Leitsatz (amtlich)
Die tatsächlichen Veränderungen, die das Anrecht einer deckungskapitalfinanzierten Altersversorgung eines Beteiligten in der Zeit nach Ehezeitende u.a. durch die Rentenzahlungen aus dem ungekürzten Anrecht erfahren hat, sind in der Weise gem. § 5 Abs. 2 S. 2 VersAusglG zu berücksichtigen, dass als Bewertungsstichtag für die interne Teilung ein Zeitpunkt im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Entscheidung über den Versorgungsausgleich zu wählen ist.
Normenkette
VersAusglG § 5 Abs. 2 S. 2, §§ 19, 29
Verfahrensgang
AG Weilburg (Beschluss vom 23.10.2012; Aktenzeichen 21 F 1044/10) |
Tenor
Der Beschluss wird in seinem Tenor zu 3.) abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei der SV SparkassenVersicherung Lebensversicherung AG zugunsten der Antragstellerin ein Anrecht i.H.v. 9.389,84 EUR (Kapitalwert) nach Maßgabe der Ordnung für die interne Teilung von Lebensversicherungen aufgrund des Gesetzes zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs (Teilungsordnung) bei der SV SparkassenVersicherung Lebensversicherung AG mit Stand 1.3.2014, bezogen auf den 30.9.2014 übertragen.
Die SV SparkassenVersicherung Lebensversicherung AG wird verpflichtet, die sich seit dem 1.10.2014 bis zum Eintritt der Rechtskraft noch ergebenden Veränderungen des Deckungskapitals bei der Umsetzung dieser Entscheidung zu berücksichtigen. Abweichend zu den Regeln der Teilungsordnung ist Versicherungsbeginn des Anrechts der Antragstellerin der Erste des Monats, in dem die Entscheidung rechtskräftig wird.
Die Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren tragen die Beteiligten und die weitere Beteiligte zu 1.) zu gleichen Teilen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Der Beschwerdewert wird auf 1.000 EUR festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Familiengericht im aus dem Verbund abgetrennten Verfahren den Versorgungsausgleich zwischen den Beteiligten durchgeführt. Die Ehezeit dauerte vom 1.8.1973 bis zum 31.8.2002. Der Ehemann bezieht seit dem 1.5.2001 eine laufende Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Die zurzeit 61 Jahre alte Ehefrau ist ebenfalls Rentnerin.
Der Ehemann hat bei der weiteren Beteiligten zu 1.) ein Anrecht aus einer betrieblichen Altersversorgung in Form einer Pensionsversicherung (Direktversicherung) auf Rentenbasis erworben. Der Ehezeitanteil dieser Rente als Kapitalwert beträgt 20.303,14 EUR. Der Versorgungsträger hatte als Ausgleichswert 10.026,57 EUR vorgeschlagen und dabei Teilungskosten i.H.v. insgesamt 250 EUR berücksichtigt.
In der aktuellen Teilungsordnung der weiteren Beteiligten zu 1.) mit Stand 1.3.2014 heißt es im Hinblick auf die Umsetzung der internen Teilung unter Ziff. III. 2.):
Hat das Gericht als Ausgleichswert die zum Ende der Ehezeit ermittelten Werte zugrunde gelegt, so wird das Vertragsguthaben des Vertrags der ausgleichspflichtigen Person (...) - als Ausgleich für den auf Basis des ungeteilten Anrechts erfolgten zwischenzeitlichen Rentenbezug der ausgleichspflichtigen Person - zusätzlich um die Differenz zwischen den Renten aus dem ungeteilten und aus dem geteilten Anrecht für die Zeit zwischen Ehezeitende und Eintritt der Rechtskraft gemindert.
Falls die Summe aus Ausgleichswert, zu viel bezogenen Renten und anteiligen Kosten dem Vertragsguthaben entspricht oder dieses überschreitet, erlischt der Vertrag der ausgleichspflichtigen Person. Im Falle des Überschreitens verringert sich darüber hinaus der für die Begründung des Anrechts der ausgleichsberechtigten Person zur Verfügung stehende Ausgleichswert um den überschreitenden Betrag.
Das AG hatte den Versorgungsausgleich in der Weise durchgeführt, dass es im Wege der internen Teilung zu Lasten des Anrechts des Ehemannes bei der weiteren Beteiligten zu 1.) ein Anrecht i.H.v. 10.026,57 EUR zugunsten der Ehefrau nach Maßgabe der Teilungsordnung, bezogen auf den 31.8.2002 übertragen hat.
Hiergegen wendet sich die weitere Beteiligte zu 1.) mit ihrer Beschwerde. Sie beantragt, den Beschluss des Familiengerichts abzuändern und anzuordnen, dass das bei ihr bestehende Anrecht des Ehemannes im Wege des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs ausgeglichen wird. Sie macht geltend, der Ehemann beziehe bereits seit dem 1.5.2001, mithin seit einer Zeit vor Ende der Ehezeit eine Rente aus der bei ihr bestehenden Pensionsversicherung, und zwar eine ungekürzte Rente, da die Vorschrift des § 29 VersAusglG auf laufende Rentenleistungen nach h.M. nicht anzuwenden sei. Da auch die Vorschrift des § 35 VersAusglG vorliegend nicht anwendbar sei, führe nur ein schuldrechtlicher Ausgleich des Anrechts zu gerechten, wirtschaftlichen und praktikablen Ergebnissen. Jedenfalls dürfe nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Antragsgegner vom Ende der Ehezeit an bis zur Entscheidung über den Versorgungsausgleich eine Rente aus der Versicherung bezogen hat (und aktuell auch noch bezieht), die aus dem ungekürzten Deckungskapital berechnet wurde.
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