Entscheidungsstichwort (Thema)
Unzulässigkeit eines Teilurteil über erste Stufe der Stufenklage sowie weitere Anträge außerhalb des Stufenverhältnisses
Leitsatz (amtlich)
1. Das Verbot eines Teilurteils bei Gefahr einander widersprechender Entscheidungen gilt auch zwischen der letzten Stufe der Stufenklage und außerhalb des Stufenverhältnisses stehenden Anträgen.
2. Wird die Hauptsache hinsichtlich einer der früheren Stufen der Stufenklage einseitig für erledigt erklärt, steht der Antrag auf Feststellung der Erledigung außerhalb des Stufenverhältnisses.
Normenkette
ZPO §§ 254, 301
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 03.08.2022; Aktenzeichen 2-25 O 258/20) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 3. August 2022 verkündete Urteil der 25. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main, 2-25 O 258/20, aufgehoben, soweit die Beklagte dort verurteilt worden ist.
Die Sache wird insoweit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Berufungsverfahrens, an das Landgericht Frankfurt am Main zurückverwiesen.
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Parteien streiten über Zahlungsansprüche der Klägerin aufgrund einer beendeten Kooperationsvereinbarung.
Die Klägerin hat erstinstanzlich zum einen im Wege der Leistungsklage eine "Grundvergütung" sowie diesbezügliche vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten geltend gemacht und zum anderen im Wege der Stufenklage Auskunft, ggfls. eidesstattliche Versicherung und schließlich - noch unbeziffert - Zahlung einer erfolgsabhängigen Beratervergütung/Performance Fee begehrt.
Die Beklagte hat den Ansprüchen der Klägerin - auch der mit der Stufenklage begehrten Beratervergütung (LGU 5, 8 "auch"; s.a. Schriftsatz der Beklagten vom 05.07.2022, S. 7, Bl. 198 d.A.) - entgegengehalten, diese habe ihre vertraglichen Pflichten nicht erfüllt.
Mit dem nunmehr angefochtenen Teilurteil, auf das hinsichtlich des näheren Sachverhalts sowie der erstinstanzlichen Klageanträge und der Entscheidungsgründe Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Grundvergütung zuerkannt, die diesbezügliche Ersatzforderung hinsichtlich der Rechtsanwaltskosten verneint und dem Auskunftsanspruch hinsichtlich des diesbezüglichen Hilfsantrags unter Zurückweisung des weitergehenden Auskunftsbegehrens stattgegeben.
Hiergegen richtet sich die am 01.09.2022 beim Oberlandesgericht eingegangene Berufung der Beklagten. Die Beklagte hat den - mit der Berufung bekämpften - Auskunftsanspruch am 04.10.2022 erfüllt. Die Klägerin hat daraufhin die Hauptsache insoweit für erledigt erklärt, dem hat sich die Beklagte nicht angeschlossen.
Die Parteien wiederholen und ergänzen ihr erstinstanzliches Vorbringen. Die Beklagte macht nunmehr die Aufrechnung gegen die Zahlungsansprüche mit einem Schadensersatzanspruch geltend, der sich auf "deutlich mehr als EUR 500.000,-" (BB S. 5, 18 ff., 21, Bl. 254, 267 ff, 270) und einen "weiteren Betrag von bis zu EUR 700.000,-" (Schriftsatz der Beklagten vom 02.11.2023, S. 7 ff., 10, Bl. 335 ff., 338 d.A.) belaufe und darauf beruhe, dass die Klägerin die Bestandsprovisionen bei den Fondsdepotbanken nicht wie geboten hinterlegt habe.
Die Beklagte beantragt,
das angefochtene Teil-Urteil vom 3. August 2022 (LG Frankfurt 2-25 O 258/20) aufzuheben und die Klage abzuweisen
Die Klägerin beantragt,
die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass an die Stelle der Verurteilung zur Auskunft die Feststellung tritt, dass sich die Hauptsache insoweit erledigt hat.
II. 1. Die Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft und in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden, §§ 511 I, II, 517, 519, 520 ZPO.
Dies gilt auch, soweit sich die Beklagte gegen den von ihr erfüllten Auskunftsanspruch wendet. Insbesondere ist insoweit die Beschwer der Beklagten durch das angefochtene Urteil nicht entfallen. Zwar entfällt die Beschwer, wenn der zugesprochene Anspruch erfüllt wird und es dabei sein Bewenden haben soll, d.h. dies nicht nur zur Abwendung der Zwangsvollstreckung erfolgt, was trotz dem mit der Auskunft endgültig preisgegebenen Wissen auch bei der Erfüllung von Auskunftsansprüchen in Betracht kommt (so BGH, Beschl. v. 5.10.2021 - VIII ZB 68/20, BeckRS 2021, 33354 Rn. 14). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Beschwer als Zulässigkeitsvoraussetzung des Rechtsmittels ist jedoch derjenige der Rechtsmitteleinlegung (BGH, Beschl. vom 13. 1. 2000 - VII ZB 16/99, NJW 2000, 1120. Die Beklagte hat die Auskunft erst nach Einlegung der Berufung erteilt.
2. In der Sache führt die Berufung der Beklagten zur Aufhebung des Teilurteils im Umfang der Anfechtung und zur Zurückverweisung an das Landgericht gem. § 538 II Nr. 7 ZPO.
a) Das Teilurteil ist entgegen den Voraussetzungen des § 301 ZPO ergangen.
Auch bei objektiver Klagehäufung oder grundsätzlicher Teilbarkeit des Streitgegenstands darf ein Teilurteil nur ergehen, wenn die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen - auch infolge abweichender Beurteilung durch das Rechtsmittelgericht - ausgeschlossen...