Verfahrensgang

LG Hamburg (Entscheidung vom 20.06.2011; Aktenzeichen 711 Ns 25/10)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Strafantragstellerin We. gegen die Kosten- und Auslagenentscheidung aus dem Beschluss des Landgerichts Hamburg, Kleine Strafkammer 11, vom 20. Juni 2011 wird verworfen.

Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Die im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen der Angeklagten trägt die Beschwerdeführerin.

 

Gründe

I. 1. Der Angeklagten E. hat aufgrund mit Eröffnungsbeschluss vom 1. November 2002 zugelassener Anklage vom 24./29. April 2002 eine vom 28. September 2000 bis mindestens 17. Januar 2001 begangene Vereitelung der Zwangsvollstreckung zur Last gelegen. Das Amtsgericht Hamburg-Altona hat mit Urteil vom 16. Oktober 2003 wegen Vereitelns der Zwangsvollstreckung auf eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten erkannt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Dagegen hat die Angeklagte mit Verteidigerschriftsatz vom 22. Oktober 2003 Rechtsmittel eingelegt, das nach Urteilszustellung als Berufung konkretisiert worden ist. Nach am 10. September 2004 mit Hinblick auf einen zwischen Beteiligten anhängigen Zivilrechtsstreit beschlossener Aussetzung des Verfahrens gemäß § 262 Abs. 2 StPO hat das Landgericht Hamburg, Kleine Strafkammer 10, durch Urteil vom 24. Juli 2008 die Berufung der Angeklagten mit der Maßgabe, dass zwei Monate der Freiheitsstrafe als vollstreckt gelten, verworfen. Den Feststellungen des Berufungsurteils zufolge war zum Zeitpunkt der ersten Vereitelungshandlung vom 28. September 2000 die Antragstellerin We. zusammen mit Rechtsanwalt G. Testamentsvollstreckerin über den geschädigten Nachlass des O. Wu.; die den Gegenstand eines durch die Testamentsvollstrecker fortgesetzten Rechtsstreites bildenden Forderungen gingen im Dezember 2000 auf die O. und I. Wu. Stiftung über, deren Vorstand die Antragstellerin We. neben Rechtsanwalt G. war; die zweite Vereitelungshandlung erfolgte am 17. Januar 2001.

Gegen das Berufungsurteil hat die Angeklagte am 29. Juli 2008 durch ihren gewählten Verteidiger Rechtsanwalt W. Revision eingelegt und diese am 11. Dezember 2008 durch Schriftsatz eines weiteren Verteidigers mit dem Antrag auf Aufhebung des Urteils einschließlich der Feststellungen und Zurückverweisung der Sache sowie Verfahrensrügen und der Sachrüge begründet.

Den nach § 288 Abs. 2 StGB zur Verfolgung einer Zwangsvollstreckungsvereitelung erforderlichen Strafantrag haben Staatsanwaltschaft, Amtsgericht und Landgericht in einem zwischen dem 25. Januar und 2. Februar 2001 mittels Schriftsatzes des Rechtsanwalts G. "namens und in Vollmacht von Frau S. We." gestellten Antrag gesehen. Während des Revisionsverfahrens haben am 26. Juni 2009 "Frau H. E., Frau S. H., Herr P.E., ... sämtlichst vertreten durch Herrn Rechtsanwalt J. W." einerseits und "Frau S. We., O. und I. W. Stiftung, O. W. Nachlass, ... sämtlichst vertreten durch Sozietät G. Rechtsanwälte" andererseits einen Generalvergleich geschlossen, demzufolge "sämtliche laufenden Verfahren jeglicher Art ... von der jeweils beantragenden bzw. betreibenden Partei zurückgenommen" werden, was "überhaupt für jegliche Verfahrensanträge" gelte; "keine Partei (werde) auf Grund der Rücknahme eines Antrages der anderen Partei Kostenfestsetzung betreiben oder Kostenerstattungsanträge stellen". Am Tag des Vergleichsschlusses übergab Rechtsanwalt G. dem Rechtsanwalt W. zwecks Weiterleitung an die adressierte Staatsanwaltschaft Hamburg einen Schriftsatz, mit dem eine Verständigung der Parteien mitgeteilt und die Rücknahme des Strafantrages gegen die Angeklagte E. erklärt wurde. Rechtsanwalt W. leitete den die Rücknahme des Strafantrages enthaltenden Schriftsatz vom 26. Juni 2009 weder an die Staatsanwaltschaft noch an ein Gericht weiter. Er unterrichtete Staatsanwaltschaften oder Gerichte auch nicht in sonstiger Weise.

Mit Beschluss vom 29. Januar 2010 (Aktenzeichen 2-64/09 [REV]) hob der Senat auf die Revision der Angeklagten das Berufungsurteil mit den Feststellungen auf, weil trotz aus einer Schwierigkeit zivilrechtlicher Vorfragen folgender Notwendigkeit der Verteidigung (§ 140 Abs. 2 StPO) die Angeklagte in der Berufungshauptverhandlung am zehnten Sitzungstag teilweise und am elften Sitzungstag insgesamt unverteidigt gewesen war, nachdem der gewählte Verteidiger Rechtsanwalt W. sich ohne sachlichen Grund entfernt hatte bzw. ausgeblieben war; ob insoweit ein kollusives Zusammenwirken zwischen Angeklagter und Rechtsanwalt W. zwecks Verfahrenssabotage vorgelegen hatte, sah der Senat als in tatsächlicher Hinsicht nicht aufklärbar an. Da eine Rücknahme des nach § 288 Abs. 2 StGB absolut erforderlichen Strafantrages nicht bekannt war, entschied der Senat nicht gemäß § 354 Abs. 1 StPO in der Sache selbst (etwa durch Verfahrenseinstellung wegen Verfahrenshindernisses), sondern verwies die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts zurück....

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