Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen für Kürzungsrecht des Heimbewohners wegen mangelhafter Pflegeleistungen
Leitsatz (amtlich)
Eine Minderung des Heimentgelts wegen mangelhafter Leistung ist von einem Kürzungsverlangen des Verbrauchers abhängig. Das Kürzungsverlangen stellt eine geschäftsähnliche Handlung dar, die gegenüber dem Unternehmer vorzunehmen ist. Der Anspruch entsteht erst ab dem Verlangen für die nachfolgende Zeit, solange die Schlechtleistung andauert, und ist für die zurückliegende Zeit auf bis zu sechs Monate beschränkt, auch wenn der Mangel schon länger bestand. Nach dem Zeitpunkt des Kürzungsverlangens bestimmt sich auch die sechsmonatige Ausschlussfrist. Diese materielle Ausschlussfrist führt dazu, dass der Anspruch für den Zeitraum vor Fristbeginn untergeht. Ein Rückgriff auf die Gewährleistungsvorschriften des Mietrechts findet nicht statt.
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 25.05.2012; Aktenzeichen 2-27 O 398/11) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das am 25.5.2012 verkündete Urteil der 27. Zivilkammer des LG Frankfurt/M. wird zurückgewiesen.
Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das vorliegende Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 23.563,60 EUR festgesetzt.
Gründe
A. Die Klägerin verlangt von dem Beklagten die Zahlung von restlichen Heimpflegekosten (Eigenleistungen) i.H.v. insgesamt 9.491 EUR, die bis zum 31.5.2010 im Zusammenhang mit der Heimunterbringung seiner inzwischen verstorbenen Schwiegermutter, Frau A, in dem von der Klägerin betriebenen Seniorenstift B entstanden sind. Der Beklagte, der sich zur Zahlung der Heimpflegekosten persönlich verpflichtet hat, beruft sich gegenüber dem Zahlungsverlangen der Klägerin auf eine Minderung und auf ein Zurückbehaltungsrecht, und er hat zudem die Aufrechnung mit mehreren Gegenforderungen erklärt. Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes und der gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils des LG Frankfurt/M. Bezug genommen.
Zu ergänzen ist:
Über die im Tatbestand des angefochtenen Urteils dargestellten Aufrechnungsforderungen hinaus, hat der Beklagte mit zwei weiteren Forderungen die Aufrechnung erklärt: Mit einer Forderung i.H.v. 357 EUR für die Überprüfung eines Medikamentes durch das Institut C und mit einer Schmerzensgeldforderung i.H.v. 5.000 EUR.
Das LG hat der Zahlungsklage in vollem Umfang stattgegeben. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LG im Wesentlichen ausgeführt: Eigene aufrechenbare Forderungen des Beklagten gegenüber der Klägerin aus Vertrag seien nicht gegeben. Zwischen dem Beklagten selbst und der Klägerin sei der Heimvertrag nicht abgeschlossen worden. Der Beklagte habe sich gem. § 5 des Heimvertrages mit einer Kostenverpflichtungserklärung zur Zahlung der Heimkosten verpflichtet. Eigene Ansprüche des Beklagten aus dem Heimvertrag seien daraus nicht ersichtlich. Die Vorausaussetzungen der Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts nach § 273 BGB seien hier nicht ersichtlich. Ein Anspruch des Beklagten aus Geschäftsführung ohne Auftrag wegen Übernahme von Pflegeleistungen gegenüber der Bewohnerin Frau A, die ansonsten der Klägerin oblegen hätten, komme zwar in Betracht, sei aber im Ergebnis nicht gegeben. Für die Behauptung, eine unzureichende Personalausstattung der Einrichtung der Klägerin habe bei Frau A dazu geführt, dass sie Hunger gelitten und Magenschmerzen bekommen habe, habe der Beklagte keinen konkreten Beweis angetreten. Ein solcher Beweis könne auch nicht durch eine Beweisaufnahme über eine allgemein ungünstige Personalausstattung der Pflegeeinrichtung in den Wintermonaten November 2010 bis Januar 2011 geführt werden.
Auch Ansprüche aus übergegangenem Recht der Heimbewohnerin lägen nicht vor. Zwar könnte der Bewohnerin aus dem Heimvertrag wegen Schlechterfüllung ein Minderungsrecht zustehen. Doch auch hierfür gelte, dass die Schlechterfüllung des Heimvertrages nicht hinreichend konkret bezogen auf einzelne Zeitabschnitte und die Verletzung konkreter Pflichten vorgetragen sei. Auch sei fraglich, ob die von dem Beklagten erklärte Ankündigung der Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts im Schreiben vom 28.2.2011 als ein Kürzungsverlangen angesehen werden könne.
Die Abtretung etwaiger Schadensersatz- oder Aufwendungsersatzansprüche der Heimbewohnerin selbst sei nicht dargetan. Die Unterzeichnung des Vertrages durch den Beklagten in Vollmacht für Frau A berechtige diesen noch nicht zur Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Vertrag aus eigenem oder abgetretenem Recht. Der allgemeine Vortrag, wonach Frau A auch alle ihre Ansprüche un...