Entscheidungsstichwort (Thema)

Erbscheinverfahren: Fälschungseinwand bei Vorlage von Testament zwanzig Jahre nach Todesfall

 

Leitsatz (amtlich)

Bei der Vorlage eines eigenhändigen Testaments erst zwanzig Jahre nach dem Todesfall sind im Erbscheinserteilungsverfahren ohne weiter gehende konkrete Anhaltspunkte für eine Fälschung in der Regel keine Ermittlungen zur Urheberschaft des Erblassers durch Einholung des Gutachtens eines Schriftsachverständigen erforderlich, wenn die eigenhändige Errichtung der Urkunde durch den Erblasser anderweitig nachvollziehbar belegt ist.

 

Normenkette

BGB § 2247; FamFG §§ 26, 29, 37; ZPO § 286

 

Verfahrensgang

AG Darmstadt (Beschluss vom 24.04.2014; Aktenzeichen 42 VI 1567/11)

 

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Beteiligte zu 1) hat dem Beteiligten zu 2) gegebenenfalls zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens entstandene notwendige Aufwendungen zu erstatten.

Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.300 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die am ... 1991 verstorbene Erblasserin war in einziger Ehe verheiratet mit Herrn A. Die Ehe war seit dem 25.5.1951 rechtskräftig geschieden. Die Beteiligten zu 1) bis 3) sind die Kinder der Erblasserin aus dieser Ehe. Weitere Kinder hat die Erblasserin nicht hinterlassen.

Die Rechtspflegerin beim Nachlassgericht hatte am 9.12.2011 auf Antrag des Beteiligten zu 2) einen gemeinschaftlichen Erbschein (Bl. 42 d.A.) aufgrund gesetzlicher Erbfolge erteilt, der die Beteiligten zu 1) bis 3) zu jeweils 1/3 als Erben der Erblasserin ausgewiesen hat.

Am 13.7.2012 hat der Beteiligte zu 2) beim Nachlassgericht eine mit dem Namenszug der Erblasserin unterzeichnete handschriftlich niedergeschriebene und vom 5.10.1991 datierende Urkunde zur Akte gereicht. In diesem Schriftstück, wegen dessen Wortlautes im Einzelnen auf Bl. 2 der Testamentsakte des Nachlassgerichts (dortiges Az. 42 IV 1031/12) Bezug genommen wird, ist bestimmt, dass der Beteiligte zu 2) Alleinerbe der Erblasserin sein soll. Das genannte Schriftstück ist vom Nachlassgericht am 23.7.2012 eröffnet worden.

Mit Beschluss vom 24.8.2012 (Bl. 60 f. d.A.) hat die Rechtspflegerin den gemeinschaftlichen Erbschein vom 9.12.2011 als unrichtig eingezogen.

Mit Urkunde UR-Nr .../2012 des Notars B in O1 vom 6.9.2012 (Bl. 68 ff. d.A.) hat der Beteiligte zu 2) beim Nachlassgericht nunmehr die Erteilung eines Erbscheins beantragt, der ihn als Alleinerben der Erblasserin ausweist. Er hat sein Alleinerbrecht auf die Erbeinsetzung in der Urkunde vom 5.10.1991 gestützt.

Mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 1.10.2012 (Bl. 80 ff. d.A.) ist der Beteiligte zu 1) dem Antrag entgegen getreten. Er hat eingewandt, dass er erhebliche Zweifel an der Echtheit des eigenhändigen Testaments vom 5.10.1991 habe. Es erscheine zweifelhaft, dass nach zwanzig Jahren plötzlich ein handschriftliches Testament der Erblasserin vorgefunden werde. Zudem habe die Erblasserin zu dem Beteiligten zu 2) vor ihrem Tode längere Zeit keinen Kontakt mehr gehabt. Vielmehr habe sie engen Kontakt mit ihrer Tochter, der Beteiligten zu 3), unterhalten, weshalb deren Erbeinsetzung wahrscheinlicher gewesen sei. Ob die Handschrift des Testaments die der Erblasserin sei, entziehe sich der Kenntnis des Beteiligten zu 1), weshalb die Einholung eines Sachverständigengutachtens darüber angeregt werde, ob das Testament älter als zwanzig Jahre sei.

Mit Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 7.11.2012 (Bl. 86 d.A.) hat der Beteiligte zu 2) u.a. vorgetragen, dass er sich - entgegen des Vortrages des Beteiligten zu 1) - zuletzt um seine Mutter gekümmert und diese auch finanziell unterstützt habe. Die Beteiligte zu 3) habe zudem das Testament gesehen und die Handschrift ihrer Mutter erkannt.

Der gesetzliche Betreuer der Beteiligten zu 3) hat mit Schriftsatz vom 8.11.2012 (Bl. 87 d.A.) erklärt, dass die Beteiligte zu 3) ihm nach Rücksprache mitgeteilt habe, dass sie überzeugt davon sei, dass die Unterschrift unter dem vorgelegten Testament die ihrer Mutter sei.

Mit Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 18.12.2012 (Bl. 88 d.A.) hat der Beteiligte zu 1) mitgeteilt, dass er weiterhin erhebliche Bedenken an der Echtheit des Testaments habe. Es handele sich nach seiner Einschätzung und der seiner Ehefrau keinesfalls um die Handschrift der Erblasserin. Er sei bemüht, handschriftliche Aufzeichnungen der Erblasserin zum Vergleich zu erhalten.

Der Beteiligte zu 2) hat mit Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 21.12.2012 (Bl. 89 f. d.A.) vorgetragen, dass bei einem Umzug von O2 in die Slowakei aus Platzmangel im Auto einige Kartons und Gegenstände - auch aus der Wohnung der Erblasserin - bei einem damaligen Nachbarn in O2 abgestellt worden seien. Der Beteiligte zu 2) habe gewusst, dass die Erblasserin ein Testament verfasst habe, habe dies aber trotz Suche bei sich und seinen Töchtern nicht auffinden können. Erst bei einem Gespräch mit dem ehemaligen Nachbarn im Juni oder Juli 2012 sei über die noch untergestellten Gegenstände ges...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?