Entscheidungsstichwort (Thema)

Diesel-Skandal: Keine Ansprüche für im Juli 2016 erworbenen VW Passat mit Motor EA288

 

Normenkette

BGB §§ 823, 826

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 19.10.2020; Aktenzeichen 2-23 O 140/20)

 

Tenor

Ein Rechtsmittel ist nicht bekannt geworden.

Die Berufung des Klägers gegen das am 19.10.2020 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main - 23. Zivilkammer - wird zurückgewiesen.

Das Urteil des Landgerichts ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Berufungsurteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf eine Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe des 1,2-fachen des aufgrund des Urteils für die Beklagte vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des 1,2-fachen des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt die Beklagte nach Erwerb eines von der Beklagten hergestellten Kraftfahrzeuges VW Passat Comfortline auf Schadensersatz in Anspruch.

Der Kläger erwarb das Fahrzeug im Juli 2016 als Gebrauchtfahrzeug von einem Autohaus. Das Fahrzeug ist mit einem Dieselmotor des Typs EA 288, Euro 6, mit einem Stickoxid-Speicher-Katalysator (NSK) ausgestattet.

Das Fahrzeug verfügt über ein sogenanntes Thermofenster, bei dem über eine Software die zur Reduktion des Stickoxidausstoßes eingesetzte Abgasrückführung in Abhängigkeit von den Außentemperaturen gesteuert wird. Die konkrete Ausgestaltung des Thermofensters ist zwischen den Parteien streitig.

Das Fahrzeug verfügt außerdem über eine sogenannte Fahrkurvenerkennung, die eine prüfzyklusabhängige NSK-Steuerung bewirkt.

Der Kilometerstand des Fahrzeugs belief sich vor Schluss der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren am 24.08.2022 auf 79.622 km.

Im Übrigen wird anstelle einer Darstellung weiterer Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes und der erstinstanzlichen Anträge der Parteien auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen, soweit dieser zu den Feststellungen des vorliegenden Urteils nicht in Widerspruch steht.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass dem Kläger gegen die Beklagte kein Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB zustehe. Ein solcher Anspruch ergebe sich insbesondere nicht aus der unstreitigen Verwendung eines Thermofensters, da es jedenfalls an einem Schädigungsvorsatz der Beklagten fehle. Die sogenannten Thermofenster arbeiteten vom Grundsatz her im normalen Fahrbetrieb in gleicher Weise wie auf dem Prüfstand. Außerdem könnten Gesichtspunkte des Motoren- bzw. des Bauteilschutzes als Rechtfertigung für den Einsatz solcher temperaturabhängiger Steuerungs- und Abschalteinrichtungen durch den Hersteller ernsthaft angeführt werden, so dass ohne weitere konkrete Anhaltspunkte nicht unterstellt werden könne, dass die Verantwortlichen in dem Bewusstsein handelten, möglicherweise eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden.

Im Übrigen habe der Kläger den Einsatz einer Motorsteuerungssoftware mit Abschaltautomatik für das streitgegenständliche Fahrzeug nicht hinreichend substantiiert vorgetragen. Die Behauptung, dass im Motor des streitgegenständlichen Fahrzeugs eine Software wie beim Motortyp EA 189 zum Einsatz gekommen sei, sei als Behauptung ins Blaue hinein unbeachtlich. Ein Rückruf durch das KBA sei für den streitgegenständlichen Fahrzeugtyp unstreitig nicht erfolgt. Soweit sich der Kläger auf einzelne Medienberichterstattungen berufe, sei ein konkreter Bezug zu seinem Fahrzeugtyp nicht ersichtlich. Aus anderen deliktischen Anspruchsgrundlagen, insbesondere auch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB, könne der Kläger Ansprüche nicht herleiten. Ergänzend wird auf die weiteren Ausführungen des Landgerichts in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils verwiesen.

Der Kläger hat gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 27.10.2020 zugestellte Urteil mit am 24.11.2020 bei dem Oberlandesgericht eingegangenem Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten Berufung eingelegt und diese mit einem bei dem Oberlandesgericht am 21.12.2020 eingegangenen Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten begründet.

Der Kläger trägt vor, dass das Fahrzeug über ein Thermofenster verfüge, bei dem die Abgasreinigung nur bei Außentemperaturen zwischen 10 ªC und 32 ªC einsetze, während sie sowohl unter als auch oberhalb dieses Temperaturbereichs sowie ferner auch ab einer Höhe von 1.000 Metern ausgeschaltet sei. Es handele sich bei diesem Thermofenster nach der Rechtsprechung des EuGH in der Rechtssache C-693/18 um eine illegale Abschalteinrichtung. Die Grenzwerte für Luftschadstoffe seien nach der Rechtsprechung des EuGH auch im tatsächlichen Fahrbetrieb einzuhalten. Es ergebe sich aus der medialen Berichterstattung, aber auch aus Untersuchungen des KBA zum Golf 7, dass der Motor EA 288 auf der Straße ein Vielfaches mehr an Stickoxi...

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