Entscheidungsstichwort (Thema)

Dieselskandal: Kein Anspruch auf Rückabwicklung eines Kaufvertrages über einen im Juni 2015 erworbenen Neuwagen mit Motor EA288

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 05.08.2022; Aktenzeichen 2-28 O 88/22)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 28. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 05.08.2022, Aktenzeichen 2-28 O 88/22, teilweise abgeändert.

Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen zu tragen.

Das Urteil und das angefochtene Urteil im Umfang seiner Aufrechterhaltung sind vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf EUR 31.439,30 festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt von der Beklagten in deren Eigenschaft als Motoren- und Fahrzeugherstellerin vor dem Hintergrund des sog. "Dieselskandals" im weiteren Sinne die Rückabwicklung eines Neuwagenkaufvertrages, den der Kläger ausweislich der Rechnung vom 22.06.2015 von der Autohaus A GmbH & Co. KG mit Sitz in Stadt1 erworben hatte.

Der Kläger erwarb das am 22.06.2015 erstmalig zugelassene Fahrzeug des Typs VW Golf Sportsvan Highline BM Techn. 2,0l Kombilimousine (110 kW/150 PS), Schadstoffklasse Euro 6, Fahrzeug-Ident-Nr. ..., zu einem Kaufpreis in Höhe von (brutto) EUR 36.979,00. Das Fahrzeug wies zu diesem Zeitpunkt eine Laufleistung von km 0 auf. Wegen der weiteren Einzelheiten wird verwiesen auf das Anlagenkonvolut (Anlagensonderband).

Für das Fahrzeug liegt eine bestandskräftige und uneingeschränkt wirksame EG-Typgenehmigung vor und wurde eine EG-Übereinstimmungsbescheinigung ausgestellt, die fortbesteht. Das streitgegenständliche Fahrzeug unterliegt keinem verpflichtenden Rückruf seitens des KBA.

In dem streitgegenständlichen Fahrzeug ist - unstreitig - ein Motor des Typs EA 288 verbaut. Das Fahrzeug verfügt über einen NSK-Speicherkatalysator.

Neben der Haftung dem Grunde nach stand und steht zwischen den Parteien auch die Höhe einer etwaigen Haftung der Beklagten im Streit im Hinblick auf die Höhe des in Abzug zu bringenden Nutzungsvorteils, insoweit maßgeblich die Frage, welche voraussichtliche Gesamtlaufleistung bei der Berechnung des Nutzungsvorteils zugrunde zu legen ist.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes einschließlich der erstinstanzlich zuletzt gestellten Anträge wird verwiesen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils der 28. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 05.08. 2022, Aktenzeichen 2-28 O 88/22, (Bl. 333 - 338 d. A.), durch das die Beklagte - unter Abweisung des weitergehenden klägerischen Begehrens - verurteilt worden ist, an den Kläger EUR 36.979 abzüglich einer Nutzungsentschädigung in Höhe von EUR 5.962,22 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.09.2020 Zug und Zug gegen Übergabe und Übereignung des streitgegenständlichen Fahrzeuges VW Golf zu zahlen, die teilweise Erledigung des Rechtsstreits sowie der Annahmeverzug der Beklagten festgestellt worden ist und die Beklagte verurteilt worden ist, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von EUR 1.324,60 zu zahlen, weil die Beklagte den Kläger in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einen vorsätzlichen Schaden zugefügt hat. Die Beklagte habe auf mehrfache Weise die Zulassungsbehörde über die Beschaffenheit des von ihr entwickelten Fahrzeuges getäuscht und sich auf diese Weise einen Wettbewerbsvorteil verschafft. Sie habe durch Softwareprogrammierung systematisch verhindert, dass das Emissionsverhalten des hier streitgegenständlichen Fahrzeugtyps so wie gesetzlich vorgesehen überprüft werden könne und die Erwerber ihrer Fahrzeuge damit dem Risiko ausgesetzt, dass die Typenzulassung für diese Fahrzeuge entzogen werde, was die Brauchbarkeit erheblich herabsetze. Bei der Steuerungssoftware handele es sich um eine unzulässigeAbschalteinrichtung im Sinne von Art. 3 Nr. 10 VO (EG) 715/2007, da sie auf die Funktion des Emissionskontrollsystems Einfluss nehme und dessen Wirksamkeit verringere. Dabei seien nicht nur Technologien und die Strategie der Nachbehandlung von Abgasen erfasst, sondern auch solche, mit denen - wie etwa mithilfe der Abgasrückführung - die Emissionen im Vorhinein, das heißt bei ihrer Entstehung verringert würden. Die Art der Programmierung sei nicht notwendig, um den Motor vor Beschädigung oder Unfall zu schützen oder um den sicheren Betrieb des Fahrzeugs zu gewährleisten. Es sei unerheblich, ob das Fahrzeug oder der Fahrzeugtyp die Grenzwerte einhalte. Auf das Einhalten der Grenzwerte komme es weder nach dem Wortlaut noch nach dem Sinn der Vorschrift an. Die Programmierung des OBD widerspreche zudem Art. 4 Abs. 2 der VO (EG) Nr. 692/2008, da die Funktion des OBD nicht erfüll...

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