Entscheidungsstichwort (Thema)
Diesel-Skandal: Verjährung der Schadensersatzansprüche aus § 826 BGB für im März 2013 gekauften Neuwagen mit Motor EA189
Normenkette
BGB §§ 214, 826
Verfahrensgang
LG Wiesbaden (Urteil vom 05.08.2021; Aktenzeichen 2 O 2499/20) |
Tenor
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Auf die Berufung des Klägers wird das am 05.08.2021 verkündete Urteil des Landgerichts Wiesbaden (Az.: 2 O 2499/20) abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 13.127,35 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.01.2021 zu zahlen, Zug um Zug gegen Übergabe und Rückübereignung des Fahrzeugs Volkswagen Tiguan Sport & Style 4 MOTION 2.0 l TDI mit der Fahrzeug-Identifizierungsnummer: ....
Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger zu 48% und der Beklagten zu 52 % auferlegt.
Dieses Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger nimmt die Beklagte wegen der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung im Zusammenhang mit der Abgasrückführung auf Schadenersatz in Anspruch.
Der Kläger erwarb mit verbindlicher Bestellung vom 23.03.2013 über die X GmbH & Co. KG ein von der Beklagten hergestelltes Neufahrzeug des Typs Tiguan Sport & Style 4 MOTION 2.0 l TDI, welches mit einem von der Beklagten hergestellten Dieselmotor des Typs EA 189 ausgestattet ist, wobei die schriftliche Bestellung einen Kaufpreis von 33.190 EUR ausweist (vgl. Anlage K1, Anlagenband). In der Motorsteuerung war eine Software verbaut, die erkannte, ob sich das Fahrzeug auf dem Prüfstand befindet. In diesem Fall aktivierte sie einen Betriebsmodus, der den Stickoxidausstoß verringerte. Im normalen Fahrbetrieb schaltete sie dagegen in einen Betriebsmodus, der zu einem höheren Stickoxidaustritt führte. Das Kraftfahrtbundesamt (nachfolgend: KBA) wertete die Motorsteuerungssoftware als unzulässige Abschalteinrichtung und gab der Beklagten auf, diese zu beseitigen.
Die Beklagte entwickelte daraufhin ein Software-Update für die von der unzulässigen Abschalteinrichtung betroffenen Motoren, welches auch auf das Fahrzeug des Klägers aufgespielt wurde. Der Kläger erhielt im Jahr 2016 ein Informationsschreiben der Beklagten, in dem sie die betroffenen Fahrzeughalter von der Manipulationssoftware im Dieselmotor EA 189 in Kenntnis setzte.
Mit seiner im Dezember 2020 erhobenen Klage hat der Kläger von der Beklagten die Zahlung von 33.190 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des Fahrzeugs abzüglich einer Nutzungsentschädigung in Anspruch genommen (Klageantrag zu 1.). Darüber hinaus hat er die Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten beansprucht (Klageantrag zu 2.) und die Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten im Hinblick auf die beanspruchte Zug-um-Zug Leistung (Klageantrag zu 3.) verlangt.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, ihm stehe ein Schadenersatzanspruch aus §§ 826, 31 BGB zu, wobei die gezogenen Nutzungsvorteile vom Kaufpreis in Abzug zu bringen seien. Sein Schaden bestehe - nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. BGH, Urteil vom 25.05.2020 - VI ZR 252/19) - in der Belastung mit einer ungewollten Verbindlichkeit. Die sittenwidrige Schädigung sei kausal für die Kaufentscheidung gewesen, da er das Fahrzeug bei Kenntnis der tatsächlichen Sachlage nicht erworben hätte.
Der Kläger hat weiter vorgetragen, die Beklagte habe im Rahmen des Software-Updates zur Entfernung der ursprünglichen Abschalteinrichtung (mindestens) eine neuerliche Abschalteinrichtung in Gestalt des sog. Thermofensters verbaut, welche in Abhängigkeit von der Außentemperatur Einfluss auf das Emissionsverhalten nehme und dazu führe, dass die Abgasrückführung im realen Fahrbetrieb niedriger und der Schadstoffausstoß höher sei als auf dem Prüfstand. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, eine vorsätzliche Schädigung liege auch wegen der Implementation des Thermofensters vor. Der Schaden bestehe im Verlust der Durchsetzbarkeit seiner Ansprüche auf Schadenersatz, da die Beklagte ihm durch das Aufspielen des Software-Updates vorgegaukelt habe, einen gesetzeskonformen Zustand herzustellen, weshalb er es unterlassen habe, seine Ansprüche wegen der ursprünglich verbauten Umschaltlogik weiter zu verfolgen.
Der Kläger hat weiter geltend gemacht, dass ihm jedenfalls ein Anspruch auf Restschadenersatz (§ 852 BGB) zustehe.
Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben.
Sie hat behauptet, das implementierte Thermofenster sei zum sicheren Betrieb des Fahrzeugs notwendig und daher zulässig. Die Verwendung des Thermofensters sei gegenüber dem KBA bei Antragstellung auf Freigabe des Software-Updates auch offengelegt worden. Folglich fehle es an einer sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung (§ 826 BGB).
Das Landgericht, auf dessen tatsächliche Feststellungen wegen der weiteren Einzelheiten zu...