Entscheidungsstichwort (Thema)
Ehescheidung
Leitsatz (redaktionell)
Zum Antrag auf Ehescheidung durch den Betreuer
Normenkette
BGB § 1933
Verfahrensgang
LG Darmstadt (Beschluss vom 07.08.2001; Aktenzeichen 5 T 1049/2000) |
AG Groß-Gerau (Aktenzeichen 41 VI P 23/00) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Prüfung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen, das auch über die Kosten Verfahrens der weiteren Beschwerde zu befinden haben wird.
Gründe
Die Erblasserin war in dritter Ehe mit dem Beteiligten zu 2) verheiratet. Aus den ersten beiden Ehen sind der Beteiligte zu 1) und die Beteiligten zu 3) und 4) hervorgegangen. Im Jahr 1989 wurden die Erblasserin und der Beteiligte zu 2) bei einem Motorradunfall schwer verletzt. Die Erblasserin erlitt schwerste Kopfverletzungen und verfiel in ein Wachkoma, das bis zu ihrem Tod am 2. Juni 2000 andauerte. Bis etwa Mitte des Jahres 1999 war der Beteiligte zu 2) Betreuer der Erblasserin, danach ist diese Aufgabe dem Vater der Erblasserin übertragen worden. Dieser erwirkte beim Vormundschaftsgericht die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung zur Beantragung der Ehescheidung und reichte am 25.10.1999 beim Familiengericht für die Erblasserin einen Scheidungsantrag ein, dem der Beteiligte zu 2) jedoch widersprach. Eine Entscheidung des Familiengerichts ist nicht ergangen.
Das Amtsgericht hat angekündigt, einen Erbschein zu erlassen, der den Beteiligten zu 2) als Miterben zur Hälfte und die drei Kinder als Miterben zu je 1/6 ausweist. Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1) hat das Landgericht diesen Beschluss aufgehoben, da es der Ansicht war, der Scheidungsantrag sei begründet gewesen und der Beteiligte zu 2) deswegen nicht Erbe geworden.
Die dagegen gerichtete weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2) ist zulässig (§§ 27, 29 I, IV, 20, 21 FGG). Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht (§§ 27 FGG, 546 ZPO).
Nach § 1933 BGB ist das Erbrecht des überlebenden Ehegatten ausgeschlossen, wenn zur Zeit des Todes des Erblassers die Voraussetzungen für die Scheidung einer Ehe gegeben waren und der Erblasser die Scheidung der Ehe beantragt oder ihr zugestimmt hat. Dabei sind die Voraussetzungen für die Scheidung der Ehe nach Maßgabe der §§ 1565 ff BGB bezogen auf den Zeitpunkt des Erbfalls zu prüfen (BGH, FamRZ 1995, 229 ff).
Vorliegend kommt es nicht darauf an, ob das Vermögen der Erblasserin nur in der Ehezeit erworben worden sein sollte, wie der Beteiligte zu 2) vorbringt. Der Beteiligte zu 2) hätte dann zwar möglicherweise einen Zugewinnausgleichsanspruch in Höhe der Hälfte des Zugewinns, was wirtschaftlich dem von ihm erstrebten hälftigen Anteil am Nachlass gleichstehen könnte (§ 1371 II BGB; vgl. Palandt-Brudermüller (2002), § 1371 BGB Rn 12). Gleichwohl wäre seine Stellung als Miterbe am Gesamtnachlass stärker, so dass ihm ein Rechtsschutzbedürfnis an der begehrten Rechtsverfolgung nicht abgesprochen werden kann.
Das Landgericht ist stillschweigend offenbar davon ausgegangen, dass der Scheidungsantrag wirksam erhoben worden ist. Dies ist im Ergebnis auch zutreffend, denn aus der Scheidungsakte ergibt sich, dass das Vormundschaftsgericht dem Betreuer die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung für die Einreichung des Scheidungsantrags am 15.09.1999 erteilt hat und dem Beteiligten zu 2) die von dem Prozessbevollmächtigten der Erblasserin eingereichte Antragschrift am 03.11.1999 zugestellt worden ist. Mithin sind die formellen Voraussetzungen (§§ 607, 608, 622, 253, 261 ZPO) erfüllt.
Das Landgericht hat weiter ausgeführt, die Ehe der Erblasserin mit dem Beteiligten zu 2) sei gescheitert gewesen (§ 1565 Abs. 1 BGB). Dies ergebe sich unabhängig von dem Vermutungstatbestand des § 1566 Abs. 2 BGB aus dem feststehenden Sachverhalt. Auf die eheliche Gesinnung des Beteiligten zu 2) komme es nicht an, weil die einseitige Zerrüttung auf Seiten der Erblasserin deren Scheidungsantrag rechtfertige. Das Landgericht hat dann die Ansicht vertreten, dass die Eheleute am 02.06.2000 schon länger als drei Jahre getrennt gelebt hätten. Das Landgericht ist dabei zunächst davon ausgegangen, dass die Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft der Ehegatten infolge des Unfalls und der dauerhaften Unterbringung der Erblasserin in einem Pflegeheim noch nicht zu einem Getrenntleben im Sinne des § 1567 I BGB geführt habe, da sich in solchen Fällen die eheliche Lebensgemeinschaft noch durch Besuchskontakte verwirklichen könne (BGH, NJW 1989, 1988 ff = FamRZ 1989, 479 ff). Die häusliche Trennung bewirke nämlich erst dann ein Getrenntleben im Rechtssinn, wenn ein Ehegatte erkennbar den Willen äußere, die noch rudimentär verwirklichte Lebensgemeinschaft aufzugeben. Das Landgericht hat hierzu unter Berufung auf die eben zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshof weiter ausgeführt, dem stehe im Ergebnis gleich, wenn ein Ehegatte wegen erheblicher Fehlfunktionen seines Gehirns einen Willen zur Fortsetzung oder Au...