Entscheidungsstichwort (Thema)
Wert des Verfahrensgegenstandes im Vergabenachprüfungsverfahren
Leitsatz (amtlich)
Wenn eine Konzeptvergabe auf den Abschluss eines Erbbaurechtsvertrags über ein kommerziell genutztes Gebäude (hier: historisches Gebäude zum Betrieb einer Markthalle) zielt und das Erbbaurecht mit der Zahlung des Erbbauzinses adäquat abgegolten wird, so kann der Wert eines auf Nachprüfung des Konzeptvergabeverfahrens gezielten Antrags allein nach den von der Vergabestelle festgelegten Erbbauzinsen bestimmt werden. Es ist nicht angezeigt, den vom Antragsteller prospektierten Gewinn der langfristigen Vermietung der Markthalle zur Bemessung des Wertes des Vergabeverfahrens heranzuziehen.
Tenor
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der 2. Vergabekammer des Landes Hessen vom 29. Juni 2020 - unter Aufrechterhaltung im Übrigen - hinsichtlich der Entscheidung über die Höhe der Kosten (Ziff. 2 des Beschlusstenors) aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache an die Vergabekammer zur erneuten Prüfung und Festsetzung der Gebühren und Auslagen unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats zurückverwiesen.
Die Entscheidung ergeht gebührenfrei.
Außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.
Gründe
I. Die Antragstellerin ist Betreiberin der Markthalle in Stadt1. Diese befindet sich im historischen Gebäude des "Marstalls", das im Eigentum der Antragsgegnerin steht.
Die Antragsgegnerin hat eine Konzeptvergabe durchgeführt, mit der sie einen Investor gesucht hat, der den "Marstall Stadt1" erhält, den Marktbetrieb weiterführt und ausbaut. An dem Grundstück soll ein Erbbaurecht bestellt und das Gebäude soll durch einen Erbbaurechtsvertrag auf den Investor übertragen werden.
Im Mai 2019 veröffentlichte die Antragsgegnerin im Amtsblatt der Stadt1 und in ihrem elektronischen Stadtportal die Kriterien für die Erbbaurechtsbestellung (Anlage BF 3). Dort werden unter anderem Ausführungen zu den künftigen Nutzungsoptionen des Gebäudes, der Außenflächen und möglicher baulicher Ergänzungen sowie zu den Eckpunkten des zukünftigen Erbbaurechtes und des Konzeptvergabeverfahrens niedergelegt. Der Zweck des Erbbaurechtes soll aufgrund des eingereichten Nutzungskonzeptes definiert und im Erbbaurechtsvertrag festgeschrieben werden. Es soll sowohl ein dinglich zu sichernder als auch ein schuldrechtlicher Erbbauzins vereinbart werden. Das Erbbaurecht soll über 60 Jahre laufen; abhängig vom Nutzungskonzept soll auch eine kürzere oder längere Laufzeit möglich sein.
Die Antragstellerin legte einen "Businessplan Markthalle Stadt1" vor, der eine Wirtschaftlichkeits- und Budgetplanung für einen Zeitraum von 26 Jahren beinhaltet (Anlage BF 2).
Das Auswahlgremium der Antragsgegnerin wählte das Konzept eines Mitbewerbers aus. In der Folge nahm der Magistrat der Antragsgegnerin mit Zustimmung der Stadtverordnetenversammlung Verhandlungen mit diesem Bewerber auf, um eine entsprechende Vereinbarung zur Einräumung des Erbbaurechtes abschließen zu können.
Die Antragstellerin leitete daraufhin ein Nachprüfungsverfahren ein, mit dem sie die Antragsgegnerin verpflichten wollte, das Vergabeverfahren nach den Bestimmungen des GWB und der Konzessionsvergabeverordnung durchzuführen.
Die Vergabekammer hat den Nachprüfungsantrag abgelehnt. Sie hat zur Begründung ausgeführt, es liege hier weder eine Dienstleistungskonzession noch ein Dienstleistungsauftrag vor. Die Bestellung des Erbbaurechtes sei keine Gegenleistung für eine in Gestalt des Betriebs der Markthalle nach den Vorgaben der Antragsgegnerin zu erbringende Dienstleistung. Vielmehr liege die äquivalente und damit auch synallagmatische Gegenleistung für die Bestellung des Erbbaurechtes in der Zahlung des dafür vorgesehenen Erbbauzinses. Der dem Verfügungsgeschäft zugrundeliegende schuldrechtliche Vertrag ähnele einem Grundstückskaufvertrag, nur mit dem Unterschied, dass der "Konzeptgewinner" statt des Kaufpreises einen jährlich zu zahlenden Erbbauzins schulde und lediglich das Gebäude "veräußert" werde. Ein solches Geschäft sei nicht als "Beschaffung" anzusehen und unterfalle daher nicht den Vorschriften des Kartellvergaberechts.
Die Vergabekammer hat für das Nachprüfungsverfahren eine Gebühr in Höhe von 15.000 EUR festgesetzt, die der Antragstellerin auferlegt wurde. Ebenfalls ist der Antragstellerin aufgegeben worden, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Antragsgegnerin zu übernehmen. Wegen der Gebührenfestsetzung hat sich die Vergabekammer an dem Bruttoangebotswert orientiert, und sich dabei an der Ertragsplanung der Antragstellerin in ihrem Businessplan über eine Laufzeit von 25 Jahren ausgerichtet (Ziffer 9.1 in Anlage BF 2, Bl. 73,77 d. A.). Die auf dieser Grundlage nach der Gebührentabelle der Vergabekammern des Bundes ermittelte Gebühr von 28.975 EUR ist auf den o.g. Betrag reduziert worden, weil lediglich die Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags geprüft wurde.
Die Antragstellerin ha...