Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtigkeit von Beschlüssen der Hauptversammlung wegen Einladungsmangel
Normenkette
AktG § 121 Abs. 3 S. 2, §§ 134, 135 Abs. 8, § 241 Nr. 1
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 13.01.2009; Aktenzeichen 3/5 O 210/08) |
BGH (Aktenzeichen II ZR 93/10) |
Tenor
Auf die Berufungen der Kläger zu 3, 8, 10, 16, 20 und 24 sowie des Streithelfers der Kläger zu 30 wird das am 13.1.2009 verkündete Urteil der 5. Kammer für Handelssachen des LG Frankfurt/M. teilweise abgeändert und zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst:
Auf die Klage der Klägerin zu 24 wird festgestellt, dass der Beschluss der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 29.8.2008 zu Tagesordnungspunkt 2 über die Verwendung des Bilanzgewinns von EUR 49.667.945,38 des Geschäftsjahres 2007 nichtig ist.
Auf die Klagen der Klägerinnen zu 20 und 24 wird festgestellt, dass der Beschluss der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 29.8.2008 zu Tagesordnungspunkt 3 über die Entlastung des Vorstands für das Geschäftsjahr 2007 nichtig ist.
Auf die Klagen der Klägerinnen zu 20 und 24 wird festgestellt, dass der Beschluss der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 29.8.2008 zu Tagesordnungspunkt 4 über die Entlastung des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr 2007 nichtig ist.
Auf die Klage der Klägerin zu 24 wird festgestellt, dass der Beschluss der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 29.8.2008 zu Tagesordnungspunkt 5 über die Wahl des Abschlussprüfers für das Geschäftsjahr 2008 nichtig ist.
Auf die Klagen der Kläger zu 1, 2,3,4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 20, 21, 22, 23, 24, 25, 26 und 27 wird festgestellt, dass der Beschluss der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 29.8.2008 zu Tagesordnungspunkt 6 über die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre auf den Hauptaktionär gegen Gewährung einer angemessenen Barabfindung (Ausschluss von Minderheitsaktionären) nichtig ist.
Die Klage der Klägerin zu 19 wird abgewiesen.
Die Berufung der Beklagten gegen das am 13.1.2009 verkündete Urteil der 5. Kammer für Handelssachen des LG Frankfurt/M. wird zurück gewiesen.
Von den erstinstanzlichen Gerichtskosten haben die Beklagte 96,6 % und die Klägerin zu 19 3,4 % zu tragen. Die erstinstanzlichen außergerichtlichen Kosten der Kläger zu 1, 2, 3,4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 20, 21, 22, 23, 24, 25, 26 und 27 sowie der Streithelfer zu 28, 29 und 30 hat die Beklagte zu tragen. Von den erstinstanzlichen außergerichtlichen Kosten der Beklagten hat die Klägerin zu 19 3,4 % zu tragen. Im Übrigen haben die Parteien ihre erstinstanzlichen außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen.
Von den zweitinstanzlichen Gerichtskosten haben die Beklagte 96,6 % und der Kläger zu 5 3,4 % zu tragen. Die zweitinstanzlichen außergerichtlichen Kosten der Kläger zu 1, 2, 3,4, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 20, 21, 22, 23, 24, 25, 26 und 27 sowie der Streithelfer zu 28, 29 und 30 zu hat die Beklagte zu tragen. Von den zweitinstanzlichen außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 5 hat die Beklagte 50 % zu tragen. Von den zweitinstanzlichen außergerichtlichen Kosten der Beklagten hat der Kläger zu 5) 3,4 % zu tragen. Im Übrigen haben die Parteien ihre zweitinstanzlichen außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den jeweiligen Vollstreckungsschuldnern wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Leistung einer Sicherheit i.H.v. 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Die Beklagte ist eine börsennotierte Aktiengesellschaft mit einem Grundkapital von 63 Mio. Euro. Mit ihrer Hauptaktionärin als herrschender Gesellschaft besteht ein Beherrschungsvertrag. Durch Bekanntmachung im elektronischen Bundesanzeiger vom 16.7.2008 lud die Beklagte zu einer Hauptversammlung am 29.8.2008 ein. Gegenstand der Tagesordnung waren u.a. die Beschlussfassungen zu TOP 2 über die Verwendung des Bilanzgewinns des Geschäftsjahres 2007, zu TOP 3 über die Entlastung des Vorstandes für das Geschäftsjahr 2007, zu TOP 4 über die Entlastung des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr 2007, zu TOP 5 über die Wahl des Abschlussprüfers für das Geschäftsjahr 2008 sowie zu TOP 6 über die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre auf die Hauptaktionärin gegen Gewährung einer Barabfindung i.H.v. 91,11 EUR je Aktie (sog. Squeeze-out).
Für die Einzelheiten der Formulierung der Beschlussanträge wird auf die Einladung zur Hauptversammlung, Bl. 21 ff. d.A., Bezug genommen.
Die Einladung enthielt u.a. folgende Bestimmung:
"Aktionäre, die nicht selbst an der Hauptversammlung teilnehmen möchten, können einen Bevollmächtigten, auch ein Kreditinstitut oder eine Vereinigung von Aktionären, beauftragen, für sie an der Hauptversammlung teilzunehmen und das Stimmrecht auszuüben. Die Vollmacht zur Au...