Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 27.05.2021; Aktenzeichen 2-02 O 60/21) |
Tenor
Die Berufung gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 27.05.2021, Az. 2-02 O 60/21, wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des nach diesem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 35.100,78 Euro festgesetzt (Gebührenstufe bis 40.000 Euro).
Gründe
I. Der Kläger macht gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit dem sog. "Dieselskandal" geltend.
Der Sohn des Klägers, Vorname1 A, kaufte am 13.03.2015 bei einer Niederlassung der Beklagten einen von dieser hergestellten BMW 420d Cabrio mit Hubraum von 1195 ccm und einer Leistung von 135 kW als Neuwagen. Den Kaufpreis von 50.636 Euro finanzierte der Kläger mit einem Autokredit der C Bank. Das Fahrzeug ist mit einem Dieselmotor des Typs N47 (Schadstoffklasse Euro 6) mit NOx-Speicherkatalysator (NSK) ausgestattet. Es unterliegt keinem Rückruf durch das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA).
Unter dem 20.11.2020 erklärte Vorname1 A die Abtretung seiner Rechte und Ansprüche aus dem Eigentum und/oder Besitz am Fahrzeug an den Kläger (Anlage K A3). Fahrzeughalterin ist Vorname2 A.
Der Kläger hat erstinstanzlich behauptet, er habe alle vereinbarten Zahlungen auf das finanzierte Fahrzeug erbracht. Dieses weise verschiedene unzulässige Abschalteinrichtungen auf, die die Beklagte bei der Typengenehmigung pflichtwidrig nicht offengelegt habe. Eine bei der Beklagten intern als 14/15-V bezeichnete Funktion sei mit der Umschaltlogik des VW-Motors EA 189 vergleichbar. Das Thermofenster bewirke, dass die Abgasrückführung nur bei Außentemperaturen zwischen +17 und +33 °C vollständig funktioniere. Zwischen -11 ° und +17°C werde die Abgasrückführungsrate (AGR-Rate) schrittweise reduziert. Unter von -11°C und über +33°C und werde die AGR ganz abgeschaltet. Das Fahrzeug sei außerdem über mit einer Prüfstandserkennung versehen, die dazu führe, dass auf dem gesetzlichen Prüfstand (NEFZ) bessere Stickoxid-Werte (NOx-Werte) erziele als im normalen Straßenbetrieb. Die Motorsteuerung erkenne bereits die Vorkonditionierung des Fahrzeugs für den NEFZ (sog. Precon). Außerdem werde durch ein sog. "Hard Cycle Beating" anhand diverser Parameter (Drehzahl, Leistung/Beschleunigung, Zeit, Geschwindigkeit, keine Nebenverbraucher, Lenkradstellung) festgestellt, ob sich das Fahrzeug auf dem Prüfstand befinde. Nur unter diesen Bedingungen werde die Abgasrückführung so gesteuert, dass sie optimal funktioniere. So werde die AGR ab einer Drehzahl von 2.900 U/min reduziert und ab 3.300 U/min deaktiviert, obwohl - je nach Beladung und Fahrstil - eine Drehzahl von 4.000 U/min üblich und zu erwarten sei. Außerdem werde die AGR ab einem Umgebungsdruck von 90 kPa reduziert und ab 88 kPa deaktiviert. Daneben sei die sog. On-Board Diagnose-Einheit (OBD) so manipuliert, dass unter anderem bei ausgeschalteter Abgasrückführung keine Fehlermeldung erfolge.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, für das Vorhandensein unzulässiger Abschalteinrichtungen sprächen insbesondere verschiedene Messungen (u.a. des Bundesumweltamts zusammen mit der technischen Universität Graz [TU Graz], der Deutschen Umwelthilfe[DUH] und des KBA), nach denen die Fahrzeuge der Beklagten den gesetzlichen Stickoxid-Grenzwert teilweise deutlich überschritten.
Der Kläger hat erstinstanzlich (zusammengefasst) beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 36.457,92 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27.07.2020 zu zahlen, Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des streitgegenständlichen Fahrzeugs.
2. festzustellen, dass sich die Beklagte seit dem 13.07.2020 mit der Annahme des in Antrag 1 genannten Fahrzeugs in Verzug befindet.
3. die Beklagte zu verurteilen, ihn von den Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 1.832,01 Euro freizustellen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat im Hinblick auf die Fahrzeugfinanzierung die Aktivlegitimation des Klägers bestritten und unter anderem behauptet, das Fahrzeug verfüge nicht über eine unzulässige Abschalteinrichtung, wie das KBA nach Überprüfung des Motors N47 mehrfach in amtlichen Auskünften bestätigt habe. Der Rückruf von Fahrzeugen des Modells BMW 750d und BMW 550d mit einem N57-Motor (Euro 6) sei nicht wegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung erfolgt, sondern auf eine versehentlich falsche Bedatung zurückzuführen. Sie habe der Typengenehmigungsbehörde auch alle geforderten Angaben gemacht und keine Informationen vorenthalten.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, der Vortrag des Klägers zu angeblic...