Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftung des Linksabbiegers
Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Geltendmachung eines Schmerzensgeldes für Schmerzen und Einschränkungen, die bis zur letzten mündlichen Verhandlung entstanden sind, handelt es sich um eine zulässige Teilklage und nicht um die Geltendmachung eines Teilschmerzensgeldes.
2. Unterlässt der Linksabbieger die Anzeige seiner Abbiegeabsicht, ist in der Regel von seiner Alleinhaftung auszugehen.
3. Bei der Geltendmachung von Fahrtkosten als Schadensersatz können bei Benutzung eines Pkw nur die reinen Betriebskosten geltend gemacht werden. Diese betragen nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 JVEG 0,25 EUR pro km.
Normenkette
BGB § 253; JVEG § 5 Abs. 2 Nr. 1; SGB 10 § 119; ZPO § 287
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 10.06.2008; Aktenzeichen 2-26 O 320/03) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 26. Zivilkammer des LG Frankfurt/M. vom 10.6.2008 (2-26 O 320/03) wird zurückgewiesen.
Auf die Anschlussberufung der Beklagten wird das vorgenannte Urteil abgeändert.
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 22.251,12 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.12.2004 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger allen weiteren materiellen und immateriellen Schaden aus dem Verkehrsunfall vom ... Mai 2003 zu ersetzen, soweit nicht ein Anspruchsübergang auf Sozialversicherungsträger stattgefunden hat.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Anschlussberufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Von den Kosten der ersten Instanz haben der Kläger 57 % und die Beklagten als Gesamtschuldner 43 % zu tragen.
Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben der Kläger 75 % und die Beklagten als Gesamtschuldner 25 % zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Den Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 87.027,30 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien streiten um Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall, der sich am ... Mai 2003 auf der ... aus Richtung Stadt1 in Richtung ... ereignet hat.
Wegen des Sachverhalts im Einzelnen wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des LG Frankfurt/M. vom 10.6.2008 (Bl. 491-493 d.A.).
Das LG hat mit diesem Urteil die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 22.339,09 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.2.2004 zu zahlen. Außerdem hat es festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger allen weiteren materiellen und immateriellen Schaden aus dem Verkehrsunfall vom ... Mai 2003 zu ersetzen, soweit nicht ein Anspruchsübergang auf Sozialversicherungsträger stattgefunden hat.
Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.
Zur Begründung hat das LG ausgeführt, der Beklagte zu 2) habe den Unfall allein verschuldet. Er sei nach links abgebogen, ohne dies rechtzeitig und deutlich anzukündigen, insb. ohne den Fahrtrichtungsanzeiger zu benutzen.
Aus der Geschwindigkeit von 60 km/h beim Abbiegen folge, dass der Abbiegevorgang für den nachfolgenden Verkehr überraschend gewesen sei. Es würden keine Anhaltspunkte vorliegen für ein Mitverschulden des Klägers wegen zu hoher Geschwindigkeit. Eine etwaige Betriebsgefahr trete wegen des erheblichen Verschuldens des Beklagten zu 2) zurück. Dem Kläger stünden unstreitige Positionen von 9.281,12 EUR zu. Fahrkosten könnte er nur i.H.v. 1.174,30 EUR statt von 2.037,60 EUR verlangen, da der Kläger den begründeten Abzügen der Beklagten nicht entgegengetreten sei. Die Differenz zwischen dem Nettoverdienst und dem Krankentagegeld betrage unter Berücksichtigung der Eigenersparnis 860 EUR statt 1.188 EUR. Die beschädigten Stiefel und Handschuhe seien mit 440,90 EUR, andere Teile mit 250 EUR zu ersetzen. Der Verdienstausfall des Klägers belaufe sich auf 23.333 EUR. Dies ergebe sich aus der ergänzenden Auskunft der Firma A GmbH.
Kosten für den orthopädischen Autositz seien nicht zu ersetzen, da lediglich unsubstantiiert die Notwendigkeit eines solchen Sitzes behauptet werde.
Die Arbeitgeberanteile zur Rentenversicherung seien nicht zuzusprechen gewesen, da der Kläger keinen Beweis angetreten habe, dass auf die Provision Rentenbeiträge zu zahlen sind. Auch bestehe kein Anspruch auf eine Nutzungsausfallentschädigung, da der Kläger infolge der Verletzungen das Fahrzeug nicht hätte nutzen können. Auch habe er keinen Anspruch auf Ersatz des Haushaltsführungsschadens, da nicht anzunehmen sei, dass er nicht in der Lage war, den Haushalt zu führen.
Das Schmerzensgeld sei mit 17.000 EUR angemessen. Neben einer 9-monatigen Arbeitsunfähigkeit seien erhebliche Schmerzen des Klägers und...