Leitsatz (amtlich)
Herausgabeverlangen des Insolvenzverwalters in Bezug auf Handakten eines Anwalts, der Schuldnerin im Rahmen einer Sanierung beraten hat
Normenkette
BGB §§ 195, 199, 667
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 01.03.2018; Aktenzeichen 2-25 O 125/17) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 25. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 01. März 2018 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Dieses und das angefochtene Urteil des Landgerichts vom 01.03.2018 sind vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils insgesamt vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der Firma1 bzw. vormals Firma2, die die Beklagte aufgrund einer schriftlichen Vereinbarung vom 31.08.2011 ab September 2011 mit ihrer wirtschaftsrechtlichen anwaltlichen Beratung, insbesondere der Entwicklung eines Sanierungskonzeptes und letztlich der Sanierung zur Vermeidung einer Insolvenz beauftragt hatte, nachdem sie in finanzielle Schwierigkeiten geraten war. Ziff. 13 der Vereinbarung enthielt folgende Regelung:
"Aktenaufbewahrung
Wir führen unsere Akten entweder in elektronischer oder papiergebundener Form. Unterlagen bewahren wir für einen Zeitraum von 10 Jahren nach Abschluss des Mandats auf. Danach sind wir berechtigt, Dateien zu löschen bzw. Akten zu vernichten, soweit wir Ihnen nicht Originaldokumente zur Aufbewahrung übergeben."
Mit einem am 03.04.2012 beim Amtsgericht Stadt1 eingegangenen Schriftsatz hat die Schuldnerin einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen gestellt, das durch Beschluss des Amtsgerichts vom XX.XX.2012 -Az: Aktenzeichen1- eröffnet und mit dem der Kläger gleichzeitig zum Insolvenzverwalter bestellt wurde.
Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat der Kläger die Beklagte beim Landgericht Stadt2 unter dem Az: Aktenzeichen2 im Wege der Insolvenzanfechtung u.a. auf Rückzahlung der von der Schuldnerin an sie aufgrund der Vereinbarung vom 31.08.2011 in der Zeit vom 10.11.2011 bis 23.04.2012 gezahlten Vergütung i.H.v. insgesamt 4.530.807,16 EUR in Anspruch genommen. Durch Urteil vom 07.05.2015 hat das Landgericht der Klage teilweise stattgegeben und die Beklagte verurteilt, an den Kläger 4.530.807,16 EUR zu zahlen. Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt. Dieses Berufungsverfahren ist beim Senat unter dem Az: Aktenzeichen3 anhängig.
Im vorliegenden Rechtsstreit nimmt der Kläger die Beklagte mit seiner zunächst beim Amtsgericht Stadt2 am 09.01.2017 eingegangenen und der Beklagten am 03.02.2017 zugestellten Klage, die das Amtsgericht durch Beschluss vom 28.03.2017 an das Landgericht verwiesen hat, auf Herausgabe der während des Mandats geführten Handakten in Anspruch, nachdem er diese mit Schreiben vom 23.12.2015 zur Herausgabe aufgefordert und die Beklagte mit Schreiben vom 14.01.2016 dieses Begehren verbunden mit der Erhebung der Einrede der Verjährung abgelehnt hatte.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, einen Anspruch auf Herausgabe der Handakten stehe ihm unter mehreren rechtlichen Gesichtspunkten zu, u.a. aufgrund eines mit Abschluss der Vereinbarung vom 31.08.2011 zustande gekommenen Verwahrungsvertrages, jedenfalls nach Beendigung des Mandats aufgrund eines Herausgabeanspruchs nach §§ 665, 667 BGB und auch unmittelbar aus § 50 Abs. 3 BRAO a.F., bei dem es sich um eine eigenständige Anspruchsgrundlage handele.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn die von ihr anlässlich der Beratung der Firma2 (heute firmierend unter: Firma1) auf Grundlage der Mandatsvereinbarung vom 31.08.2011 geführten Handakten herauszugeben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, aufgrund der mit der Schuldnerin umfangreich geführten Korrespondenz sei der Herausgabeanspruch ohnehin erfüllt worden. Außerdem hat sie die Einrede der Verjährung erhoben bzw. wiederholt.
Im Übrigen wird hinsichtlich des diesem Rechtsstreit zugrunde liegenden Sachverhalts auf die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts im angefochtenen Urteil vom 01.03.2018 Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Durch dieses Urteil, auf dessen Entscheidungsgründe ebenfalls Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen angeführt, dem Kläger stehe gegen die Beklagte kein Anspruch auf Herausgabe der von ihr im Rahmen des mit der Schuldnerin bestehenden Mandatsverhältnisses geführten Handakten zu. Ein möglicher Herausgabeanspruch nach §§ 667, 675 Abs. 1 BGB sei wegen eingetretener Verjährung nicht mehr durchsetzbar, womit die Beklagte die Einrede der Verjährung zu Recht erhoben habe. Insoweit sei nämlich die Reg...