Entscheidungsstichwort (Thema)
Wartefrist vor Abschlussschreiben; Abschlussschreiben als einfaches Schreiben
Leitsatz (amtlich)
1. Die vor Absendung eines Abschlussschreibens zu wahrende Wartefrist beträgt auch nach Erlass eines die Beschlussverfügung bestätigenden Urteils zwei Wochen.
2. Durch ein Abschlussschreiben entsteht lediglich die 0,3-Gebühr für ein einfaches Schreiben, wenn das Schreiben keine erneute rechtliche Prüfung erforderte und demzufolge lediglich die für ein Abschlussschreiben üblichen Standardformulierungen enthält.
Normenkette
RVG-VV Nr. 3202
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 15.09.2009; Aktenzeichen 2/18 O 483/08) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 15.9.2009 verkündete Urteil der 18. Zivilkammer des LG Frankfurt/M. teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 333,80 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 17.1.2008 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Von den Kosten der ersten Instanz haben die Klägerin ¾ und die Beklagte ¼ zu tragen. Von den Kosten der Berufung haben die Klägerin 3/5 und die Beklagte 2/5 zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Von der Darstellung des Sachverhalts wird gem. §§ 540 II i.V.m. 313a I, 1 ZPO abgesehen.
Die zulässige Berufung hat in der Sache teilweise Erfolg. Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auf Erstattung der Anwaltskosten für das Abschlussschreiben vom 3.7.2007 aus §§ 677, 683, 670 BGB (zur Anwendbarkeit dieser Vorschriften vgl. BGH, Urt. v. 4.2.2010 - I ZR 30/08, Tz. 26), jedoch nur in der vom Senat zuerkannten Höhe, zu.
Der Klägerin stand - worüber zwischen den Parteien kein Streit mehr besteht - der mit dem Abschlussschreiben weiterverfolgte Anspruch zu.
Die Hinzuziehung eines Anwaltes für das Abschlussschreiben war erforderlich (vgl. BGH, a.a.O., Tz. 23 f.).
Das Abschlussschreiben stellte gebührenrechtlich eine gegenüber der Tätigkeit im vorausgegangenen Eilverfahren eigene Angelegenheit dar (vgl. BGH, Urt. v. 12.3.2009 - IX ZR 10/08, Tz. 8 m.w.N.).
Die Klägerin hat die vor einem Abschlussschreiben zu wahrende Wartefrist eingehalten.
Diese Frist beträgt nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. GRUR-RR 2003, 274 [278]; GRUR-RR 2003, 294 - jeweils m.w.N.) im Allgemeinen zwei Wochen, beginnend mit dem Zugang der Entscheidung, die für den Schuldner Anlass geben kann, von sich aus zu prüfen, ob eine Abschlusserklärung abgegeben werden soll. Eine Verlängerung dieser Frist ist im vorliegenden Fall nicht deshalb geboten, weil es sich bei dieser Entscheidung nicht um eine Beschlussverfügung, sondern um ein Urteil handelte, mit dem die bereits ergangene Beschlussverfügung bestätigt worden ist.
Jedenfalls im Hinblick darauf, dass die Beklagte bereits anlässlich der Beschlussverfügung die Möglichkeit einer Abschlusserklärung hatte, besteht kein Anlass, ihr nach Erlass des diese Verfügung bestätigenden Urteils eine längere (weitere) Prüfungsfrist als eine solche von zwei Wochen zuzubilligen. Auf die weitere Frage, ob nach Zustellung einer Urteilsverfügung - also eines Urteils, mit dem die einstweilige Verfügung erstmals erlassen wird - die Wartefrist der einmonatigen Berufungsfrist angepasst werden sollte (wofür nach einem obiter dictum in der Entscheidung BGH GRUR 2006, 349, Tz. 19, gute Gründe sprechen sollen), kommt es für die vorliegende Entscheidung nicht an.
Die demnach auch hier geltende Wartefrist von zwei Wochen hat die Klägerin beachtet.
Für das Abschlussschreiben sind allerdings lediglich Kosten in Höhe der Gebühr für ein einfaches Schreiben (0,3-Gebühr nach Nr. 3202 RVG VV) entstanden.
Nach der Rechtsprechung des BGH (vgl. auch hierzu Urt. v. 4.2.2010 - I ZR 30/10; Tz. 31) lässt ein Abschlussschreiben zwar im Allgemeinen eine Geschäftsgebühr (Nr. 2300 RVG VV) entstehen. Etwas anderes gilt jedoch, wenn die Aufforderung zur Abgabe einer Abschlusserklärung keine erneute rechtliche Prüfung erfordert und das Abschlussschreiben demzufolge lediglich Standardformulierungen enthält, wie sie üblicherweise in einem solchen Schreiben vorkommen; dann handelt es sich bei dem Abschlussschreiben um ein einfaches Schreiben im gebührenrechtlichen Sinn (a.a.O., Tz. 32).
Die zuletzt genannten Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt. Das Abschlussschreiben vom 3.7.2007 enthielt lediglich die üblichen Standardformulierungen. Die Klägerin hat auch nicht vorgetragen, dass ihr Anwalt etwa ungeachtet dieser verwendeten Formulierungen weitere die Entstehung einer Geschäftsgebühr auslösende Überlegungen angestellt hätte, die lediglich in dem Schreiben vom 3.7.2007 keinen Niederschlag gefunden hätten. Der Senat verkennt nicht, dass der vorliegende Fall anders gelagert ist als der Sachverhalt, der der genannten Entscheidung des BGH zugrunde lag. Dort hatte der Verletzer seinen Widerspruch auf Hinweis des Gerichts zurückgenommen, während die Beklagte im vorlieg...