Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuständigkeit des Rechtspflegers im Nachlassverfahren
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Zuständigkeit des Rechtspflegers in Nachlassverfahren im Fall eines Verfahrens von Amts wegen.
2. Zur Auslegung eines Einziehungsbeschlusses im Wege der einstweiligen Anordnung.
Normenkette
RpflG § 19; FamFG § 45
Verfahrensgang
AG Frankfurt am Main (Beschluss vom 03.09.2014; Aktenzeichen 51 VI 4780/12) |
Tenor
Auf Antrag der Beteiligten wird ihr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.
Die Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss des AG Frankfurt am Main vom 3.9.2014 wird zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Beschwerdeführerin. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu 230.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die zuletzt in O1 wohnhafte Erblasserin war mit dem am ... 2007 vorverstorbenen A verheiratet. Die Ehe blieb kinderlos. Die Eltern der Erblasserin sind vorverstorben. Sie hinterließen neben der Erblasserin keine weiteren Kinder. Entferntere Verwandte der Erblasserin sind B, C, D und E geb ..., wobei ergänzend auf Bl. 117 f. d.A. verwiesen wird.
Nach einer schweren Erkrankung ihres Mannes errichtete die Erblasserin am 7.12.1995 ein handschriftliches und vom Nachlassgericht eröffnetes Testament. Darin setzte sie ihren Ehemann zum Alleinerben ein. Für den Fall des Todes beider Eheleute bestimmte sie die Beteiligte zur Alleinerbin und verfügte ferner, dass keinesfalls die Verwandten ihrer Linie in den Besitz der Erbschaft kommen sollten, wobei ergänzend auf Bl. 148d. Testamentsakte Bezug genommen wird.
Am 27.3.2003 errichteten die Eheleute ein notarielles gemeinschaftliches und nunmehr vom AG ebenfalls eröffnetes Testament. Hierin heißt es wörtlich: "Nach ihren Angaben haben sie keinerlei letztwillige Verfügungen getroffen. Evtl. getroffene letztwillige Verfügungen werden hiermit widerrufen". Im Anschluss erklärten die Eheleute ihren letzten Willen, sich gegenseitig zu Alleinerben einzusetzen, wobei insoweit auf Bl. 24 f. d. Testamentsakte verwiesen wird.
Nach dem Tod der Erblasserin hat die Beteiligte einen Alleinerbschein zu ihren Gunsten beantragt und sich dabei auf das Testament vom 7.12.1995 berufen (Bl. 121 ff. d.A.). Das AG hat - seinen eigenen Angaben zufolge - das spätere gemeinschaftliche Testament der Eheleute übersehen und dem Antrag stattgegeben. Später hat es mit dem angefochtenen Beschluss den am 24.5.2013 erteilten Erbschein "im Wege der einstweiligen Anordnung eingezogen" (Bl. 202 d.A.) sowie in einem gesonderten Schreiben gebeten, die erteilten Ausfertigungen des Erbscheins dem Nachlassgericht zurückzugeben (Bl. 201 d.A.).
Gegen den ihr ihren eigenen Angaben zufolge am 9.9.2014 zugestellten (Bl. 216 d.A.) Beschluss hat die Beteiligte mit am 20.10.2014 beim Nachlassgericht eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt und zugleich die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Zur Begründung der Wiedereinsetzung hat sie unter Berufung auf eine eidesstattliche Versicherung von ihr (Bl. 219 f. d.A.) geltend gemacht, sie habe eine Unterredung mit dem damals ihren Antrag beurkundenden Rechtsanwalt und Notar gehabt, wobei sie im Rahmen der Nachfrage nach einem Besprechungstermin auf die Eilbedürftigkeit hingewiesen habe, weil das erwünschte Rechtsmittel gegen den Beschluss innerhalb einer Frist von zwei Wochen eingelegt werden müsse. Der Rechtsanwalt und Notar habe ihr während der Besprechung zugesichert, alles Notwendige zu veranlassen. Dann habe er im weiteren Verlauf aber gleichwohl kein Rechtsmittel eingelegt und somit ihr Auftragsangebot nicht angenommen. Das Verschulden des Rechtsanwalts sei ihr mangels Vorliegen eines wirksamen Mandatsverhältnisses nicht zurechenbar.
In der Sache hat sie vorgetragen, der Erbschein sei zu Recht erteilt worden. Das spätere Testament sei dahingehend auszulegen, dass nur Verfügungen widerrufen werden sollten, die der gegenseitigen Einsetzung der Eheleute zu Alleinerben widersprechen würden. Dies sei mit Blick auf die Einsetzung der Beteiligten als Erbin nach der längstlebenden Ehefrau jedoch nicht der Fall. Vorsorglich fechte sie das Testament vom 27.3.2003 an, soweit es den Widerruf der letztwilligen Verfügung vom 7.12.1995 betreffe (Bl. 244 ff. d.A.). Der formelmäßig erklärte Widerruf beruhe auf einem Erklärungs- und Inhaltsirrtum.
Mit Schreiben vom 29.1.2015 hat die Beteiligte die sich in ihrem Besitz befindlichen fünf Ausfertigungen des Erbscheins zu den Akten gereicht und mitgeteilt, dass weitere Ausfertigungen an verschiedene Grundbuchämter und an eine Bank versandt worden seien (Bl. 269 d.A.).
Am 9.7.2015 hat das Nachlassgericht einen Beschluss gefasst, wonach die Beschwerde gegen die Einziehung im Wege der einstweiligen Verfügung als unzulässig und der Antrag auf Wiedereinsetzung als unbegründet zurückgewiesen werde (Bl. 281 d.A.). Aufgrund der erstmaligen Beachtung des gemeinschaftlichen Testaments sei die Erbfolge nach der Erblasserin zu klären. Entsprec...