Entscheidungsstichwort (Thema)
Sale-and-rent-back: Gewerbsmäßiger Ankauf und Rückvermietung von Fahrzeugen mit der Gewährung der Möglichkeit des Rückerwerbs
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Kaufvertrag über einen Pkw und ein zugleich geschlossener Vertrag über die Rückanmietung des Pkw durch den Verkäufer von dem Käufer, der dem Verkäufer die faktische Möglichkeit gewährt, das Fahrzeug nach Ende des Mietverhältnisses zurückzuerwerben, sind wegen Verstoßes gegen § 34 Abs. 4 GewO unwirksam, wenn die von dem Mieter vertraglich zu erbringenden Leistungen über einen Nutzungsersatz für das Fahrzeug hinausgehen. Die Nichtigkeit der schuldrechtlichen Verträge erfasst auch das dingliche Rechtsgeschäft der Eigentumsübertragung an dem Fahrzeug auf den Käufer und Vermieter (Festhaltung an OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 5.6.2020 - 2 U 90/10, juris).
2. Der durch die Fahrzeugnutzung entstehende Gebrauchsvorteil ist nach der Formel Marktwert des Fahrzeugs × gefahrene Kilometer ./. voraussichtliche Restlaufleistung zu bestimmen. Über ein Entgelt für die Überlassung des Kapitals nebst Verwaltungsaufwand hinaus sind Aufwendungen, die dem Käufer bei Abschluss eines Pfandleihvertrages entstanden wären, für die Bemessung des Gebrauchsvorteils nicht relevant (Änderung der Rechtsprechung, vgl. OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 5.6.2020 - 2 U 90/10, juris).
Normenkette
BGB §§ 134, 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 Nr. 1, § 346 Abs. 1, § 347 Abs. 1 S. 1, § 535; GewO § 34 Abs. 4
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 18.09.2020; Aktenzeichen 2-14 O 414/18) |
Nachgehend
Tenor
Die gegen das am 18. September 2020 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main gerichtete Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen der Beklagten zur Last.
Das Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Beklage betreibt bundesweit mit 25 Filialen ein staatlich zugelassenes Pfandleihhaus. Sie verfolgt das Geschäftsmodell, dass sie Eigentümern von Kraftfahrzeugen diese Kraftfahrzeuge abkauft und sie ihnen für einen Folgezeitraum gegen ein monatliches Entgelt unmittelbar zur Miete überlässt. Nach Ende der Mietzeit soll sie das Fahrzeug öffentlich versteigern.
Die Klägerin war Eigentümerin des Pkw Marke1 Typ1 mit der Fahrzeugidentifikationsnummer ... und dem amtlichen Kennzeichen .... Unter dem 13. August 2018 schlossen die Parteien in der Zweigniederlassung der Beklagten in Stadt1 einen dieses Fahrzeug betreffenden Kaufvertrag und einen dieses Fahrzeug betreffenden Mietvertrag.
Mit dem Kaufvertrag veräußerte die Klägerin ihren Pkw bei einem Kilometerstand von 126.770 zum Preis von 1.500,- EUR an die Beklagte. Das Eigentum an dem Fahrzeug sollte mit der Unterzeichnung des Kaufvertrages auf die Beklagte übergehen. Gemäß § 6 a) des Vertrages beabsichtigte die Klägerin, das Fahrzeug von der Beklagten zur Nutzung zurück zu mieten. Ferner ist in dem Vertrag auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagte verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die bei der Akte befindliche Kopie (Anlage K 1 - Blatt 7 ff. der Akte) Bezug genommen. Die Klägerin übergab der Beklagten sämtliche Fahrzeugpapiere sowie die Fahrzeugschlüssel und erhielt einen Barscheck über den Kaufpreis.
Mit Mietvertrag vom selben Tage mietete die Klägerin das Fahrzeug von der Beklagten "im Rahmen des Vertragsmodells 'sale-and-rent-back'" für die Zeit vom Vertragsschluss am 13. August 2018 bis zum 13. Februar 2019. Die monatlich zu zahlende Miete betrug gemäß § 5 des Mietvertrages 255,47 EUR, wobei dieser Betrag gemäß § 7 e) des Mietvertrages durch die Übernahme der Kosten für Steuern, Versicherung, Wartung und Reparaturen durch die Klägerin auf monatlich 148,50 EUR reduziert wurde. Gemäß § 5 f), g) des Mietvertrages waren die erste Miete eingehend bei der Beklagten 14 Tage nach Abschluss des Mietvertrages und die weiteren Mieten jeweils am Kalendertag des Vertragsabschlusses unbar zu zahlen. Gemäß § 6 b) des Vertrages ist die Beklagte zur sofortigen Kündigung des Mietvertrages berechtigt, wenn der Mieter mit einer Mietzahlung mehr als fünf Tage in Verzug kommt, oder wenn er gegen vertragliche Pflichten verstößt und trotz Aufforderung seitens der Beklagten unter Fristsetzung von einer Woche seinen Pflichten weiterhin nicht nachkommt. Ferner werden "Kardinalfälle" aufgeführt, die zur sofortigen Beendigung des Mietvertrages führen. Gemäß § 6 c) ist der Mieter in allen Fällen der Vertragsbeendigung verpflichtet, das Fahrzeug nebst Zulassungsbescheinigung Teil I und Fahrzeugschlüssel binnen einer Frist von 24 Stunden an die Beklagte zurückzugeben. Anderenfalls ist die Beklagte danach be...