Entscheidungsstichwort (Thema)
Mittellosigkeit des Betreuten bei erhaltenem Schmerzensgeld
Leitsatz (amtlich)
Ein dem Betreuten nach Abschluss eines Vergleiches wegen einer durch einen Unfall erlittenen Verletzung gezahltes Schmerzensgeld ist im Rahmen der Betreuervergütung bei der Prüfung der Mittellosigkeit nicht zu berücksichtigen und kann deshalb auch keinen späteren Regress der Staatskasse begründen.
Normenkette
BGB §§ 1836c, 1836e, 1908i; VBVG §§ 1, 4-5
Verfahrensgang
LG Kassel (Aktenzeichen 3 T 652/07) |
Gründe
I. Für den 57-jährigen Betroffenen ist wegen einer Schizophrenie seit 1998 die Beteiligte zu 1. zur Betreuerin bestellt. Am 12.3.2004 erlitt der Betroffene bei einem Verkehrsunfall, bei dem er als Fußgänger auf einem Zebrastreifen von einem Pkw angefahren wurde, schwerste Kopfverletzungen sowie weitere Verletzungen im Brust- und Bauchbereich. Er lag mehrere Wochen im Koma und musste ca. 6 Monate stationär behandelt werden. Als Folge des Unfalles ist er auf einem Auge erblindet, hat am anderen Auge eine Sehbehinderung sowie insgesamt eine mittelgradige Schwerhörigkeit und komplexe neuropsychiatrische Folgeschäden zurückbehalten. Es wurden deshalb mit Zustimmung des Betroffenen die Aufgabenkreise der Beteiligten zu 1. als Berufsbetreuerin auf die Gesundheitssorge, Aufenthaltsbestimmung, Vermögenssorge sowie Vertretung gegenüber Behörden und Sozialversicherungsträgern erweitert, wobei die Betreuung zuletzt durch Beschluss vom 22.11.2006 verlängert wurde.
Im Hinblick auf eine anstehende vergleichsweise Zahlung zur - weitgehenden - Abgeltung der dem Betroffenen aus Anlass des Unfallereignisses zustehenden Schmerzensgeldansprüche bestellte das Vormundschaftsgericht durch weiteren Beschluss vom 14.11.2006 den Beteiligten zu 3. zum Gegenbetreuer für den Aufgabenkreis der Vermögenssorge.
Der Betroffene schloss - vertreten durch seine Betreuerin - am 12.3.2004 mit der Versicherung der Pkw-Halterin einen Vergleich, wonach er zur Abgeltung der aus dem Unfallereignis entstandenen Schmerzensgeldansprüche - mit Ausnahme weiterer immaterieller Ansprüche für den Fall der unfallbedingten vollständigen Erblindung - eine Entschädigung von insgesamt 120.000 EUR erhielt. Der Vergleichsabschluss wurde durch das Vormundschaftsgericht unter dem 14.5.2007 genehmigt.
Unter Hinweis auf diese Zahlung verpflichtete das AG den Betroffenen durch Beschluss vom 2.10.2007 zur Rückzahlung der seit dem Jahr 2000 aus Anlass der Betreuung durch die Staatskasse verauslagten Betreuervergütung und Sachverständigenkosten, wobei die Rückzahlungssumme durch weiteren Beschluss vom 6.11.2007 auf 10.852,11 EUR berichtigt wurde.
Auf die hiergegen von der Betreuerin namens des Betroffenen eingelegte sofortige Beschwerde hob das LG den amtsgerichtlichen Beschluss vom 2.10.2007 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 6.11.2007 auf und lehnte die Einziehung des Betrages von 10.852,11 EUR ab.
Gegen die am 7.3.2008 zugestellte landgerichtliche Entscheidung wendet sich die Beteiligte zu 2) mit der sofortigen weiteren Beschwerde vom 18.3.2008, mit der sie insbesondere geltend macht, eine Schmerzensgeld- oder Abfindungsentschädigung könne nicht immer zum Schonvermögen gezählt werden. Vielmehr sei der Abfindungsbetrag bei der Bewertung des Vermögens nur dann unberücksichtigt zu lassen, wenn eine besondere Härte vorliege. Dies sei immer dann gegeben, wenn bei Einsatz des Vermögens eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung erschwert sei. Dies sei vorliegend nicht gegeben, da der Betroffene aufgrund seiner Erwerbsunfähigkeit monatliche Rentenzahlungen i.H.v. ca. 1.390 EUR erhalte und deshalb vom LWV im Rahmen des betreuten Wohnens auch zu einem monatlichen Kostenbeitrag von 320 EUR herangezogen werde. Im Übrigen seien auch die übrigen Verfahrensbeteiligten nach Eingang der Versicherungszahlung nicht mehr von Mittellosigkeit ausgegangen, so dass Vergütungspauschalen für die Tätigkeit der Betreuerin gegen das Vermögen festgesetzt worden seien. Es müsse deshalb bei dem Rückforderungsbescheid bleiben, hilfsweise sei jedenfalls anzuordnen, dass der Betroffene auf die von der Staatskasse bereits gezahlten Betreuervergütungen jährliche Raten entsprechend seien Zinseinkünften i.H.v. ca. 2.700 EURO pro Jahr aus der mit vormundschafts-gerichtlicher Genehmigung angelegten Versicherungssumme zu zahlen habe.
Die Betreuerin und der Gegenbetreuer sind der sofortigen weiteren Beschwerde entgegen getreten.
II. Die kraft Zulassung im angefochtenen Beschluss gem. § 56g Abs. 5 Satz 2 FGG statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte sofortige weitere Beschwerde führt in der Sache nicht zum Erfolg, da die Entscheidung des LG nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht (§§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO). Zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen hat das LG einen Zugriff der Staatskasse im Wege des Regresses auf die dem Betroffenen nach dem abgeschlossenen Vergleich zugeflossene Schmerzensgeldsu...