Leitsatz (amtlich)

Wird die Berufung gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen und verliert eine Anschlussberufung damit ihre Wirkung, hat der Berufungsführer grundsätzlich auch die Kosten der (zulässigen) Anschlussberufung zu tragen.

 

Normenkette

ZPO §§ 97, 516 Abs. 1, § 522 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 20.03.2006; Aktenzeichen 2-26 O 264/05)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 20.3.2006 verkündete Urteil der 26. Zivilkammer des LG Frankfurt/M. wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

 

Gründe

Die Berufung des Klägers war durch einstimmigen Senatsbeschluss zurückzuweisen, denn der Senat ist davon überzeugt, dass die Berufung aus den in der Verfügung des Senats vom 17.7.2006 (Bl. 136 f. d.A.) dargelegten Gründen keine Aussicht auf Erfolg hat, wie auch die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Durchführung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert (§ 522 Abs. 2 ZPO).

Zu dem Hinweis des Senats hat der Kläger nicht Stellung genommen. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Diese Kostentragungspflicht des Klägers umfasst auch die Kosten der Anschlussberufung des Beklagten.

Die Frage, wer die Kosten der Anschlussberufung zu tragen hat, wenn die Berufung durch Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen wird und die Anschlussberufung dadurch gem. § 524 Abs. 4 ZPO ihre Wirkung verliert, ist in der ZPO nicht geregelt und wird in der obergerichtlichen Rechtsprechung (und im Schrifttum) unterschiedlich beantwortet (vgl. für die Rspr. OLG Celle v. 27.1.2004 - 16 U 158/03, MDR 2004, 592; OLG Hamburg v. 3.4.2003 - 1 U 144/02, OLGReport Hamburg 2003, 324 = MDR 2003, 1251; OLG Köln v. 23.8.2004 - 11 U 196/03, OLGReport Köln 2004, 397 f.; OLG Frankfurt v. 26.1.2004 - 23 U 165/03, OLGReport Frankfurt 2004, 288 f. - Kostenteilung; OLG Dresden BauR 2003, 1431; OLG Celle v. 16.10.2002 - 2 U 110/02, OLGReport Celle 2003, 218 = NJW 2003, 2755 [2756]; OLG München v. 27.7.2004 - 17 U 2042/04, OLGReport München 2004, 456 (Kostentragungspflicht des Berufungsklägers).

Der Senat schließt sich der Auffassung an, die im Grundsatz eine Anwendung des § 97 ZPO (i.V.m. § 516 Abs. 3 Satz 1 ZPO) befürwortet. Dafür spricht, dass sich die prozessuale Situation des Anschlussberufungsführers im Falle einer Zurückweisung der Berufung durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO nicht anders darstellt als im Falle der Rücknahme der Berufung nach vorangegangenem Hinweis des Berufungsgerichts nach § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO. Für letzteren Fall hat der BGH (BGH MDR 2006, 586) klargestellt, dass der Grundsatz, wonach gem. § 516 Abs. 3 Satz 1 ZPO einem Berufungskläger in der Regel auch die Kosten einer zulässig erhobenen Anschlussberufung aufzuerlegen sind, wenn diese ihre Wirkung durch Rücknahme der Berufung verliert (so BGH v. 26.1.2005 - XII ZB 163/04, MDR 2005, 704 = BGHReport 2005, 747 = NJW-RR 2005, 727 [728]), auch dann gilt, wenn der Berufung ein gerichtlicher Hinweis nach § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO vorausgegangen ist. Dieser Grundsatz wird damit begründet, dass die Kosten einer Anschlussberufung dem Anschlussberufungskläger nicht auferlegt werden können, wenn diese durch die im Belieben des Berufungsklägers stehende Berufungsrücknahme ohne gerichtliche Sachentscheidung hinfällig wird. Im Falle einer Zurückweisung der Berufung durch das Berufungsgericht gilt von der Interessenlage her nichts anderes. Auch insoweit ist der Anschlussberufungskläger in seinem Bestreben, über den Gegenstand der Anschlussberufung eine Sachentscheidung herbeizuführen, davon abhängig, wie sich der Berufungskläger verhält. So ist etwa die Entscheidung des Berufungsklägers, sich - wie vorliegend - gegen die im Hinweis des Berufungsgerichts enthaltene Absicht der Berufungszurückweisung nicht zur Wehr zu setzen, mithin keine Stellungnahme abzugeben und einen Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO ergehen zu lassen, eine ebenso beliebige Entscheidung wie eine Berufungsrücknahme. Für den Anschlussberufungskläger ändert sich nichts. Er ist auch insoweit von der Entscheidung des Berufungsklägers abhängig und kann eine Sachentscheidung des Berufungsgerichts, das im Falle des § 522 Abs. 2 ZPO nur über die Berufung entscheidet, nicht selbst herbeiführen. Jedenfalls in dieser Situation wäre es nicht sachgerecht, einem Anschlussberufungskläger die Kosten seiner Anschlussberufung aufzuerlegen. Etwas anderes dürfte im Übrigen auch dann nicht gelten, wenn der Berufungskläger nach vorangegangenem gerichtlichen Hinweis nach § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO von seiner Stellungnahmemöglichkeit (mit mehr oder weniger substantieller Begründung) Gebrauch macht. Dafür sprechen neben Gerechtigkeitsüberlegungen auch die aus dem Gesichtspunkt der Ressourcenknappheit der Justiz motivierten Erwägungen des OLG Celle v. 16.10.2002 - 2 U 110/02, OLGReport Celle 2003, 218 = NJW 2003, 2755 [2756], wonach der "uneinsichtige" Rechtsmittelführer, der dem Hinweis des Berufungsgerichts zu § 522 Abs. 2 ZPO nicht...

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