Leitsatz (amtlich)
1. Erweisen sich die Behauptungen des Klägers über den Unfallhergang und den hieraus resultierenden Schadensumfang als unwahr und sprechen die Umstände dafür, dass er den Aufprall ohne Schwierigkeiten hätte vermeiden können, kann dies die Überzeugung begründen, dass er ihn auch nicht vermeiden wollte, sondern gezielt herbeigeführt hat, um Ersatzansprüche für vorhandene Beschädigungen seines Fahrzeuges begründen zu können.
2. Für eine so willentlich verursachte weitere Beschädigung seines eigenen Fahrzeugs kann er dann keinen Schadenersatz verlangen.
3. Sind nicht sämtliche Schäden am Unfallfahrzeug auf das Unfallereignis zurückzuführen und bestreitet der Geschädigte das Vorliegen von Vorschäden, so ist ihm auch deshalb für diejenigen Schäden, die dem Unfallereignis zugeordnet werden könnten, kein Ersatz zu leisten, weil sich aufgrund des Vorschadens nicht ausschließen lässt, dass auch die kompatiblen Schäden aus dem früheren Ereignis resultieren.
Verfahrensgang
LG Limburg a.d. Lahn (Urteil vom 12.11.2003; Aktenzeichen 2 O 66/01) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Limburg vom 12.11.2003 - 2 O 66/01 - abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Parteien streiten um die schadensrechtlichen Folgen eines Verkehrsunfallereignisses vom 16.9.2000. An diesem Tage war der Kläger kurz vor 15 Uhr mit seinem Pkw im Bereich einer Kreuzung in O1-O2 mit dem bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversicherten Pkw des Beklagten zu 1) kollidiert.
Im erstinstanzlichen Verfahren hat der Kläger den unfallbedingten Schaden an seinem Pkw, gestützt auf ein von ihm eingeholtes Schadensgutachten, mit 9.348,24 DM beziffert und einschließlich Unfallkostenpauschale und Sachverständigenkosten insgesamt Zahlung von 10.254,76 DM beansprucht.
Er hat behauptet, der Beklagte zu 1) habe sein Fahrzeug wohl übersehen, das "Stopschild überfahren", und so sei es zum Zusammenstoß beider Fahrzeuge gekommen (Klageschrift, S. 2). Der Kläger habe einen Anstoß mit seinem Wagen "gegen die hintere Tür" des Fahrzeugs des Beklagten zu 1) nicht mehr vermeiden können, er sei "mit seinem Fahrzeug mit der gesamten Front auf das Beklagtenfahrzeug aufgefahren" (Schriftsatz v. 6.8.2001, S. 2). Die erheblichen Beschädigungen seines Fahrzeugs seien sämtlich unfallbedingt.
Die Beklagten haben behauptet, der Kläger habe den Unfall selbst provoziert. Er sei mit seinem Pkw zwar auf das Heck des Fahrzeugs des Beklagten zu 1) "leicht aufgefahren", dies allerdings erst, nachdem der Beklagte zu 1) die Kreuzung bereits vollständig überquert hatte und etwa "eine Autolänge in der ... Straße in Richtung O3 gefahren war"; der Beklagte zu 1) und auch seine Beifahrerin, die Zeugin Z1, hätten vor dem Überqueren der Kreuzung "nach vorfahrtsberechtigtem Verkehr Ausschau gehalten" und den Pkw des Beklagten zu 1) nicht gesehen. Er müsse wohl vom Bürgersteig oder einem Parkplatz aus gezielt in die Straße eingefahren sein. Bei der sofortigen Überprüfung auf Folgen des Anstoßes habe der Beklagte zu 1) an seinem Wagen, einem A B, der - unstreitig - einen nur unfachmännisch reparierten Vorschaden am Heck aufwies, überhaupt keine (neue) Beschädigung feststellen können; auch das Fahrzeug des Klägers, ein C ..., habe zwar - wie dieser selbst eingeräumt habe - Altschäden insb. auch im Frontbereich, jedoch ersichtlich keine neue (weitere) Beschädigung erkennen lassen.
Das LG hat der Klage nach Beweisaufnahme durch Vernehmung u.a. der Zeugin Z1 und des durch den Kläger selbst mit der Schadensbegutachtung betrauten Sachverständigen S1 sowie durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Behauptung des Klägers, infolge des Unfalls seien an seinem Pkw Schäden in behaupteter Höhe entstanden, im Umfange von 2.007,06 Euro nebst Zinsen stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen.
Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beweisaufnahme habe bestätigt, dass es im Rahmen des Unfallereignisses zu einer Beschädigung des Fahrzeugs des Klägers gekommen sei; allerdings seien die "Schadenumfänge an den beteiligten Fahrzeugen von ihrer Intensität nicht kompatibel", das Schadensausmaß an dem Wagen des Kläger nämlich "deutlich ausgeprägter" als der Schaden an dem A B des Beklagten zu 1). Also hätten die Beklagten lediglich für diejenigen Schäden an dem Wagen des Klägers aufzukommen, wie sie der Sachverständige in einem Ergänzungsgutachten (als miteinander kompatibel) festgestellt habe; denn eine Vorfahrtsverletzung sei jedenfalls erfolgt, und ob der Kläger einen "versuchten oder vollendeten Betrug begangen" habe, indem er von den Beklagten Schäden ersetzt verlangt haben wollte, die nicht auf dem streitgegenständlichen Unfallerereignis beruhen, bleibe "zu prüfen".
Mit ihrer Berufung wenden sich die Beklagten gegen ihre - teilweise - Verurteilung; sie erstreben die Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung und die vollständige Abweisung der Klage. Sie wiederholen ihre Behauptung, e...