Entscheidungsstichwort (Thema)
Zu den Voraussetzungen einer Verwirkung des Vergütungsanspruchs eines Nachlasspflegers
Leitsatz (amtlich)
Die Verwirkung des Vergütungsanspruchs eines Nachlasspflegers kann nicht nur in dem Fällen gegeben sein, wenn die Erfüllung von Straftatbeständen bejaht werden kann. Es kommt darauf an, ob gewichtige, vorsätzliche oder mindestens leichtfertige Verstöße gegen die Treue- und Sorgfaltspflichten eines Nachlasspflegers gegenüber den (potentiellen) Erben ohne Weiteres festgestellt werden können.
Normenkette
BGB § 1960
Verfahrensgang
AG Wiesbaden (Entscheidung vom 17.05.2016; Aktenzeichen 411 VI 2214/14) |
Tenor
Auf die Beschwerde wird der angefochtene Beschluss des Nachlassgerichts vom 17.05.2016 insoweit abgeändert, als dem Antragsteller als Nachlasspfleger für seine Tätigkeit vom 11.10.2013 bis zum 30.12.2014 eine Vergütung i.H.v. 9.500,00 EUR einschließlich Mehrwertsteuer bewilligt worden ist.
Der Antrag des Antragstellers vom 01.08.2015 in der Fassung dieses Antrages vom 27.10.2015 auf nachlassgerichtliche Festsetzung einer Gesamtvergütung für seine Tätigkeit als Nachlasspfleger vom 11.10.2013 bis zum 30.12.2014 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens und die gegebenenfalls im Vergütungsfestsetzungsverfahren vor dem Nachlassgericht entstandenen Auslagen.
Das Vergütungsfestsetzungsverfahren vor dem Nachlassgericht ist gerichtsgebührenfrei.
Der Antragsteller hat die den Beschwerdeführern im Vergütungsfestsetzungsverfahren vor dem Nachlassgericht und im Verfahren der Beschwerde vor dem Senat entstandenen notwendigen Aufwendungen zu erstatten.
Die Geschäftswerte für das Vergütungsfestsetzungsverfahren vor dem Nachlassgericht und für das Verfahren der Beschwerde vor dem Senat werden auf jeweils 9.500,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Für den Nachlass der Erblasserin ist mit Beschluss des Nachlassgerichts vom 11.10.2013 (Bd. I, Bl. 28 ff) gemäß § 1960 BGB Nachlasspflegschaft angeordnet und der Antragsteller mit den Wirkungskreisen der Erbenermittlung und der Sicherung und Verwaltung des Nachlasses zum Nachlasspfleger bestellt worden. Neben der Feststellung, dass der Nachlasspfleger die Nachlasspflegschaft berufsmäßig führt, ist in dem Anordnungsbeschluss weiterhin bestimmt: "Dem Nachlasspfleger wird Fristverlängerung für den Vergütungsantrag bis zum Abschluss des Verfahrens gewährt."
Der Nachlass der Erblasserin hat sich als vermögend herausgestellt, insbesondere befand sich im Nachlass ein Hausgrundstück.
Nach Erbscheinserteilung hat der Antragsteller zunächst mit Schreiben an das Nachlassgericht vom 01.08.2015 (Bd. II, Bl. 302 ff der Akte) die Festsetzung einer Pauschalvergütung gegen die Erbengemeinschaft i.H.v. 7.983,19 EUR zzgl. 19 % Mehrwertsteuer, insgesamt 9.500,00 EUR beantragt. An diesem Antrag hat er in seinem Schreiben an das Nachlassgericht vom 27.10.2015 unter nunmehriger Übersendung einer zu Grunde liegenden Tätigkeitszeitaufstellung, die den Zeitraum 11.10.2013 bis 30.12.2014 umfasst, festgehalten.
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 17.05.2016 (Bd. III Bl. 552 f d.A.) hat das Nachlassgericht die Vergütung für den Antragsteller antragsgemäß bewilligt.
Gegen diesen Beschluss wendet sich die am 06.07.2016 bei dem Nachlassgericht eingegangene und an dieses gerichtete Beschwerde vom selben Tag (Bd. III, Bl. 559 ff d.A.), der das Nachlassgericht mit Beschluss vom 09.11.2016 unter Vorlage der Beschwerde an das Oberlandesgericht Frankfurt am Main nicht abgeholfen hat (Bd. III, Bl. 592 d.A.).
Zwischen Antragsteller und Beschwerdeführern ist im Wesentlichen streitig, ob die von dem Antragsteller geltend gemachten Vergütungsansprüche verwirkt sind. Auf den umfänglichen zur Akte gereichten Sachvortrag der Beteiligten wird verwiesen.
II. A) Die Beschwerde ist nach § 58 FamFG statthaft und im Übrigen zulässig, insbesondere gemäß §§ 63, 64 FamFG frist- und formgemäß eingelegt worden.
Die Fristmäßigkeit der Beschwerde ergibt sich schon daraus, dass die einmonatige Beschwerdefrist des § 63 Abs. 1 FamFG nicht in Lauf gesetzt wurde, da das Nachlassgericht eine schriftliche Bekanntgabe des Vergütungsbeschlusses nach §§ 63 Abs. 3 S. 1, 15 Abs. 1 und Abs. 2 FamFG nicht bewirkt hat.
Die Beschwerdeführer sind als durch Erbschein des Nachlassgerichts vom 24.07.2015 (Bd. II, Bl. 288 ff der Akte) ausgewiesene Erben der Erblasserin durch den angefochtenen Vergütungsbeschluss mit einer Zahlungsverpflichtung beschwert und somit in ihren Rechten beeinträchtigt und damit beschwerdebefugt (§ 59 Abs. 1 FamFG).
Soweit die Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers die Auffassung vertritt, die Beschwerde sei alleine schon deswegen zurückzuweisen, weil eine ordnungsgemäße Bevollmächtigung des Verfahrensbevollmächtigten der Beschwerdeführer nicht vorliege, mithin der angefochtene Beschluss des Nachlassgerichts rechtskräftig geworden sei, trifft dies nicht zu.
Die dem Verfahrensbevollmächtigten der Beschwerdeführer von der Miterbin Streit, der Beteiligten zu 1, am 14.08.2014 ...