Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 26.04.1984; Aktenzeichen 3/6 O 210/83) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 26. April 1984 verkündete Urteil der 6. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt am Main abgeändert.
Es wird festgestellt, daß der Geschäftsverteilungsplan für die Geschäftsführung der Beklagten
in Nr. 4 Buchstaben a), b), c), und d) nichtig ist
und
in Nr. 1 Buchstaben b) und c) insoweit nichtig ist, als dem Sprecher der Geschäftsführung die Vertretung der Geschäftsführung gegenüber dem Betriebsrat und dem Wirtschaftsausschuß und die Wahrnehmung von Aufgaben der Geschäftsführung gegenüber Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen obliegt.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des ersten Rechtszuges hat der Kläger 2/3 und die Beklagte 1/3 zu tragen. Die Kosten des zweiten Rechtszuges werden gegeneinander aufgehoben.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Zwangsvollstreckung des Gegners kann der Kläger durch Sicherheitsleistung in Höhe von 4.500,– DM, die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe von 2.600,– DM abwenden, sofern nicht der Gegner vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Sicherheit kann durch unbedingte und unbefristete selbstschuldnerische Bürgschaft eines im Inland als Zoll- und Steuerbürge zugelassenen Kreditinstituts erbracht werden.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger ist als gewerkschaftlicher Arbeitnehmervertreter stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsrats der Beklagten. Der Aufsichtsrat ist nach den Vorschriften des Mitbestimmungsgesetzes vom 4. Mai 1976 zusammengesetzt.
Der Kläger hat verschiedene Bestimmungen der Satzung der Beklagten sowie des Geschäftsverteilungsplans und der Geschäftsordnung für die Geschäftsführung als unvereinbar mit der gesetzlich gewährleisteten Stellung des Arbeitsdirektors nach § 33 Mitbestimmungsgesetz angesehen und die Feststellung der Nichtigkeit der Bestimmungen beantragt.
Das Landgericht hat die Klage hinsichtlich der Satzungsbestimmungen abgewiesen und im übrigen dem Begehren des Klägers stattgegeben.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im ersten Rechtszug und der Begründung des Landgerichts wird ergänzend auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Gegen das am 2. Mai 1984 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 1. Juni 1984 Berufung eingelegt und diese nach Fristverlängerung bis 2. Oktober 1984 am 28. September 1984 begründet.
Die Beklagte trägt vor, durch den Verkauf des früheren Unternehmensbereichs … sei die Zahl ihrer Arbeitnehmer, die am 31. Dezember 1983 noch 2.778 betragen habe, ab 1. Januar 1984 auf 1.739 und in der Folge bis zum 31. August 1984 weiter auf 1.550 gesunken. Damit sei die nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 Mitbestimmungsgesetz für die Anwendung des § 33 maßgebliche Zahl von mehr als 2.000 Arbeitnehmern auf Dauer unterschritten. Mangels Anwendbarkeit des § 33 Mitbestimmungsgesetz könne die Gültigkeit der angegriffenen Bestimmungen nicht mehr an dieser Vorschrift gemessen werden. Im vorliegenden Verfahren müsse auch die Vortrage, ob die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 2 Mitbestimmungsgesetz erfüllt seien, unabhängig davon betrachtet werden, daß ein Überleitungsverfahren nach §§ 97 bis 99 Aktiengesetz – derzeit anhängig bei dem 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main unter dem Aktenzeichen 20 W 281/84 – laufe. Denn in dem Überleitungsverfahren werde nur darüber entschieden, ob der Aufsichtsrat nach den Vorschriften des Mitbestimmungsgesetzes gebildet werden müsse. Dort wie im hiesigen Verfahren sei die Regelzahl der Arbeitnehmer nur Vortrage. Vertrete man aber dennoch den Standpunkt, daß in dem Verfahren nach §§ 97 ff. Aktiengesetz allgemein verbindlich der Mitbestimmungscharakter der Gesellschaft geklärt werde, so müsse im vorliegenden Prozeß jedenfalls eine Aussetzung wegen Vorgreiflichkeit des Überleitungsverfahrens erfolgen. Soweit das Landgericht die angegriffenen Bestimmungen für unwirksam halte, gehe es zu Unrecht davon aus, daß ein gemäß § 33 Mitbestimmungsgesetz zu bestellender Arbeitsdirektor die gleiche Stellung einnehme wie ein nach § 13 Montanmitbestimmungsgesetz bestellter Arbeitsdirektor. Im übrigen stünden die Bestimmungen im Einklang mit dem gesetzlichen Gebot, daß der Arbeitsdirektor wie die übrigen Mitglieder der Geschäftsführung seine Aufgaben im engsten Einvernehmen mit dem Gesamtorgan auszuüben habe und daß er ebenso wie jeder andere gesamtvertretungsberechtigte Geschäftsführer in die Gesamtverantwortung eingebunden sei.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger ist der Ansicht, mit dem Statusverfahren nach §§ 97 ff. Aktiengesetz werde nicht nur nach dem Amtsermittlungsprinzip gemäß § 12 FGG die Rechtmäßigkeit der Zusammensetzung des Aufsichtsrats, sondern auch verbindlich festgestellt, ob das Mitbestimmungsgesetz ...