Entscheidungsstichwort (Thema)
Wucherähnliches Geschäft Sale & Rent-Back
Leitsatz (amtlich)
1. Übersteigt der Händlereinkaufswert oder der Marktwert den von dem Pfandleihhaus gezahlten Kaufpreis, der vereinbart wird, um das Fahrzeug anschließend vom Pfandleihhaus anzumieten, um das 5 - 6-fache, so liegt ohne weiteres ein auffälliges und grobes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vor, das zur Nichtigkeit des Kaufvertrages, des Mietvertrages, aber auch der Übereignung wegen eines sittenwidrigen - weil wucherähnlichen - Geschäftes führt (§ 138 Abs. 1 ZPO). Angesichts des auffälligen und groben Missverhältnisses kann ohne weiteres auf eine verwerfliche Gesinnung der Beklagten geschlossen werden.
2. Angesichts des Geschäftsmodells kann nicht angenommen werden, dass sich die Beklagte mit Abschluss des Kaufvertrages den erzielten Mehrwert nicht endgültig habe einverleiben wollen, auch wenn für den Fall der Versteigerung des Fahrzeugs nach Ende der Mietzeit unter Umständen ein Mehrerlös an den Mieter und Verkäufer hätte zugewandt werden sollen.
3. In derartigen Fällen übersteigt die vereinbarte Miete auch regelmäßig den tatsächlichen Nutzungsvorteil des Fahrzeugs.
4. In den entsprechenden Fällen der sittenwidrigen Übervorteilung des Kunden durch einen erheblich zu niedrigen Kaufpreis ist der Kunde nicht verpflichtet, den Kaufpreis zurückzuzahlen, auch wenn er das Eigentum an dem Fahrzeug nicht verloren hat. § 817 S. 2 BGB ist auf den Kondiktionsanspruch des Pfandleihhauses anwendbar. Bei Vorliegen eines derart groben, auffälligen Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung kann auch ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass sich der Leistende der Rechtswidrigkeit seines Handelns zumindest leichtfertig verschlossen hat
5. Insoweit schließt sich das Oberlandesgericht Frankfurt am Main der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Düsseldorf und des Oberlandesgerichts München, die in derartigen Fällen ebenfalls einen Kondiktionsauschluss annehmen, ausdrücklich an.
Normenkette
BGB § 138 Abs. 1, § 817 S. 2; ZPO § 138 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 24.09.2020; Aktenzeichen 2-26 O 44/20) |
Tenor
Die vorausgegangene OLG-Entscheidung ist ebenfalls veröffentlicht.
Die Berufung der Beklagten gegen das am 24.09.2020 verkündete Urteil des Landgericht Frankfurt am Main vom 24.09.2020, Az. 2-26 O 44/20, wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass festgestellt wird, dass die Klägerin das Eigentum an dem Fahrzeug Marke1, Modell1, FIN ..., amtliches Kennzeichen ..., nicht infolge des Abschlusses des Kauf- und Mietvertrages vom 07.01.2020 an die Beklagte verloren hat;
Die Beklagte bleibt verurteilt, an die Klägerin 693,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 13.03.2020 zu zahlen.
Die Hilfswiderklage wird abgewiesen.
Die Kosten des Berufungsrechtszuges einschließlich der Kosten der Revision der Beklagten und der Anschlussrevision der Klägerin vor dem Bundesgerichtshof, Az. VIII ZR 290/21, fallen der Beklagten zur Last.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt 22.693,00 EUR
Gründe
I. Hinsichtlich des Sachverhalts wird zunächst auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils, des Urteils des Senats vom 11.08.2021 (Bl. 387 ff. d.A.) sowie des Bundesgerichtshofes vom 16.11.2021, Az. VIII 291/20 (Bl. 422 ff. d.A.) Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO).
Die Klägerin begehrt Rückabwicklung eines Kauf- und Mietvertrages aus dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung.
1. Die Beklage betreibt bundesweit mit 20 Filialen ein staatlich zugelassenes Pfandleihhaus. Sie verfolgt das Geschäftsmodell, dass sie Eigentümern von Kraftfahrzeugen diese Kraftfahrzeuge abkauft und sie ihnen für einen Folgezeitraum gegen ein monatliches Entgelt unmittelbar zur Miete überlässt. Nach Ende der Mietzeit soll sie das Fahrzeug öffentlich versteigern. Gegenüber der Kfz Zulassungsstelle reicht die Klägerin nach Abschluss des Vertrages mit dem Kunden in der Regel eine "Anzeige einer Vollübereignung" ein (Anl. K14, Bl. 115 d.A.) und zeigt an, dass Kfz als Leasinggeberin zu Eigentum erworben zu haben und beantragt nach Beendigung der Laufzeit in der Regel eine Aufhebung der Sicherungsübereignung durch ein Formblatt (Anl. K15 und K16, Bl. 115 ff. d.A.). Hierfür wirbt sie mit einem unkomplizierten Modell zur eines kurzfristigen Liquiditätsengpasses ist bei fehlender Kreditwürdigkeit Zuber vor dem Erhalt von Bargeld. Das Prinzip biete eine hervorragende Alternative zum Pfandhaus in einem üblichen Kredit bei einer Bank. "Weniger Gebühren, Zinsen - dafür sofort Bargeld und gleichbleibende Mobilität!
Ein früheres ähnliches Geschäftsm...