindesmutter wird für den zweiten Rechtszug ratenfreie Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin B in Stadt1 bewilligt.
Gründe
I. Die beteiligten Kindeseltern streiten um die Übertragung des Bestimmungsrechts für den Vor- und den Familiennamen ihrer am XX.XX.2021 ehelich geborenen Tochter.
Der 1968 in Stadt2/Eritrea geborene Kindesvater wuchs in Deutschland bei seiner Adoptivmutter A auf und heiratete 2018 bei einem Besuch in Eritrea die ebenfalls aus Stadt2 stammende 1987 geborene Kindesmutter. 2019 folgte sie ihm im Rahmen einer Familienzusammenführung nach Deutschland. Die Kindesmutter erhebt gegen den Kindesvater den Vorwurf häuslicher Gewalt und des Drogenkonsums. Sie floh im Mai 2020 aus der ehelichen Wohnung in ein Frauenhaus. Dabei wurde sie von ihrer Schwiegermutter unterstützt. Ein gegen den Kindesvater gerichtetes staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren wurde eingestellt, ein Scheidungsverfahren ist anhängig.
Nach Geburt des Kindes wollte die Kindesmutter ihrer Tochter den Vornamen "Vorname1" geben, ferner den Nachnamen des Kindesvaters. Mangels Mitwirkung des Kindesvaters kam es bislang jedoch noch nicht zur Ausstellung einer Geburtsurkunde für das Kind.
Die Kindesmutter beantragt daher, ihr die Einzelfallentscheidungsbefugnis über die Bestimmung des Vor- und Nachnamens des Kindes zu übertragen.
Der Kindesvater ist dem Antrag entgegengetreten und hat zur Begründung im Rahmen seiner persönlichen Anhörung vor dem Familiengericht - seinerzeit noch nicht anwaltlich vertreten - ua. wörtlich erklärt:
"Wenn mein Kind Vorname1 heißen würde, würde ich es für immer hassen. Frau Vorname1 A war seit 22 Jahren meine deutsche Adoptivmutter. Jetzt hasse ich sie bis zum meinem Tod. Ich bin bereit, mein Kind zu lieben .... Ich kann das Kind nicht lieben, wenn es Vorname1 heißt. ... Vorher gehe ich in das Grab, also bevor das Kind Vorname1 heißt. Ich hasse diese Frau."
Wegen des weiteren Ergebnisses der Anhörung der Kindeseltern wird auf die Sitzungsniederschrift vom 22.06.2021 verwiesen.
Mit dem angefochtenen Beschluss, auf den wegen der Einzelheiten ebenfalls Bezug genommen wird, hat das Familiengericht dem Antrag der Kindesmutter stattgegeben und zur Begründung unter Bezugnahme auf §§ 1617 Abs. 2 S. 1 und 1628 S. 1 BGB im Wesentlichen ausgeführt, die Übertragung des Namensbestimmungsrechts auf die Kindesmutter sei kindeswohldienlich, weil das Mädchen seit über einem halben Jahr bei der Mutter lebe und seit ihrer Geburt mit dem Vornamen Vorname1 gerufen werde. Es sei davon auszugehen, dass die Kindesmutter als primäre Bezugsperson vom Bestimmungsrecht den kindeswohldienlichsten Gebrauch machen werde.
Gegen diese Entscheidung wendet sich der Kindesvater mit seiner Beschwerde, mit der er weiter die Zurückweisung des Antrags der Kindesmutter anstrebt und zur Sache ausführt, infolge des nachhaltig gestörten Verhältnisses zu seiner Adoptivmutter sei es für ihn eine unerträgliche Vorstellung, dass das Kind deren Namen tragen solle. Die Kindesmutter handele aus egoistischen Motiven. Wenn sie keinen anderen als den von ihr gewünschten Vornamen in Betracht ziehe, wolle sie den Kindesvater damit verletzen. Sie versuche, ihn damit aus dem Leben ihrer Tochter auszuschließen. Im Übrigen trägt er ausführlich zur Qualität des ehelichen Zusammenlebens der Kindeseltern vor.
Die Kindesmutter tritt der Beschwerde entgegen und verteidigt den angefochtenen Beschluss unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Auch sie macht umfangreiche Ausführungen zu der aus ihrer Sicht zerrütteten ehelichen Beziehung.
Das Jugendamt spricht sich in seinem Bericht vom 10.09.2021, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, für eine Kompromisslösung der Kindeseltern aus. Da über den Nachnamen Einvernehmen bestehe, gehe es nur noch um den Vornamen. Die Kindesmutter habe eine vom Jugendamt initiierte Kontaktaufnahme zum Kindesvater abgelehnt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen sowie den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.
Der Senat hat die Beteiligten mit Beschluss vom 08.09.2021 darauf hingewiesen, dass beabsichtigt ist, nach Ablauf einer bis zum 05.10.2021 eingeräumten Stellungnahmefrist ohne erneute Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden und die Beschwerde des Kindesvaters zurückzuweisen.
II. Die Beschwerde des Kindesvaters ist nach §§ 58 ff. FamFG statthaft und auch sonst zulässig; die in jeder Phase des Verfahrens zu prüfende internationale Zuständigkeit des angerufenen Gerichts ergibt sich aufgrund des gewöhnlichen inländischen Aufenthalts des betroffenen Kindes aus §§ 99 ...