Entscheidungsstichwort (Thema)
Entschädigung für unrechtmäßige Verurteilung wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis
Leitsatz (amtlich)
Ist einem Verurteilten ein Entschädigungsbetrag zugesprochen worden, weil er aufgrund nachträglicher rückwirkender Erteilung einer Fahrerlaubnis zu Unrecht wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe verurteilt worden ist, die er durch gemeinnützige Arbeit abgearbeitet hat, so ist das Land berechtigt, gegen diese Entschädigungsforderung mit seiner Forderung wegen der Kosten eines anderen Strafverfahrens aufzurechnen, sofern die Entschädigungsforderung und die Forderung auf Erstattung der Kosten noch nicht verjährt war, als die Entschädigungsforderung entstand.
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 01.02.2016; Aktenzeichen 2-4 O 322/15) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss der 4. Zivilkammer des LG Frankfurt am Main vom 1.2.2016 in der Fassung des Nichtabhilfebeschlusses vom 29.3.2016 wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Der Antragsteller beantragt mit dem am 9.8.2015 gestellten Antrag Prozesskostenhilfe für eine Schadensersatz- bzw. Entschädigungsklage, mit der er den Ausgleich von Nachteilen geltend machen will, die er durch die Verurteilung wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe erlitten hat.
Durch das Urteil des AG O1 vom 6.2.2002 war der Antragsteller wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 15 EUR verurteilt worden. Der Antragsteller hat die Geldstrafe durch gemeinnützige Arbeit in der Zeit vom 20.8. bis 12.11.2004 abgeleistet.
Unter Berücksichtigung einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung, die festgestellt hat, dass dem Antragsteller seit dem 4.12.2000 eine französische Fahrerlaubnis erteilt war, hat die Fahrerlaubnisbehörde dem Antragsteller rückwirkend zum 4.12.2000 eine deutsche Fahrerlaubnis erteilt. Aufgrund dieser neuen Sachlage hat das LG O2 das dem Urteil des AG O1 zugrunde liegende Strafverfahren wieder aufgenommen. Das Urteil wurde für obsolet erklärt. Mit Beschluss vom 20.4.2015 hat das AG O2 festgestellt, dass der Antragsteller zu entschädigen ist, soweit er Zahlungen auf die im Urteil des AG O1 verhängte Geldstrafe geleistet hat.
Über den die Zahlungen auf die Geldstrafe betreffenden Entschädigungsantrag vom 7.12.2014, 5.5.2015 und 20.6.2015 hat die Generalstaatsanwaltschaft mit Bescheid vom 4.8.2015 entschieden und dem Antragsteller einen Entschädigungsbetrag von 900 EUR zugesprochen, weitere Entschädigung aber abgelehnt und gegen den Entschädigungsbetrag mit einer Kostenforderung des Landes aus dem Strafverfahren ... der Staatsanwaltschaft O3 aufgerechnet.
Der Antragsteller besteht auf Auszahlung des Betrags von 900 EUR und hält die Aufrechnung für unbegründet, weil die Kostenforderung verjährt sei, da sie zu keiner Zeit bei ihm eingefordert oder angemahnt worden sei. Er fordert zusätzlich Erstattung ihm entstandener Kosten für die Fahrten nach O4, wo er die gemeinnützige Arbeit abgeleistet hat, und für Arbeitskleidung (Schuhe, Handschuhe, Hosen und Jacken), insgesamt über 900 EUR sowie eine Kostenpauschale von 30 EUR und Fahrtkosten für eine Fahrt zum AG O2.
Das LG hat mit dem angefochtenen Beschluss den Antrag zurückgewiesen.
Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers, der das LG nicht abgeholfen hat.
II. Die sofortige Beschwerde ist nicht begründet. Das LG hat mit Recht die beantragte Prozesskostenhilfe versagt, weil die von dem Antragsteller beabsichtigte Klage gegen die Entscheidung der Generalstaatsanwaltschaft vom 4.8.2015 keine Erfolgsaussichten bietet.
Der zuerkannte Entschädigungsbetrag von 900 EUR ist nicht auszuzahlen, weil dieser Anspruch durch Aufrechnung erloschen ist. Entgegen der Ansicht des Antragstellers ist die Aufrechnung wirksam, weil die Kostenforderung im Jahr 2015, als die Entschädigungsforderung entstand, noch nicht verjährt war. Die Verjährungsfrist beträgt 4 Jahre und beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem das Verfahren durch rechtskräftige Entscheidung über die Kosten beendet ist. Die Fälligkeit der Kostenrechnung trat hier im Jahr 2010 ein. Verjährung könnte also nur eingetreten sein, wenn die Frist von 4 Jahren mit Ablauf des Jahres 2014 vollendet gewesen wäre. Das war aber nicht der Fall, denn die dem Antragsteller für die Geldstrafe eingeräumte Ratenzahlung erfasste zunächst auch die Kosten des Strafverfahrens, so dass bis zur Erledigung der Geldstrafe Anfang 2012 die Kosten noch gestundet waren. Erst nachdem im Jahr 2012 auf die Kosten keine Zahlungen erfolgten, endete die Stundung, so dass auch erst mit Ablauf des Jahres 2012 die Verjährung begann. Sie war somit im Jahr 2015 noch nicht vollendet. Auf die ausdrückliche Geltendmachung der Kostenforderung kommt es nicht an. Es mag sein, dass der Antragsteller nicht mehr ausdrücklich aufgefordert wurde, die Kosten zu bezahlen, denn die Forderung wurde Ende 2012 niedergeschlagen, weil bekannt wurde, dass der Antragsteller die eid...