Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtliche Bedeutung der Funktion "Teilen" in sozialen Netzwerken
Leitsatz (amtlich)
Bei der Funktion "Teilen", die zwar dem "Verlinken" in technischer Sicht ähnlich ist, handelt es sich vielmehr um eine Möglichkeit, auf private Inhalte anderer Nutzer hinzuweisen. Anders als bei der Funktion "gefällt mir" (vgl. hierzu z.B. Bauer, Kündigung wegen beleidigender Äußerungen auf Facebook, NZA 2013, 67, 71) ist dem "Teilen" für sich genommen keine über die Verbreitung des Postings hinausgehende Bedeutung zuzumessen.
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 19.02.2015; Aktenzeichen 2-3 O 69/14) |
Tenor
Auf die Berufung des Verfügungsbeklagten wird das am 19.2.2015 verkündete Urteil des LG Frankfurt am Main - 2-03 O 69/14 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die einstweilige Verfügung der 3. Zivilkammer des LG Frankfurt am Main vom 21.3.2014 wird aufgehoben, soweit es dem Verfügungsbeklagten untersagt worden ist, auf den von ihm betriebenen und/oder administrierten Internetseiten (wie beispielsweise ...) und/oder dem Internetportal "Facebook" zu behaupten und/oder zu veröffentlichen und/oder veröffentlichen zu lassen, die Mitglieder des Verfügungsklägers seien geistig minderbemittelte Hofdamen eines ordinären Königs, wenn dies wie in Anlage K 3 ersichtlich geschieht; ferner der Vorsitzende des Verfügungsklägers sei bereits mehrfach durch Urheberrechtsverletzungen aufgefallen, wenn dies wie in Anlage K 3 ersichtlich geschieht.
Ferner wird der auf ihren Erlass gerichtete Antrag des Verfügungsklägers zurückgewiesen.
Im Übrigen wird die Berufung des Verfügungsbeklagten gegen das Urteil des LG Frankfurt am Main vom 19.2.2015, durch das die einstweilige Verfügung vom 21.3.2014 bestätigt worden ist, zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits - und zwar beider Instanzen - tragen die Parteien je zur Hälfte.
Der Streitwert für die 1. Instanz wird bis zum 21.3.2014 auf 24.000,- EUR festgesetzt. Im Übrigen beträgt der Streitwert für die restliche 1. Instanz und das Berufungsverfahren je 12.000,- EUR.
Gründe
I. Der Verfügungskläger ist ein gemeinnütziger Verein, dessen Zweck die Förderung des nationalen und internationalen Tierschutzes ist. Der Kläger unterstützt mit Spendengeldern eine unter der Bezeichnung "X" aktive dänische Tierschutzgruppe. Der Verfügungsbeklagte ist Redakteur und verantwortlicher Betreiber der Internetseite ... Der Verfügungsbeklagte veröffentlichte unter dem ... 2014 den aus Anlage K 1 (Bl. 26 ff d.A.) ersichtlichen Artikel unter der Überschrift "A ... Verein vergleicht dänische Hunde mit Juden". Des Weiteren veröffentlichte der Verfügungsbeklagte am ... 2014 einen Betrag unter dem Titel "A.. ein Haufen ordinärer Proleten?" gemäß Anlage K 3 (Bl. 29 ff d.A.).
Das LG hat - auf den Antrag des Verfügungsklägers vom 24.2.2014 - es dem Verfügungsbeklagten im Wege einer einstweiligen Verfügung gemäß Beschluss vom 21.3.2014 (Bl. 52 ff d.A.) untersagt, auf den vom Verfügungsbeklagten betriebenen und/oder administrierten Internetseiten (wie beispielsweise ...) und/oder dem Internetportal "Facebook" zu behaupten und/oder zu veröffentlichen und/oder veröffentlichen zu lassen,
1. dass der Verfügungskläger dänische Hunde mit Juden vergleicht, wenn dies wie in Anlage K 1 ersichtlich geschieht;
und/oder
2. die Mitglieder des Verfügungsklägers seien geistig minderbemittelte Hofdamen eines ordinären Königs, wenn dies wie in Anlage K 3 ersichtlich geschieht;
und/oder
3. der Vorsitzende des Verfügungsklägers sei bereits mehrfach durch Urheberrechtsverletzungen, dubiose Spendenaffären und Rettungsaktionen im Zusammenhang mit kriminellen Vermehrern, Drogen- und Hundekampfmilieu aufgefallen, wenn dies wie in Anlage K 3 ersichtlich geschieht.
Mit Schriftsatz vom 18.3.2014 (Bl. 69 d.A.) hatte der Verfügungskläger ursprünglich eingereichte 3 weitere Anträge zurückgenommen und zwei weitere Anträge modifiziert.
Mit Urteil vom 19.2.2015 hat das LG die einstweilige Verfügung vom 21.3.2014 bestätigt.
Hinsichtlich des Sachverhalts und hinsichtlich der Entscheidungsgründe wird gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 170 - 182 d.A.) Bezug genommen.
Gegen das ihm am 02.3.2015 zugestellte Urteil hat der Verfügungsbeklagte mit einer am 27.3.2015 bei Gericht eingegangenen Schrift Berufung eingelegt, die -nach entsprechender Verlängerung der Begründungsfrist - mit einer am 02.6.2015 bei Gericht eingegangenen Schrift begründet worden ist.
Der Verfügungsbeklagte rügt Rechtsfehler und unzutreffende Tatsachenfeststellungen.
Er meint, hinsichtlich des Postings aus Anlage K 1 ("Judenhunde") sei das LG fehlerhaft davon ausgegangen, dass der auf den Seiten des Verfügungsbeklagten veröffentlichte Screenshot nicht mit dem Original-Posting des Verfügungsklägers übereinstimme. Durch das "Teilen" des angegriffenen Postings habe sich der Verfügungskläger den Vergleich zwischen dänischen Hunden und Juden zu eigen gemacht.
Ferner habe der Verfügungsbeklagte...