Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 06.06.1990; Aktenzeichen 2/12 O 494/89)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das am 6. Juni 1990 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat auch die Kosten der Berufung zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 425.000,00 DM abzuwenden, wenn nicht zuvor der Kläger Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Wert der Beschwer wird auf 500.000,00 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

Gegenstand des Streites der Parteien sind Schadensersatzansprüche des Klägers aus einem Unfall vom 13.6.1985. Damals stürzte der zu diesem Zeitpunkt 46 Jahre alte Kläger von einem Baugerüst, das der Beklagte aufgebaut hatte, und erlitt Verletzungen, die zu einer Querschnittslähmung führten. Zu dem Sturz kam es, weil eine Bohle des Gerüstbelages sich löste, als der Kläger sie begehen wollte.

Der Beklagte ist Inhaber eines Dachdecker- und Gerüstbetriebes, welcher mit der Erneuerung des Daches des Anwesens … in … beschäftigt war. Vor Beginn der Dachdeckerarbeiten hatte der Betrieb des Klägers ein Rahmengerüst erstellt.

Wegen seiner Bauart wird auf die beiden Lichtbilder in Hülle Bl. 83 Bezug genommen. Der Kläger war zum Unfallzeitpunkt Inhaber eines Zimmereibetriebes und hatte den Auftrag, an dem genannten Gebäude die Erneuerung des Dachstuhles nebst Imprägnierung vorzunehmen.

Am 13.6.1985 gegen 13.30 Uhr bestieg der Kläger die dritte Gerüstlage, um den Dachüberstand zu streichen. An der Hausecke stieß er mit dem Fuß gegen eine von zwei Bohlen, welche auf dem Gerüstbelag auflagen. Die Bohle rutschte von ihrem Auflager, so daß der Kläger durch die Belaglücke 6 m tief zu Boden stürzte.

Während des Sturzes stieß er mit dem Nacken gegen ein hervorstehenes Gerüstrohr. Dadurch zog er sich Verletzungen an der Halswirbelsäule zu. Diese führten zu einem kompletten sensomotorischen Querschnittssyndrom unterhalb C 7 mit Teillähmungen an den oberen körperfernen Gliedmaßen, einer Lähmung der Rücken-, Brustkorb- und Bauchmuskulatur sowie einer vollständigen Lähmung beider Beine, verbunden mit vollständigem Gefühlsausfall für alle Qualitäten unterhalb der Läsionshöhe einschließlich einer Lähmung von Harnblase und Darm. Wegen der Einzelheiten der vom Kläger erlittenen Verletzungen wird auf die fachärztlichen Gutachten in den Beiakten der Bauberufsgenossenschaft … insbesondere die Gutachten vom 18.11.1985 (Bl. 89 bis 90 a der Beiakten), 24.1.1986 (Bl. 148 bis 150 der Beiakten) und 8.2.1986 (Bl. 155 bis 164 der Beiakten) Bezug genommen.

Im Auftrag der Bauberufsgenossenschaft erstellte der technische Aufsichtsbeamte … aufgrund einer am 14.6.1985 durchgeführten Ortsbesichtigung am 12.7.1985 einen Unfalluntersuchungsbericht. Der Zeuge … gelangte zu dem Ergebnis, daß der Unfall darauf zurückzuführen sei, daß die beiden aufgelegten Bohlenstücke nicht gegen Verschieben gesichert gewesen seien.

Mit Schreiben vom 4.4.1989 lehnte der Haftpflichtversicherer des Beklagten die Regulierung ab.

Der Kläger hat behauptet, der Unfall sei darauf zurückzuführen, daß es der Beklagte bzw. die an der Gerüsterstellung beteiligten Angehörigen seines Betriebes unterlassen hätten, die aufgelegten Bohlenstücke mit einer ausreichenden Überdeckungslänge von ca. 20 cm zu verlegen und gegen Verschieben zu sichern. Insbesondere seien die Bohlen nicht, wie erforderlich, mit Stricken befestigt gewesen. Zur Begründung seines Feststellungsbegehrens hat der Kläger behauptet, sein Verdienstausfallschaden sei derzeit noch nicht bezifferbar. Gleiches gelte für den immateriellen Schaden, da gegenwärtig das Ausmaß seiner Pflegebedürftigkeit noch nicht abzusehen sei.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld zuzüglich 4 % Zinsen seit dem 5.4.1989 zu zahlen, festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet sei, ihm allen weiteren materiellen und immateriellen Schaden aus Anlaß des Schadensfalles vom 13.6.1985 gegen 13.30 Uhr auf dem Grundstück … in … zu ersetzen, soweit kein Übergang auf Sozialleistungsträger erfolgt sei.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat behauptet, das Gerüst sei ordnungsgemäß nach Maßgabe der DIN 4420 erstellt worden. Die abgekippte Bohle habe eine Überlappung von mehr als 20 cm gehabt. Ferner sei sie durch Verstrickung gegen Abkippen gesichert gewesen. Der Unfall sei auf ein unachtsames Beschreiten des Gerüstes durch den Kläger zurückzuführen. Der Kläger sei gestolpert und habe die Bohle nach vorne gestoßen, wodurch sie abgekippt sei.

Im übrigen hat der Beklagte die Ansicht vertreten, der Kläger sei gemäß Ziff. 9.1 Halbsatz 2 der DIN 4420 verpflichtet gewesen, vor dem Begehen des Gerüstes darauf zu achten, ob noch in allen Fällen ausreichende Überdeckungen vorhanden seien. Gegen diese Pflicht habe er verstoßen, indem er sich mit dem Zeugen unterhalten habe.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im ersten Rech...

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