Entscheidungsstichwort (Thema)
Unlautere Werbung mit Bewertungen auf Social-Media-Plattformen, die durch Teilnahme an einem Gewinnspiel abgegeben werden
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Unlauterkeit von Bewertungen auf Social-Media-Plattform, wenn diese als Gegenleistung für die Teilnahme an einem Gewinnspiel abgegeben werden
2. Zur Frage, in welchem Umfang der Kläger die Abhängigkeit der beanstandeten Bewertungen von dem Gewinnspiel darlegen muss
3. Zum Bestehen eines Anscheinsbeweises, dass ein erheblicher Teil der auf den Plattformen vorhandenen Bewertungen durch das Gewinnspiel veranlasst wurde
Normenkette
UWG §§ 3, 5 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 19.11.2019; Aktenzeichen 3-06 O 87/18) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 19.11.2019 verkündete Urteil der 6. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt am Main wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung der Unterlassungsverpflichtung aus dem angefochtenen Urteil durch Sicherheitsleistung in Höhe von 70.000,- EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Im Übrigen kann die Beklagte die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund der Urteile vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin verlangt von der Beklagten, es zu unterlassen, im Zusammenhang mit Whirlpools mit Bewertungen zu werben, wenn diese dadurch zustande kommen, dass sie als Gegenleistung für die Teilnahme an einem Gewinnspiel abgegeben werden.
Die Parteien vertreiben gewerbsmäßig Whirlpools. Die Beklagte lobte auf der Plattform Facebook mittels eines "Posts" (Bl. 4 d.A.) ein Gewinnspiel über einen Luxus-Whirlpool aus. Im Text der Beklagten hieß es:
"Wie du gewinnen kannst? Ganz einfach: Diesen Post liken, kommentieren, teilen; unsere Seite liken oder bewerten. Jede Aktion erhält ein Los und erhöht deine Gewinnchance".
Die Klägerin sieht in der Gewinnauslobung einen Wettbewerbsverstoß, mahnte die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 4.5.2018 ab und forderte vergeblich die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung.
Schließlich beantragte die Klägerin den Erlass einer einstweiligen Verfügung vor dem Landgericht Frankfurt am Main, das dem Eilantrag antragsgemäß mit Beschluss vom 24.5.2018 stattgab. Auf den Widerspruch der Beklagten hielt das Landgericht die einstweilige Verfügung aufrecht. Die hiergegen eingelegte Berufung wurde mit Urteil vom 16.5.2019 - 6 U 14/19 zurückgewiesen (im LG-Urteil falsch 14.5.2019).
Mit Abschlussschreiben vom 26.6.2019 forderte die Klägerin die Beklagte unter Fristsetzung vergeblich auf, die im Eilverfahren ergangene Entscheidung als endgültige Regelung anzuerkennen und auf sämtliche Rechtsmittel zu verzichten.
Mit der vorliegenden Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren im Hauptverfahren - nebst außergerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren - weiter (Unterlassung = Klageantrag zu 4.; Zahlung in Höhe von 996,95 EUR = Klageantrag zu 1.; Zahlung in Höhe von 1.752,90 EUR = Klageantrag 5.)
Wegen des Sachverhalts im Weiteren und des streitigen Vortrags der Parteien in erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.
Mit Urteil vom 19.11.2019 hat das Landgericht der Klage stattgegeben. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe verwiesen.
Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte sowie begründete Berufung der Beklagten, mit der sie ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgt.
Die Beklagte trägt vor:
Das Landgericht habe der Klage zu Unrecht stattgegeben.
Es fehle bereits an dem geltend gemachten Wettbewerbsverstoß. Jedenfalls habe die Klägerin einen Verstoß im Umfang des Unterlassungstenors weder dargelegt noch bewiesen.
Die Feststellungen des Landgerichts basierten auf Mutmaßungen, denn aus dem Vortrag der Klägerin ergebe sich nicht, dass ihr weitere Feststellungen zu "gekauften" Facebook-Kommentaren nicht möglich gewesen seien. Letztlich habe die Klägerin trotz der ihr obliegenden Darlegungs- und Beweislast nur zwei Facebook-Kommentare vorgetragen, welche nach ihrem Verständnis "erkauft" gewesen seien. Insoweit habe die Klägerin jedenfalls keine relevante Irreführung dargelegt. Die Äußerung des Verdachts, dass die vom Beklagten aufgestellte Werbebehauptung irreführend sei, reiche für eine schlüssige Klage nicht aus.
Ein Unterlassungsanspruch scheide jedenfalls bezüglich der Angaben auf dem Portal "11880.com" aus. Dort sei nämlich keine Bewertungen beworben worden, auf die im Zeitraum des Gewinnspiels Einfluss genommen worden sei. Wie für jedermann erkennbar, seien auf dem Portal ausweislich der Anlage CF 1 nur solche Facebook-Kommentare beworben worden, die vor der Auslobung des Gewinnspiels abgegeben worden seien. Eine I...