Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftung für Schäden durch hochgeschleuderten Gegenstand bei Mäharbeiten
Leitsatz (amtlich)
Bei Mäharbeiten sind grundsätzlich die notwendigen Sicherungsvorkehrungen zu treffen, um Schäden durch hochgeschleuderte Steine zu vermeiden.
Normenkette
BGB § 288 Abs. 1 S. 2, Abs. 2; StVG § 7 Abs. 1; ZPO § 286 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 18.12.2020; Aktenzeichen 2-10 O 99/20) |
Tenor
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 18. Dezember 2020 zum Aktenzeichen 2-10 O 99/20 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 5.829,18 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 23. Mai 2019 zu zahlen.
Die Beklagte wird ferner verurteilt, an die Klägerin EUR 480,20 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligem Basiszinssatz seit dem 10. Dezember 2019 zu zahlen.
Im Übrigen bleibt die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu 10 % und die Beklagte zu 90 % zu tragen.
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Von einer Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil und von der Darstellung etwaiger Änderungen und Ergänzungen wird gemäß den §§ 540 Abs. 1, 2, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.
II. Die zulässige Berufung hat in der Sache in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfange Erfolg.
1. Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Schadensersatzanspruch in Höhe von EUR 5.829,18 gemäß den §§ 823 Abs. 1, 249 ff. BGB zu.
Der Bus der Klägerin ist im Streitfall durch einen vom Mäher der Beklagten heraufgeschleuderten Stein beschädigt worden. Dies steht aufgrund der erstinstanzlichen Beweisaufnahme zur Überzeugung des erkennenden Einzelrichters (§§ 525 Satz 1, 286 Abs. 1 ZPO) fest.
Der Zeuge A hat bei seiner Befragung geschildert, dass ein Rasenmäher an dem klägerischen Fahrzeug vorbeigefahren sei und es einen lauten Knall gegeben habe. Nachdem er den Zeugen B - den Fahrer des Mähers - zu sich gerufen habe, sei die Scheibe zerbrochen.
Auch der Zeuge B schilderte, er sei in einem Abstand von 2 bis 3 Metern an dem klägerischen Fahrzeug vorbeigefahren, bevor die Scheibe zerbrochen sei.
Der erkennende Einzelrichter hat keinen Anlass, an den insoweit übereinstimmenden Angaben der Zeugen zu zweifeln. Da eine andere plausible Erklärung für die Beschädigung des klägerischen Fahrzeugs weder dargetan noch anderweitig ersichtlich ist und insbesondere keine weiteren Fahrzeuge in das Geschehen involviert waren, die ursächlich für die Beschädigung des Buses sein könnten, steht zur Überzeugung des erkennenden Einzelrichters fest, dass diese auf einen beim Mähvorgang hochgeschleuderten Gegenstand zurückzuführen ist.
Die Beklagte hat ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt.
Derjenige, der eine Gefahrenquelle schafft, ist verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern. Indessen muss nicht jeder abstrakten Gefahr durch vorbeugende Maßnahmen begegnet werden; eine absolute Sicherheit kann und muss nicht gewährleistet werden. Es bedarf nur solcher Sicherungsmaßnahmen, die ein verständiger und umsichtiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für ausreichend halten darf, um andere Personen vor Schäden zu bewahren, und die ihm den Umständen nach zumutbar sind (vgl. etwa BGH, Urteil vom 20.09.1994 - VI ZR 162/93 -, NJW 1994, 3348).
Dies bedeutet, dass bei Mäharbeiten der vorliegenden Art (insbesondere) die notwendigen Sicherungsvorkehrungen und -maßnahmen zu treffen sind, um Schäden durch hoch geschleuderte Steine zu vermeiden (vgl. etwa BGH, Urteil vom 04.07.2013 - III ZR 250/12 -, NJW-RR 2013, 1490, 1491; Hager, in: Staudinger, BGB, 2009, § 823 E, Rdnr. E 165). Dabei müssen freilich nur solche Schutzvorkehrungen getroffen werden, die unter Berücksichtigung des Gefahrenpotenzials mit vertretbarem Aufwand durchgeführt werden können (vgl. BGH, Urteil vom 04.07.2013 - III ZR 250/12 -, NJW-RR 2013, 1490, 1491; Hager, in: Staudinger, BGB, 2009, § 823 E, Rdnr. E 165).
Nach diesen Maßstäben durfte die Beklagte hier mit dem Mähfahrzeug nicht in der Weise, die sich aus der Beweisaufnahme ergeben hat, an dem klägerischen Fahrzeug vorbeifahren.
Das Mähfahrzeug ist nämlich im Streitfall im Abstand von nur 2 bis 3 Metern an dem auf dem Warteplatz stehenden Bus vorbeigefahren.
Insoweit hat die Beklagte jedoch die ihr zur Verfügung stehenden Schutzvorkehrungen nicht ausgeschöpft. Wird ein Wiesenteil durch einen Mäher in der Weise gemäht, dass der Abstand zu parkenden Fahrzeugen nur 2 bis 3 Meter beträgt, hat der Verkehrssicherungspflichtige Vorkehrungen dafür zu treffen, dass Personen und fremde Sachen nicht beschädigt werden. Gerade weil es sich im Streitfall nur um einen sehr überschaubaren Bereich handelte, der zu mähen war, war es dem Mitarbeiter de...