Leitsatz (amtlich)

Zur internen Teilung von Anrechten der privaten Altersvorsorge bei der Proxalto Lebensversicherung AG.

Eine gleichwertige Teilhabe des ausgleichsberechtigten Ehegatten ist nur gewährleistet, wenn auf dessen Anrecht die für das auszugleichende Anrecht geltenden Rechnungsgrundlagen Anwendung finden.

Ein neues Anrecht wird dabei nur insoweit begründet, als das bestehende Anrecht - gekürzt um etwaige Teilungskosten - hälftig einem neuen Bezugsberechtigten zugeordnet wird und eine Einschränkung des Risikoschutzes gestattet wird.

 

Normenkette

VersAusglG §§ 10-11

 

Verfahrensgang

AG Gelnhausen (Aktenzeichen 62 F 618/18)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird im Ausspruch zum Versorgungsausgleich um folgenden, vor der Zeile "Im Übrigen findet ein Versorgungsausgleich nicht statt." einzufügenden Einschub ergänzt:

"Zu Lasten des Anrechts der Antragsgegnerin bei dem Versorgungsträger Proxalto Lebensversicherung AG (Versicherungsnummer ...) wird im Wege der internen Teilung zu Gunsten des Antragstellers ein Anrecht in Höhe von 28.901,70 Euro, bezogen auf den 30.6.2018, übertragen. Auf die Übertragung finden die Bestimmungen der Teilungsordnung der Proxalto Lebensversicherung AG in der Fassung vom 5.4.2019 mit der Maßgabe Anwendung, dass an Stelle der aktuellen Rechnungsgrundlagen die Rechnungsgrundlagen des auszugleichenden Anrechts der Antragsgegnerin auch auf das auf den Antragsteller zu übertragende Anrecht Anwendung finden."

Hinsichtlich der Kosten des ersten Rechtszugs bleibt es bei der Kostenentscheidung im angefochtenen Beschluss. Für den zweiten Rechtszug wird von der Erhebung von Gerichtskosten für die vorliegende Entscheidung über die nach Rücknahme der Beschwerden im Übrigen verbleibende Beschwerde des Antragstellers abgesehen. Die verbleibenden, aus einem zusätzlichen Verfahrenswert von 99.000,- Euro zu ermittelnden und der Gebührenermäßigung nach Ziffer 1122 KV FamGKG unterliegenden Gerichtskosten werden der Antragsgegnerin zu 9/10 und dem Antragsteller zu 1/10 auferlegt. Von der Anordnung einer Kostenerstattung der Beteiligten untereinander wird auch für den zweiten Rechtszug abgesehen.

Der Verfahrenswert wird für den zweiten Rechtszug festgesetzt auf 108.000,- Euro bis zur Rücknahme der Beschwerde der Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 1.6.2022 und auf 9.000,- Euro ab diesem Zeitpunkt.

 

Gründe

I. Mit dem angefochtenen Beschluss schied das Familiengericht auf den am 28.7.2018 zugestellten Scheidungsantrag hin die am 29.12.1980 geschlossene Ehe der Beteiligten und führte den Versorgungsausgleich durch. Dabei ordnete es die interne Teilung von insgesamt elf Anrechten der geschiedenen Ehegatten an und stellte im Übrigen fest, dass ein Ausgleich des Anrechts der Antragsgegnerin in der gesetzlichen Rentenversicherung wegen einer entgegenstehenden Vereinbarung der geschiedenen Ehegatten nicht stattfindet. Ein Anrecht der Antragsgegnerin aus einer privaten Altersversorgung bei der Proxalto Lebensversicherung AG mit einem Ehezeitanteil von 58.303,40 Euro als Kapitalwert und einem vorgeschlagenen Ausgleichswert von 28.901,70 Euro übersah das Familiengericht bei seiner Entscheidung.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss und die vom Familiengericht eingeholte Auskunft der Proxalto Lebensversicherung AG vom 3.12.2020, Bl. 203 ff. der Unterakte VA, Bezug genommen.

Mit seiner am 27.5.2021 beim Amtsgericht eingegangenen Beschwerde gegen den ihm am 16.5.2021 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller sich zunächst gegen den unterbliebenen Ausgleich des Anrechts der Antragsgegnerin bei der Proxalto Lebensversicherung AG sowie gegen die unterbliebene Verrechnung der beiderseitigen Anrechte beim Versorgungswerk der Landesärztekammer Hessen gewendet. Hinsichtlich der Anrechte beim Versorgungswerk hat er die Beschwerde mit Schriftsatz vom 25.6.2021 zurückgenommen.

Die Antragsgegnerin hat sich mit ihrer am 11.6.2021 beim Amtsgericht eingegangenen Beschwerde gegen den ihr am 12.5.2021 zugestellten Beschluss unter Berufung auf eine damit für sie verbundene grobe Unbilligkeit zunächst gegen die Durchführung des Versorgungsausgleichs insgesamt gewandt. Sie hat ihre Beschwerde mit Schriftsatz vom 1.6.2022 unmittelbar vor dem am 2.6.2022 erfolgten Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs der geschiedenen Ehegatten über die Auseinandersetzung ihres Vermögens zurückgenommen.

Die Proxalto Lebensversicherung AG ist darauf hingewiesen worden, dass ihre Teilungsordnung vom 5.4.2019 Bedenken insoweit begegnet, als danach auf das übertragene Anrecht des ausgleichsberechtigten Ehegatten die aktuellen Rechnungsgrundlagen statt der für das auszugleichende Anrecht geltenden Rechnungsgrundlagen Anwendung finden. Sie hat mit Schreiben vom 16.6.2022 mitgeteilt, dass im Falle einer dahingehenden gerichtlichen Anordnung, dass die für das auszugleichende Anrecht geltenden Rechnungsgrundlagen auch auf das übertragene Anrecht Anwendung finden, eine Nachberechnung im Leistungsfall erfolgt. Sie hat außerdem bestätigt,...

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