Entscheidungsstichwort (Thema)
Diesel-Skandal: Keine Ansprüche wegen im Mai 2013 gekauften Gebrauchtwagen mit Motor EA288
Verfahrensgang
LG Kassel (Urteil vom 02.06.2022; Aktenzeichen 8 O 2099/20) |
Tenor
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Kassel vom 2. Juni 2022 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das vorliegende Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Gebührenstreitwert des Berufungsverfahrens wird auf 9.756,00 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger nimmt die Beklagte wegen eines Fahrzeugkaufs auf Schadensersatz in Anspruch.
Der Kläger kaufte am 24. Mai 2013 von einem gewerblichen Kraftfahrzeughändler einen neuen Volkswagen Golf 1.6 zum Preis von 21.570,00 Euro. Am 3. Juli 2018 veräußerte er das Fahrzeug mit einer Laufleistung von 60.000 km zum Preis von 7.500,00 Euro.
Das Fahrzeug ist mit einem von der Beklagten entwickelten und hergestellten Dieselmotor der Baureihe EA 288 (Euro 5) ausgestattet. Bei Motoren dieses Typs wird zur Verringerung der Stickoxidemissionen ein Teil des Abgases in das Ansaugsystem des Motors zurückgeführt und nimmt erneut an der Verbrennung teil. Unterhalb und oberhalb bestimmter Außentemperaturen wird diese Abgasrückführung herabgesetzt (Thermofenster). Über einen NOx-Speicherkatalysator oder einen SCR-Katalysator verfügt das Fahrzeug nicht.
Das Kraftfahrt-Bundesamt stellte aufgrund eigener Untersuchungen fest, dass Motoren der Baureihe EA 288 nicht mit unzulässigen Abschalteinrichtungen ausgestattet sind.
Gleichwohl hat der Kläger behauptet, in der Motorsteuerungssoftware des Fahrzeugs seien unzulässige Abschalteinrichtungen implementiert, und zwar neben dem Thermofenster auch eine Zykluserkennung. Zur Verschleierung habe die Beklagte das Onboard-Diagnose-System des Fahrzeugs manipuliert. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass ihn die Beklagte hierdurch geschädigt habe. In Kenntnis der unzulässigen Abschalteinrichtungen hätte er den für ihn nachteiligen Kaufvertrag nicht geschlossen. Die Beklagte müsse daher die wirtschaftlichen Folgen dieses Kaufvertrags rückgängig machen.
Mit seiner Klage hat der Kläger die Zahlung von 9.756,00 Euro verlangt (Kaufpreis abzüglich Veräußerungserlös und einer Nutzungsentschädigung von 4.314,00 Euro). Außerdem hat er die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten von 994,12 Euro begehrt.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie verweist nochmals auf die umfassenden langjährigen Untersuchungen des Kraftfahrt-Bundesamts, die zu dem Ergebnis geführt hätten, dass Motoren der Baureihe EA 288 keine unzulässige Abschalteinrichtung enthalten. Die Abgasrückführung sei in einem Temperaturbereich von - 24 °C bis + 70 °C voll aktiv. Die Fahrkurvenerkennung stelle keine unzulässige Abschalteinrichtung dar. Eine Manipulation des OBD hat sie bestritten.
Durch Urteil vom 2. Juni 2022 hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Unter Berücksichtigung der vom Kraftfahrt-Bundesamt getroffenen Feststellungen fehle es an greifbaren Anhaltspunkten dafür, dass in dem Klägerfahrzeug eine unzulässige Abschalteinrichtung implementiert sein könnte.
Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er seine erstinstanzlichen Anträge weiterverfolgt. Er meint, dass er das Vorhandensein unzulässiger Abschalteinrichtungen hinreichend substantiiert vorgetragen habe; das Landgericht habe insoweit überzogene Anforderungen gestellt. Insbesondere werde die Abgasrückführung bereits bei einer Lufttemperatur von weniger als 17 Grad Celsius zurückgefahren und unterhalb von 5 Grad Celsius vollständig abgeschaltet. Im Übrigen wiederholt und vertieft der Kläger sein erstinstanzliches Vorbringen. Überdies meint er, das vorliegende Verfahren müsse bis zu einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache C-100/21 ausgesetzt werden.
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.
Im Übrigen wird gemäß § 540 Abs. 2 ZPO in Verbindung mit § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO von einer Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen und Ergänzungen abgesehen, weil die Revision nicht zugelassen wurde und ein Rechtsmittel gegen das Urteil deshalb bei einer Beschwer des unterlegenen Klägers von nicht mehr als 20.000,00 Euro unzweifelhaft nicht zulässig ist (§§542 Abs. 1, 543 Abs. 1, 544 Abs. 2 Nr. ZPO).
II. Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.
In der Sache selbst hat das Rechtsmittel allerdings keinen Erfolg.
Das Landgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen deliktischen Schadensersatzanspruch gemäß §§ 826, 31 BGB bzw. gemäß § 831 BGB.
Es lässt sich nicht feststellen, dass die Beklagte bewusst und gewollt eine unzulässige Abschalteinrichtung in dem streitgegenständlichen Fahrze...