Leitsatz (amtlich)

Zur Begründung der Internationalen Zuständigkeit durch Einlassung auf das Verfahren nach der EG-Verordnung über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen.

 

Normenkette

EuGVVO §§ 5j, 24; ZPO § 281

 

Verfahrensgang

LG Gießen (Urteil vom 01.09.2004; Aktenzeichen 5 O 139/04)

 

Tenor

Auf die Berufung der Kläger wird das am 1.9.2004 verkündete Teilurteil des LG Gießen aufgehoben. Der Rechtsstreit wird an das LG Gießen zurückverwiesen, dem auch die Entscheidung über die Kosten der Berufung vorbehalten bleibt.

Gerichtskosten für das Berufungsverfahren werden nicht erhoben.

 

Tatbestand

Die Kläger sind Mitglieder einer in O1 ansässigen Rechtsanwaltssozietät und machen gegen die Beklagte, ein in Griechenland ansässiges Unternehmen zur Herstellung und zum Vertrieb von chemischen Produkten, einen Anspruch auf Vergütung für anwaltliche Beratung geltend.

Die Kläger haben behauptet, die Beklagte habe ihr Sozietätsmitglied Rechtsanwalt RA1 mit der Wahrnehmung ihrer rechtlichen Interessen im Zusammenhang mit deren Absicht zum Erwerb von Unternehmensteilen und Immobilien der insolventen ...-AG mit Sitz in O2 und O3 beauftragt. Bei einem am 2.2.2001 in O3 unstreitig stattgefundenen Gespräch sei Rechtsanwalt RA1 von den Herren A. und B. mit der Wahrnehmung der Verhandlungsinteressen der Beklagten beauftragt worden. Der Anwaltsvertrag sei in O3 zu erfüllen gewesen. Dort habe man am 15.2.2001, 12.3.2001, 15.3.2001, 26.3.2001, 29.3.2001 und am 10.4.2001 Beratungsgespräche durchgeführt.

Die Kläger haben die vorliegende Klage zunächst beim AG Limburg erhoben. In der Klageerwiderung vom 12.1.2004 hat die Beklagte die örtliche Zuständigkeit des LG Limburg gerügt und ist im Übrigen aus sachlichen Gründen der Klage entgegengetreten. In der ersten mündlichen Verhandlung hat der Beklagtenvertreter "die Zuständigkeit" des angerufenen Gerichts gerügt und den Abdruck der Urteilsveröffentlichung BGH NJW 2004, 54 (BGH v. 11.11.2003 - X ARZ 91/03, BGHReport 2004, 180 m. Anm. Prechtel = MDR 2004, 164 m. Anm. Krügermeyer-Kalthoff = NJW 2004, 54) überreicht. In der zweiten mündlichen Verhandlung haben die Parteien übereinstimmend die Verweisung des Rechtsstreits an das LG Gießen beantragt. Durch Beschl. v. 23.6.2004 hat sich das LG Limburg für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das LG Gießen verwiesen, weil dort der Erfüllungsort begründet sei.

Vor dem LG Gießen haben die Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger 17.069,39 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.11.2001 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Das LG Gießen hat die Klage durch Urt. v. 1.9.2004 als unzulässig abgewiesen, weil die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichtsbarkeit nicht gegeben sei. Nach Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 60 Abs. 1 EuGVVO könne die Beklagte nur in Griechenland verklagt werden. Das LG Gießen sei nicht wegen des Gerichtsstands des Erfüllungsortes nach Art. 5 Nr. 1a) EuGVVO zuständig. Der Erfüllungsort sei nicht einheitlich für die vertragscharakteristische Leistung zu bestimmen. Erfüllungsort der geltend gemachten Zahlungspflicht sei der Geschäftssitz der Beklagten in Griechenland.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Kläger, mit der diese die Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LG Gießen beantragen. Sie vertreten die Auffassung, dass der Verweisungsbeschluss des LG Limburg für das LG Gießen auch hinsichtlich der Internationalen Zuständigkeit bindend gewesen sei, weil die Parteien übereinstimmend die Verweisung beantragt hatten. Ferner sei auch Erfüllungsort für die Verpflichtungen der Beklagten O3, weil die vertraglichen Verpflichtungen dort begründet worden seien.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige, insb. form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist begründet, weil das LG Gießen zu Unrecht die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichtsbarkeit verneint hat.

Das LG geht zutreffend davon aus, dass für die Beurteilung der internationalen Zuständigkeit in zivilrechtlicher Streitigkeiten im Verhältnis zwischen Deutschland und Griechenland die Verordnung der EG über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO) maßgebend ist.

Ob die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichtsbarkeit aufgrund eines Erfüllungsortes in O3 nach Art. 5 Nr. 1 EuGVVO kann dahin gestellt bleiben. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichtsbarkeit für die von den Klägerin erhobene Klage ist jedenfalls aus Art. 24 EuGVVO begründet, weil die Beklagten sich auf das Verfahren eingelassen haben, ohne die Internationale Zuständigkeit zu rügen. Ein Einlassen auf das Verfahren i.S.d. Art. 24 EuGVVO ist auch dann gegeben, wenn der Beklagte die Unzulässigkeit der Klage aus anderen Gründen als der fehlenden internationalen Zuständigkeit rügt (...

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