Entscheidungsstichwort (Thema)

Testierfähigkeit

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein Sachverständigengutachten kann nur dann eine brauchbare Grundlage für eine abschließende Überzeugungsbildung des Gerichts sein, wenn in die Gesamtbeurteilung des Sachverständigen auch die Aussagen der vernommenen Zeugen Eingang gefunden haben.

2. Aus der Testierfähigkeit folgt, dass ein Erblasser seine letztwilligen Verfügungen nicht durch eine vernünftige und von Dritten nachvollziehbare Gründe rechtfertigen muss.

 

Normenkette

FGG § 12; BGB § 2229 Abs. 4, § 2358 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 12.04.1995; Aktenzeichen 2/9 T 101/94)

AG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 51 VI S 47/93)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Prüfung und Entscheidung, auch über die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde, an das Landgericht zurückverwiesen.

Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde beträgt 1.803.912,– DM.

 

Gründe

Die Erblasserin verstarb am 13.4.1993 im Alter von 82 Jahren im … in … Aus der im Jahre 1934 mit ihrem 1983 im Alter von 72 Jahren verstorbenen Ehemann, dem Maler- und Weißbindermeister… … geschlossenen Ehe ist ein Sohn hervorgegangen, der als Kind im Jahre 1941 vorverstorben ist. Sie hatte zwei Schwestern, … und … …, sowie einen Bruder, … Alle drei Geschwister sind ebenfalls vorverstorben. Die Beteiligten zu 2) und 3) sind Töchter ihrer …. Die Beteiligte zu 6) ist die Ehefrau des am 19.11.1993 nachverstorbenen … ihrer Schwester …. Ihr Bruder … soll eine Tochter haben, deren Name den Beteiligten nicht bekannt ist und die deshalb an dem vorliegenden Verfahren nicht beteiligt worden ist.

Die Erblasserin und ihr Ehemann hatten durch notarielles gemeinschaftliches Testament vom 7.8.1969 sich ohne Bestimmung eines Schlußerben gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt. Das von ihnen betriebene Malergeschäft veräußerten sie im Jahre 1975. Nachdem der Ehemann der Erblasserin im August 1983 verstorben war, errichtete die Erblasserin am 26.10.1983 ein notarielles Testament (UR Nr. 95/83 des … … in dem sie die … … zu ihrer Alleinerbin einsetzte und vermächtnisweise einer Nichte ihres vorverstorbenen Ehemanns, Frau … … 0.000 DM und der … sowie dem … … je die Hälfte ihres restlichen beweglichen Vermögens zuwendete. Zu dem Vermögen der Erblasserin gehörten damals die sämtlich unbelasteten Mietshäuser … … (in dem die Erblasserin damals wohnte) und …

Durch das in der Wohnung der Erblasserin beurkundete notarielle Testament vom 28.1.1988 (UR Nr. 12/88 … … setzte die Erblasserin unter Aufhebung aller früheren letztwilligen Verfügungen der Steuerberater … ihrem Alleinerben ein, während sie vermächtnisweise Frau … … einen Betrag von 30.000 DM, den Eheleuten … – dem Beteiligten zu 5) und seiner inzwischen verstorbenen Ehefrau – … … ein lebenslanges entgeltliches Wohnrecht an ihrer Mietwohnung, den Eheleuten … – den Beteiligten zu 4) (Mietern im … ein lebenslanges entgeltliches Wohnrecht an ihrer Mietwohnung und Herrn … (dem Mieter einer der Erblasserin gehörenden Garage) ein lebenslanges entgeltliches Nutzungsrecht an der Garage zuwendete. Den Steuerberater … hatte die Erblasserin nach dem Tode ihres Ehemanns mit der Verwaltung ihrer drei Häuser beauftragt und ihm insoweit auch ihre Buchhaltung übertragen.

Am 16.2.1988 verstarb der Steuerberater … im Alter von 51 Jahren. Die Nachricht von seinem Tod überbrachte der Erblasserin die damals 34 Jahre alte Beteiligte zu 1), die bei dem Verstorbenen aushilfsweise beschäftigt war. In der Folgezeit entwickelte sich zwischen der Erblasserin und der Beteiligten zu 1), die von jener als „mein Kind” und „mein Schätzchen” bezeichnet wurde, ein herzliches Verhältnis. Schließlich übertrug die Erblasserin der Beteiligten zu 1) die Verwaltung ihrer Häuser.

Im Juni 1988 wurde die Erblasserin von ihrem … … wegen bei ihr auf getretener Schwindelgefühle und Merkfähigkeitsstörungen an den Nervenarzt … überwiesen. Letzterer veranlaßte am 29.6.1988 eine computertomographische Untersuchung des Gehirns der Erblasserin, die Schrumpfungsvorgänge über beiden Großhirnhälften besonders im Scheitelbereich zeigte, während, die Dichte der Hirnsubstanz im Normbereich lag bei einer regulären Abgrenzbarkeit von Mark und Rinde.

Durch einen von dem Notar … in der Wohnung der Erblasserin beurkundeten Vertrag übertrug die Erblasserin ihr Hausgrundstück … schenkungshalber auf die Beteiligte zu 1). Der Notar hatte damals keine Zweifel an der Geschäftsfähigkeit der Erblasserin, was er in einem Aktenvermerk vom 6.9.1988 schriftlich festhielt. Nachdem er am 14.12.1988 den maschinenschriftlichen Entwurf eines weiteren Testaments der Erblasserin mit dieser in ihrer Wohnung besprochen hatte, beurkundete er am 5.1.1989 wiederum in der Wohnung der Erblasserin deren weiteres Testament. Durch dieses Testament, in dessen Eingang es heißt, die Unterredung des Notars mit der Erblasserin habe ergeben, daß keine Bedenken gegen ihre Geschäfts- und Testierfähigkeit bestehen, w...

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