Leitsatz (amtlich)
1. Die für die Tätigkeit des Bevollmächtigten der Nebenintervenientin der (Muster-)Beklagten im Rahmen des erstinstanzlichen Kapitalanlegermusterverfahrens angefallene Terminsgebühr (Nr. 3104 VV RVG) ist im Ausgangsverfahren des einzelnen Kapitalanlegers bei entsprechender Kostengrundentscheidung zu Lasten des klagenden Kapitalanlegers im Kostenfestsetzungsverfahren festzusetzen. § 24 KapMuG schließt eine solche Festsetzung nicht gänzlich aus.
2. Die Erstattungsfähigkeit der Terminsgebühr ist indessen der Höhe nach in analoger Anwendung von § 24 Abs. 2 Satz 1 und 2 KapMuG auf eine anteilige Erstattung entsprechend der Beteiligung des einzelnen Klägers am Musterverfahren beschränkt.
Verfahrensgang
LG Hamburg (Aktenzeichen 329 O 1/18) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Landgerichts Hamburg vom 17.04.2023, Az. 329 O 1/18, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Wert von 9.678,06 EUR.
Gründe
I. Der Kläger wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Kostenfestsetzung zugunsten der Nebenintervenientin.
Der Kläger hat mit seiner Klage vom 29.12.2017 Schadensersatz aus Prospekthaftung wegen seiner Beteiligung [...] geltend gemacht, und zwar mit einem Zahlungsantrag über 987.500,00 EUR und einem Feststellungsantrag für zukünftige Schäden. Das vorgenannte Projekt beinhaltete die Beteiligung an vier Einschiffsgesellschaften, namentlich [...] GmbH & Co. KG. Der Beitritt des Klägers erfolgte am 25.06.2009 mittelbar über die Beklagte zu 2) mit einer ursprünglichen Einlage i.H.v. 750.000,00 EUR zzgl. 5 % Agio, d.h. 37.500,00 EUR, sowie einer weiteren Einlage als "Sanierungskapital" i.H.v. 200.000,00 EUR. Die Beklagte zu 1) hatte die Nebenintervenientin mit einer gutachterlichen Stellungnahme zur Beurteilung des für die o.a. Beteiligung erstellten Verkaufsprospekts beauftragt.
Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 22.02.2018 einen Musterverfahrensantrag gem. §§ 1 ff. KapMuG gestellt. Die Beklagten haben mit ihrer Klagerwiderung vom 13.03.2018 der Nebenintervenientin den Streit verkündet (Bl. 156 d.A.). Die Nebenintervenientin hat mit Schriftsatz vom 29.03.2018 den Beitritt zum Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten zu 1) erklärt (Bl. 167 d.A.). Mit Beschluss vom 29.07.2019 (Bl. 201 ff. d.A.) hat das Landgericht gemäß § 6 Abs. 1 KapMuG dem Hanseatischen Oberlandesgericht die Sache zum Zwecke der Herbeiführung eines Musterentscheides vorgelegt und mit Beschluss vom 25.02.2020 das Verfahren gemäß § 8 Abs. 1 KapMuG ausgesetzt.
Das Musterverfahren ist vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht zum Az. 13 Kap. 23/19 durchgeführt worden. Der Streitwert dieses Verfahrens ist auf 5.876.827,00 EUR festgesetzt worden. Im Rahmen dieses Musterverfahrens sind Termine zur mündlichen Verhandlung am 26.05.2021 und 03.11.2021 durchgeführt worden, an denen der hiesige Bevollmächtigte der Nebenintervenientin teilgenommen hat.
Mit Beschluss vom 17.10.2022 hat das Landgericht gemäß § 278 Abs. 6 ZPO das Zustandekommen eines Vergleichs der Parteien festgestellt. U.a. heißt es in Ziff. 5 des Beschlusses, der Kläger trage von den Verfahrenskosten 90 % und die Beklagten 10 %, die Kosten des Vergleichs würden gegeneinander aufgehoben. Ein Termin vor dem Landgericht ist im erstinstanzlichen Ausgangsverfahren nicht durchgeführt worden. Die Nebenintervenientin hat mit Schriftsatz vom 25.10.2022 beantragt, durch Beschluss die Kosten der Nebenintervenientin zu 90 % der Klägerin aufzuerlegen. Eine entsprechende Kostengrundentscheidung ist mit Beschluss vom 14.11.2022 ergangen (vgl. Bl. 259 f. d.A.). Das Landgericht hat den Streitwert mit Beschluss vom selben Tag auf 1.063.500,00 EUR festgesetzt (vgl. Bl. 262 f. d.A.).
Mit Schriftsatz vom 22.02.2023 hat die Nebenintervenientin Kostenfestsetzung beantragt, und zwar in Höhe einer 1,3-Verfahrensgebühr nach dem o.g. Streitwert für das Verfahren vor dem Landgericht Hamburg, mithin i.H.v. 6.516,90 EUR sowie anteilig mit einer Quote von 18,1 % im Hinblick auf das Musterverfahren vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht eine Terminsgebühr nebst Reisekosten und Abwesenheitspauschalen für die Termine vom 26.05.2021 und 03.11.2021 sowie eine Post- und Telekommunikationspauschale. Auf entsprechenden Hinweis der Rechtspflegerin beim Landgericht hat die Nebenintervenientin ihren Festsetzungsantrag im Hinblick auf die Reisekosten und Abwesenheitspauschalen mit Schriftsatz vom 03.04.2023 reduziert. Sie hat zuletzt nur noch die o.a. Verfahrensgebühr (6.516,90 EUR) und einen Anteil von 18,1 % der Terminsgebühr aus dem Musterverfahren (23.295,60 EUR), mithin einen weiteren Betrag von 4.216,50 EUR sowie die Telekommunikationspauschale i.H.v. 20,00 EUR geltend gemacht. Auf dieser Grundlage hat die Rechtspflegerin beim Landgericht mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 17.04.2023 (Bl. 341 ff. d.A.) die zu erstattenden Kosten - unter Berücksichtigung der Erstattungsquote von 90 % - auf 9.678,06 EUR festgesetzt.
Gegen diesen Kostenfestsetzungsbeschlu...