Entscheidungsstichwort (Thema)

Diesel-Skandal: Keine Ansprüche nach § 826 BGB für Fahrzeuge mit Motor EA288

 

Normenkette

BGB § 826

 

Verfahrensgang

LG Hanau (Urteil vom 18.09.2020; Aktenzeichen 9 O 136/20)

 

Tenor

Ein Rechtsmittel ist nicht bekannt geworden.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Hanau vom 18.9.2020 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil sowie das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Wert des Berufungsverfahrens wird bis zur mündlichen Verhandlung auf EUR 50.761,00; ab da auf EUR 47.833 festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Kläger verlangt Rückabwicklung von zwei Fahrzeugen im Zusammenhang mit dem so genannten Dieselskandal.

Er erwarb einen VW Sharan TDI 2.0 im Juni 2016 mit einem Kilometerstand von 8179 km für 37.790 EUR, der mit dem Motor des Typs EA 288 ausgestattet ist, einen SCR-Katalysator besitzt und der Abgasnorm EU 6 unterfällt. Zudem erwarb er im Oktober 2014 einen VW Golf VII 2.0 TDI mit einem Kilometerstand von 12.083 km für 24.480 EUR, der mit dem Motor des Typs EA 288 ausgestattet ist, der Abgasnorm EU 5 unterfällt und weder über einen SCR-Katalysator noch über einen NSK-Katalysator verfügt, sondern mit einem Dieselpartikelfilter ausgerüstet ist. Beide Fahrzeuge sind mit einem so genannten Thermofenster ausgestattet, dessen aktives Fenster zwischen ihnen streitig.

Im Übrigen werden die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils in Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung wie folgt ausgeführt:

Dem Kläger stünde kein Anspruch auf Schadensersatz nach §§ 826, 31 BGB zu. Die Fahrzeuge seien weder von einem Rückruf noch von einem Update betroffen, so dass mangels entgegenstehender konkreter Anhaltspunkte davon auszugehen sei, dass das eingefügte Thermofenster keine unzulässige Abschalteinrichtung darstelle.

Selbst wenn das Thermofenster als Abschalteinrichtung qualifiziert würde, lägen nicht die Voraussetzungen für eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung vor. Die Frage, ob eine solche Einrichtung notwendig ist, werde kontrovers diskutiert. Gerade das KBA gehe davon aus, dass die Gestaltung zulässig sei. Selbst wenn nicht, würde der bloße Einbau für den Vorwurf der sittenwidrigen Schädigung nicht ausreichen. Es fehlten Anhaltspunkte, dass hier seitens der Beklagten eine bewusste Verschleierung vorgenommen worden sei.

Mit seiner Berufung verfolgte der Kläger zunächst seine Klage vollumfänglich weiter und begründet die Anträge wie folgt:

Die Erwerbsvorgänge seien in rechtlicher Hinsicht gleich zu beurteilen.

Ihm stehe wegen der Verwendung eines Thermofensters ein Anspruch auf Schadensersatz zu. Die Beklagte habe ihn getäuscht, da die verwendete Abschalteinrichtung unzulässig gewesen sei. Das Thermofenster sei im Niedertemperaturbereich nicht aus Gründen des Motorschutzes erforderlich. Das Verhalten sei auch objektiv sittenwidrig, wie bereits von anderen Gerichten festgestellt. Es sei auch mehr als naheliegend, dass der Vorstand Kenntnis vom Einbau der unzulässigen Abschalteinrichtung zur Erreichung der Typengenehmigung gehabt habe. Jedenfalls treffe die Beklagte insoweit eine sekundäre Darlegungslast. Das Update steht dem Schadensersatzanspruch nicht entgegen.

Der Manipulationsvorwurf werde zudem auch darauf gestützt, dass die Beklagte gemäß hausinterner Anweisungen die EU-Grenzwerte überschreiten wollte. Die Applikationsrichtlinie stehe im engen Zusammenhang zur Ad-hoc-Mitteilung der Beklagten und enthalte eigene intern verbindliche Zielwerte, die im Kaltzustand unter den gesetzlichen Vorgaben, im NEFZ-Zyklus warm dagegen über den EU-Vorgaben lägen. Gemäß Anwendungsbeschreibung sollte der Prüfstand des NEFZ erkannt und die Abgasnachbehandlung hieran anknüpfend anders als im realen Fahrbetrieb gesteuert werden. Damit lägen die Voraussetzungen für eine prüfstandsbezogene Abgasmanipulation vor.

Darüber hinaus verwende die Beklagte ein manipuliertes On-Board-Diagnose-System, welches als unzulässige Abschalteinrichtung einzustufen sei. Die Beklagte habe die OBD- Systeme in ihren mit Abschalteinrichtungen ausgestatteten Fahrzeugen so programmiert, dass diese bei der Inspektion fälschlicherweise meldeten, dass die Abgaswerte ordnungsgemäß funktionierten. Die Überwachungsfunktion fehle damit vollständig. Diese Umstände ließen auf einen Vorsatz der Beklagten schließen.

Die Beklagte habe sich sittenwidrig verhalten, im Fall der Motoren des Typs EA 288 sogar mit einer größeren kriminellen Energie als zuvor.

Sein neuer Vortrag sei nicht als verspätet zurückzuweisen, da er unstreitig sei. Jedenfalls habe er bis zur Entscheidung des Landgerichts Darmstadt keine Kenntnis von dem dahingehenden Manipulationsverdacht gehabt, i...

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