Leitsatz (amtlich)

Die nach § 11 Abs. 1 S. 1 VersAusglG gebotene gleichwertige Teilhabe beider Ehegatten an den auszugleichenden Anrechten gebietet es, dass auf ein im Wege der internen Teilung zu begründendes Anrecht des Ausgleichsberechtigten die für das Anrecht des Ausgleichspflichtigen geltenden Rechnungsgrundlagen (Rechnungszins, Sterbe- bzw. Richttafeln, Kosten) Anwendung finden. Dies gilt auch dann, wenn es sich bei dem auszugleichenden Anrecht um ein geschlechtsspezifisch kalkuliertes Anrecht handelt. Dadurch ist gewährleistet, dass die interne Teilung für den Versorgungsträger - nach Abzug der Teilungskosten - aufwandsneutral erfolgen kann (Anschluss an OLG Nürnberg, FamRZ 2019, 876, und OLG Frankfurt, Beschluss vom 22.8.2019 - 4 UF 86/17).

Enthält die Teilungsordnung eines Versorgungsträgers wörtlich oder sinngemäß eine dahingehende Regelung, dass auf das Anrecht der ausgleichsberechtigten Person "die aktuellen Rechnungsgrundlagen" oder ein aktueller Tarif anwendbar sind, ist vom Familiengericht durch geeignete Anordnungen zu gewährleisten, dass dem Gebot der gleichwertigen Teilhabe genügt wird.

Dies gilt auch, soweit die Teilungsordnung keine Teilhabe des Ausgleichsberechtigten an der Wertentwicklung des auszugleichenden Anrechts im Zeitraum zwischen dem Ende der Ehezeit und dem Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich vorsieht. Insoweit ist im Falle eines versicherungsförmigen Anrechts durch geeignete Anordnungen sicherzustellen, dass dem Ausgleichsberechtigten die für diesen Zeitraum gutgeschriebene Überschussbeteiligung in gleichem Maße zugutekommt wie dem Ausgleichspflichtigen.

 

Normenkette

AGG § 19 Abs. 1, § 33 Abs. 5; VersAusglG §§ 10-11

 

Verfahrensgang

AG Alsfeld (Aktenzeichen 22 F 468/16)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird im Ausspruch zum Wertausgleich der Anrechte der Antragstellerin und des Antragsgegners bei der G. Lebensversicherung AG (dritter und fünfter Absatz des Beschlusstenors) abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei der G. Lebensversicherung AG (Vers. Nr.) zugunsten der Antragstellerin ein Anrecht mit einem auf den 31.8.2016 bezogenen Ausgleichswert von 6.886,13 Euro (Bezugsgröße Deckungskapital) und 4.037,43 Euro (Bezugsgröße Fondsvermögen) übertragen. Auf die Übertragung finden die Bestimmungen der Teilungsordnung der G. Lebensversicherung AG in der Fassung vom 19.2.2010 mit folgenden Maßgaben Anwendung:

Auf das im Wege der internen Teilung zu begründende Anrecht der Antragstellerin finden statt der aktuellen Rechnungsgrundlagen die für das auszugleichende Anrecht gültigen Rechnungsgrundlagen Anwendung.

Der auf die Bezugsgröße Deckungskapital entfallende Ausgleichswert ist für den Zeitraum zwischen dem 1.9.2016 und dem Eintritt der Rechtskraft der vorliegenden Entscheidung mit dem sich aus den vorgenannten Rechnungsgrundlagen ergebenden Rechnungszins aufzuzinsen, d.h. ihm ist im genannten Zeitraum die auf ihn entfallende Überschussbeteiligung, die sich mindestens auf die Höhe der zugesagten Garantieverzinsung beläuft, gutzuschreiben.

Ein Wertausgleich des Anrechts der Antragstellerin bei der G. Lebensversicherung AG (Vers. Nr.) findet nicht statt.

Hinsichtlich der Kosten des ersten Rechtszugs bleibt es bei der Kostenentscheidung im angefochtenen Beschluss. Die Kosten des zweiten Rechtszugs werden ebenfalls gegeneinander aufgehoben.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Der Verfahrenswert wird für den zweiten Rechtszug festgesetzt auf 3.360,- Euro.

 

Gründe

I. Mit dem angefochtenen Beschluss schied das Amtsgericht auf den am 6.9.2016 zugestellten Scheidungsantrag hin die am 21.9.1989 geschlossene Ehe der Antragstellerin und des Antragsgegners und führte den Versorgungsausgleich durch. Dabei ordnete es die interne Teilung Anrechte beider Ehegatten aus privaten Altersrentenversicherungen bei der G. Lebensversicherung AG lediglich in Höhe des auf das konventionelle Deckungskapital dieser Anrechte entfallenden Ausgleichswerts, nicht jedoch in Höhe des auf die ehezeitlich erworbenen Fondsanteile entfallenden Ausgleichswerts an. Bei beiden Anrechten handelt es sich um sogenannte Hybridprodukte, die sich aus einem konventionellen Deckungskapital und einem fondsgebundenen Deckungskapital zusammensetzen. Auf die von der G. Lebensversicherung AG übersandten Auskünfte vom 23.11.2016 zur Höhe des Ehezeitanteils und zum vorgeschlagenen Ausgleichswert wird Bezug genommen, ebenso auf die übersandte Teilungsordnung in der Fassung vom 19.2.2010.

Mit ihrer am 11.12.2017 beim Amtsgericht eingegangenen Beschwerde gegen den ihr am 17.11.2017 zugestellten Beschluss macht die Antragstellerin den unterbliebenen Ausgleich des Fondsanteils des Anrechts des Antragsgegners bei der G. Lebensversicherung AG geltend.

Mit ihrem als Anschlussbeschwerde auszulegenden Schriftsatz vom 5.1.2018 begehrt die G. Lebensversicherung AG darüber hinaus auch den unterbliebenen Ausgleich des Fondsanteils des bei ihr bestehenden...

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