Entscheidungsstichwort (Thema)

Zum Anwendungsbereich von § 191 InsO

 

Normenkette

InsO §§ 41, 191

 

Verfahrensgang

LG Limburg a.d. Lahn (Urteil vom 16.04.2021; Aktenzeichen 2 O 210/20)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 16.04.2021 verkündete Urteil des Landgerichts Limburg an der Lahn - 2. Zivilkammer - abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt wegen eines der X-Verlag GmbH (im Folgenden: Schuldnerin) gewährten Darlehens die Feststellung von Insolvenzforderungen zur Insolvenztabelle der Schuldnerin.

Der Klage liegt ein zwischen der Klägerin als Darlehensgeberin und der Schuldnerin als Darlehensnehmerin am 11.12.2012 geschlossener Darlehensvertrag über 300.000 Euro (Anlage K 4) zugrunde. In dem Vertrag war in § 3 eine Laufzeit "zunächst bis zum 31. Dezember 2013 vereinbart". § 4 des Vertrages sah unter der Überschrift "Rückzahlung" Folgendes vor:

"Die Rückzahlung erfolgt vorrangig gegenüber sämtlichen anderen bestehenden Darlehen, sobald die Darlehensnehmerin zur Rückzahlung des Darlehens wirtschaftlich in der Lage ist. Eine Rückzahlung in Teilbeträgen ist möglich."

Die Klägerin zahlte die Darlehensvaluta in Teilbeträgen von 180.000 Euro am 19.12.2012 und 120.000 Euro am 02.01.2013 an die Schuldnerin aus.

Auf einen von der Schuldnerin am 28.01.2013 gestellten Antrag eröffnete das Amtsgericht Limburg an der Lahn - Insolvenzgericht - am 01.03.2013 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin und bestellte den Beklagten zum Insolvenzverwalter.

Die Klägerin meldete im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin wegen der beiden an die Schuldnerin geleisteten Zahlungen jeweils entsprechende Forderungen nebst Zinsen zur Insolvenztabelle an. Der Beklagte stellte die Forderungen als aufschiebend bedingt zur Insolvenztabelle fest.

Im Übrigen wird anstelle einer Darstellung weiterer Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes und der erstinstanzlichen Anträge der Parteien auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Klage, die sich darauf richtet, die Forderungen der Klägerin gegen die Schuldnerin wegen der geleisteten Zahlungen als unbedingte Insolvenzforderungen zur Insolvenztabelle festzustellen, stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, dass es sich bei den Forderungen der Klägerin nicht um aufschiebend bedingte Forderungen im Sinne des § 191 InsO handele. Die Parteien des Darlehensvertrages hätten sich darauf geeinigt, dass es sich bei der die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Schuldnerin betreffenden Formulierung in § 4 des Vertrages nicht um eine Bedingung im Sinne des § 158 BGB, sondern um eine Fälligkeitsregelung handele, die lediglich den Rückzahlungszeitpunkt habe festlegen sollen. Dies ergebe sich aus dem unstreitig gebliebenen Vortrag der Klägerin zum subjektiven Willen der Vertragsparteien. Eine Auslegung des Vertrages nach objektiven Maßstäben sei damit entbehrlich.

Der Beklagte hat gegen das seinem erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigen am 20.04.2021 zugestellte Urteil des Landgerichts mit am 12.05.2021 bei dem Oberlandesgericht eingegangenem Schriftsatz seiner jetzigen Prozessbevollmächtigten Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis zum 19.07.2021 verlängerten Berufungsbegründungsfrist mit einem am Tag des Fristablaufs bei dem Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz seiner jetzigen Prozessbevollmächtigten begründet.

Mit seiner Berufung verfolgt der Beklagte seinen erstinstanzlichen Antrag auf Abweisung der Klage weiter.

Er ist der Ansicht, das Landgericht habe aufgrund einer fehlerhaften Tatsachenfeststellung keine Auslegung des § 4 des Darlehensvertrages nach objektiven Maßstäben vorgenommen. Eine solche Auslegung ergebe, dass in § 4 des Vertrages eine aufschiebende Bedingung geregelt sei. Das Landgericht habe zu Unrecht angenommen, dass unstreitig ein subjektiver Wille der Vertragsparteien bestanden habe, nach dem § 4 des Vertrages lediglich den Rückzahlungszeitpunkt festlege. Der Beklagte habe einen solchen Willen in seinen erstinstanzlichen Schriftsätzen bestritten. Das Landgericht habe darüber hinaus eine Hinweispflicht verletzt, da nach dem mit Beschluss vom 29.10.2020 erteilten Hinweis darauf, dass es sich bei der Regelung in § 4 des Vertrages um eine Besserungsklausel handele, ein erneuter Hinweis erforderlich gewesen sei, dass das Landgericht daran nicht habe festhalten wollen.

Der Beklagte macht darüber hinaus geltend, dass die streitgegenständlichen Forderungen zumindest aufgrund des ungewissen Fälligkeitseintritts als aufschiebend bedingte Forderungen zu werten seien.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und begehrt die Zurückweisung der Berufung sowie hilfsweise, für den Fall, dass eine Beweisaufnahme erforderlich wird, die Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landgericht.

Sie beruft sich darauf, dass es s...

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