Leitsatz (amtlich)
1. In einem amtswegig eingeleiteten Verfahren der einstweiligen Anordnung nach § 57 S. 2 Nr. 1 FamFG iVm § 1666 BGB ist die Kostenbeschwerde gegen eine vermeintlich isoliert ergangene Kostenentscheidung auch dann statthaft, wenn aufgrund einer irrtümlich angenommenen "Antragsrücknahme" ein Ausspruch über den Hauptgegenstand im Tenor unterbleibt.
2. Versäumt das Jugendamt die zweiwöchige Beschwerdefrist von § 63 II Nr. 1 FamFG, kann es sich nicht darauf berufen, dass in der fehlerhaft erteilten Rechtsmittelbelehrung eine einmonatige Frist benannt ist und ihm ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht zu gewähren.
Tenor
Die Beschwerde wird als unzulässig verworfen.
Die Beschwerdeführerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Gründe
I. Das Jugendamt (im Folgenden Beschwerdeführerin) wendet sich gegen eine Kostenentscheidung des Amtsgerichts in einem einstweiligen Anordnungsverfahren.
Mit Schriftsatz vom 20. Juli 2022 regte das Jugendamt den Entzug der elterlichen Sorge für die 14jährige ... sowie deren Halbgeschwister an. Für ..., die aus der Beziehung der Beteiligten zu 4. (im Folgenden Kindesmutter) und des Beteiligten zu 5. (im Folgenden Kindesvater) hervorgegangen ist, ist die Kindesmutter alleine sorgeberechtigt. Zur Begründung verwies das Jugendamt darauf, dass die Eltern trotz vielfältiger Unterstützungsmaßnahmen in der Vergangenheit immer noch nicht in der Lage seien, die Bedürfnisse der Kinder zu sehen und diese angemessen zu unterstützen. In den Jahren 2011 bis 2022 sei es zu sechs Kindeswohlgefährdungsmeldungen gekommen. Im Dezember 2020 sei ... für 9 Tage in Obhut genommen und sodann ein Erziehungsbeistand für sie bestellt worden. Die Kindesmutter überblicke die Fördernotwendigkeiten der Kinder nicht und zeige eine Überforderung bei der Versorgung.
Der Träger der bis zum 15. Juni 2022 eingesetzten Sozialpädagogischen Familienhilfe sah zum Zeitpunkt der Beendigung der Maßnahme das Kindeswohl als gefährdet an. Auf den beigefügten Bericht wird Bezug genommen.
Das Amtsgericht bestellte für das betroffene Kind am 25. Juli 2022 einen Verfahrensbeistand, bestimmte Termin und ordnete das persönliche Erscheinen von Kindesmutter und Kindesvater an. Das Verfahren betreffend die weiteren Kinder hat das Amtsgericht gesondert geführt.
Nach wiederholter Verlegung fand der Termin schließlich am 25. November 2022 statt. Das Jugendamt erklärte, dass es den "Antrag auf Übertragung von Teilen der elterlichen Sorge zurücknehme". Weitere Ausführungen enthält das Protokoll nicht.
Mit Beschluss vom 28. November 2022 hat das Amtsgericht von der Erhebung von Gerichtskosten abgesehen und die zur Durchführung des Verfahrens notwendigen Aufwendungen der Beteiligten dem Jugendamt auferlegt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Kostenentscheidung aus den §§ 83 Abs. 2, 81 FamFG folge. Es entspreche billigem Ermessen, dem Jugendamt die notwendigen Aufwendungen der Beteiligten aufzuerlegen, da der Antrag von Anfang an keine Aussicht auf Erfolg gehabt habe und dieses hätte erkannt werden müssen. In der vom Amtsgericht erteilten Rechtsmittelbelehrung wird darauf verwiesen, dass die Beschwerde statthaft und binnen einem Monat einzulegen sei.
Gegen die am 03. März 2023 zugestellte Entscheidung hat das Jugendamt am 21. März 2023 Beschwerde eingelegt. Zur Begründung verweist es darauf, dass bei Antragstellung nicht habe davon ausgegangen werden können, dass der Antrag keine Aussicht auf Erfolg haben würde. Die Kindesmutter habe erst im Zuge des weiteren einstweiligen Anordnungsverfahrens einer Hilfe zur Erziehung für die Halbgeschwister zugestimmt, die auch das hier betroffene Kind erfasse. Im Übrigen handele es sich nicht um einen Antrag, sondern um eine Anregung im Sinne des § 1666 BGB, so dass das Verfahren von Amts wegen eingeleitet worden sei.
Die Kindesmutter und der Kindesvater hatten Gelegenheit zur Stellungnahme, hiervon aber keinen Gebrauch gemacht.
Mit Verfügung vom 26. April 2023 wies der Senat die Beschwerdeführerin darauf hin, dass die Beschwerde verfristet sein dürfte. Hierauf erwiderte die Beschwerdeführerin, die Beschwerde innerhalb der in der Rechtsbehelfsbelehrung genannten Frist von einem Monat eingelegt zu haben.
II. Die gemäß § 57 Satz 2 Nr. 1 FamFG in Verbindung mit §§ 58 ff. FamFG statthafte Beschwerde war gemäß § 68 Abs. 2 S. 2 FamFG als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht innerhalb der gesetzlichen Beschwerdefrist eingelegt wurde.
Das Amtsgericht hat in dem vorliegenden einstweiligen Anordnungsverfahren in einer Katalogsache des § 57 Satz 2 FamFG sowohl in der Sache als auch über die Kosten entschieden, so dass die getroffene Endentscheidung nach § 57 Satz 2 FamFG anfechtbar ist. Im Verfahren der einstweiligen Anordnung richtet sich die Anfechtbarkeit von Entscheidungen nach § 57 FamFG als lex specialis (Dürbeck, in: Prütting/Helms, FamFG, § 57 Rn. 18). Entscheidungen in einstweiligen Anordnungsverfahren in Familiensachen sind nach § 57 S. 1 FamFG grundsätzlich unanfechtbar, was au...