Entscheidungsstichwort (Thema)
Formwirksamer Kostenfestsetzungsantrag in elektronischer Form
Leitsatz (amtlich)
Ein Kostenfestsetzungsantrag ist von einem Rechtsanwalt als elektronisches Dokument zu übermitteln.
Normenkette
FamFG § 14b; ZPO §§ 103, 130d S. 1
Verfahrensgang
LG Gießen (Entscheidung vom 17.07.2023; Aktenzeichen 3 O 474/20) |
Tenor
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Gießen vom 17. Juli 2023, 3 O 474/20, aufgehoben.
Der Antrag des Klägers vom 20. Juni 2023 auf Festsetzung der Kosten wird als unzulässig abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten der sofortigen Beschwerde.
Der Gegenstandswert der Beschwerde wird auf 2.985,57 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien streiten im Rahmen einer sofortigen Beschwerde gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss über das Erfordernis der Einreichung des Kostenantrags nach § 130d ZPO.
Der Kläger ist Rechtsanwalt und Notar a.D. Erstinstanzlich wurde er von Rechtsanwalt A, Stadt1, vertreten, der nach dem klageabweisenden Urteil auch für den Kläger Berufung einlegte und begründete. Mit per Fax übermitteltem Schriftsatz vom 29. August 2022 (Bl. 138 d.A.) zeigte der Kläger an, sich nunmehr selbst zu vertreten, wobei er darauf hinwies, kein elektronisches Postfach zu besitzen, weil er nur noch zwei Verfahren bearbeiten müsse. Nach mehrfachem Hinweis des Landgerichts auf § 130d ZPO ließ er sich zwecks Zustimmung zum schriftlichen Verfahren durch Rechtsanwalt B, Stadt2, vertreten (Bl. 177 d.A.).
Nach Beendigung des Berufungsverfahrens stellte der Kläger unter Verwendung seines Briefbogens als Rechtsanwalt und Notar a.D. einen als Rechtsanwalt unterzeichneten Kostenausgleichsantrag vom 28. Dezember 2022 (Bl. 205 d.A.), den Rechtsanwalt B im Auftrag des Klägers per beA an das Gericht übermittelte. Der Beklagte rügte den Antrag wegen Verstoßes gegen § 130a Abs. 3 ZPO als formunwirksam (Bl. 213 d.A.). Auf eine inhaltliche Rüge des Rechtspflegers hin korrigierte der Kläger seinen Kostenausgleichsantrag mit einem erneut durch Rechtsanwalt B per beA übermittelten Antrag vom 13. April 2023 (Bl. 226 d.A.). Nach einem Hinweis des Rechtspflegers darauf, dass die Anträge nicht mit dem signierenden Rechtsanwalt übereinstimmten, wiederholte der Kläger seinen zuletzt gestellten Antrag unter dem 20. Juni 2023 auf seinem Anwaltsbriefpapier per Fax, wobei er bei der Namensangabe unter der Unterschrift die Bezeichnung "Rechtsanwalt" wegließ.
Das Landgericht hat mit Beschluss vom 17. Juli 2023 die von dem Beklagten an den Kläger zu erstattenden Kosten auf 2.985,57 EUR nebst Zinsen festgesetzt.
Dagegen wendet sich der Beklagte mit seiner sofortigen Beschwerde, mit der er rügt, der Kläger könne nicht zur Umgehung des gesetzlichen Formerfordernisses seinen Kostenfestsetzungsantrag formfrei als Partei stellen. Solange er als Rechtsanwalt tätig sei, habe er sich des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs zu bedienen. Der Beklagte beantragt bei einer Zurückweisung der Beschwerde die Zulassung der weiteren Beschwerde.
Das Landgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Zur Begründung hat der Rechtspfleger ausgeführt, bei Verfahren vor dem Rechtspfleger bestehe kein Anwaltszwang. Sofern eine Partei selbst Anträge als Partei stelle und nicht als Rechtsanwalt unterzeichnend an das Gericht sende, bestehe kein besonderes Formerfordernis.
II. Die gemäß § 11 Abs. 1 RPflG, § 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO i.V.m. § 567 Abs. 1 Ziff. 1, Abs. 2 ZPO statthafte sofortige Beschwerde ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 569 ZPO).
Sie hat auch in der Sache Erfolg. Der Rechtspfleger hätte den Kostenfestsetzungsbeschluss nicht erlassen dürfen, weil der Kostenfestsetzungsantrag entgegen § 130d ZPO nicht als elektronisches Dokument übermittelt wurde.
Nach § 130d S. 1 ZPO sind vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen, die durch einen Rechtsanwalt (..) eingereicht werden, als elektronisches Dokument zu übermitteln. Die Übermittlung als elektronisches Dokument ist eine von Amts wegen zu prüfende Wirksamkeitsvoraussetzung. Daher ist ein per Fax eingereichter Antrag - vom Sonderfall der technischen Störung nach § 130d S. 2 ZPO abgesehen - als unzulässig abzuweisen (Zöller/Greger, 35. A., § 130d ZPO Rn. 1).
Ein solcher Fall der unzulässigen Einreichung eines Antrags per Fax liegt hier vor.
1. Der sachliche Anwendungsbereich des § 130d S. 1 ZPO ist bei Einreichung eines Kostenfestsetzungsantrags durch einen Rechtsanwalt eröffnet.
a) § 130d S. 1 ZPO kommt allerdings nicht bereits deshalb zur Anwendung, weil ein Antrag nach § 103 ZPO nur durch einen Rechtsanwalt gestellt werden könnte. Für einen Antrag nach § 103 ZPO besteht kein Anwaltszwang, da § 78 Abs. 1 ZPO gemäß §§ 13, 21 Nr. 1 und Nr. 2 RPflG keine Anwendung findet (BGH, Beschluss vom 26. Januar 2006 - III ZB 63/05, Rn. 14, juris).
b) § 130d S. ...